Herdecke. Schon vorm Jahrhunderthochwasser gab es in Herdecke Aufforderungen für ein Notfallkonzept. Die Verwaltung verweist bei Antworten auf Donnerstag.

Ein knappes Jahr ist es her, dass im Herdecker Fachausschuss der Hochwasserschutz Thema war. Die Kreisverwaltung hatte Druck gemacht. Ihren Vorschlag eines „mobilen Bypasses“, einer aufklappbaren Wasserstraße zum Umleiten von Wassermassen, hatte die Stadt aber verworfen. Ist stattdessen etwas anderes geschehen? Hat sich die Kreisverwaltung das kommentarlos gefallen lassen? Diese Fragen stellen nun Peter Gerigk und die Grüne Fraktion für die nächste Sitzung des selben Fachausschusses nächste Woche. Auch die Redaktion hat Fragen. Die Stadt hält sich bedeckt und verweist auf ein Infobündel zur Flutkatastrophe in einem Ausschuss am Donnerstag.

Ein Bypass für die Wassermassen

In den letzten Jahren sei es im Bereich Hauptstraße/Schmale Straße „wiederholt zu Hochwasserereignissen durch Starkregen mit Schadensfolge gekommen“, hatte die Verwaltung den Ausschussmitgliedern am 20. September 2020 mitgeteilt – zehn Monate vor der Hochwasserkatastrophe vom Juli, die besonders auch die nördliche Hauptstraße berührt und schlimme Verwüstungen hinterlassen hat. Die Stadt sei von der Unteren Wasserbehörde, die beim Kreis angesiedelt ist, aufgefordert worden, ein Notfallkonzept zu erarbeiten. Dabei habe die Behörde „als Sofortmaßnahme ein mobiles Hochwasserschutzsystem stark favorisiert.“

Vorgeschlagen war ein „mobiler Bypass“ aus im Bedarfsfall hochklappbaren Hochwasserschutzwänden. Bei Alarm hätten diese zusammengebaut werden müssen, um den Wassermassen einen zusätzlichen, aber kontrollierten Weg zu bahnen. Das Hochwasser des Herdecker Baches hätte so in der Hauptstraße von der Einmündung Schmale Straße (Höhe „Auto Essig“) bis zum Tiefpunkt der Straße bei Haus Nummer 96 nahe beim Fußweg „An der Walkmühle“ umgeleitet werden sollen.

Nach Gesprächen durch Fachplaner, Feuerwehr und Verwaltung wurde festgehalten, „dass das geforderte (teil-)mobile Hochwasserschutzsystem nach Abwägung verschiedenster Eventualitäten nicht geeignet beziehungsweise nicht umsetzbar ist, um den erforderlichen Hochwasserschutz zu sichern“, so die Mitteilung vom September 2020. Nunmehr sollten „alternative Schutzmaßnahmen geplant werden.“

Wenn der Vorschlag mit dem „Bypass“ nicht aufgenommen wurde - sind irgendwelche andere Sofortmaßnahmen ergriffen worden? Und: Geht die Verwaltung davon aus, dass ein Einbau der Klappen tatsächlich nichts Positives beim Jahrhunderthochwasser im Juli verbessert hätte oder wird die Ablehnung dieser Lösung mittlerweile als Fehler gesehen? Schließlich: Wie weit ist das vor einem Jahr von der Unteren Wasserbehörde geforderte Notfallkonzept? – Das sind die Fragen, die die Redaktion an die Stadt Herdecke gestellt hat. Vorab würden keine Antworten gegeben, heißt es unter Hinweis auf den Umweltausschuss am Donnerstag. Getagt wird ab 17 Uhr öffentlich im Ruhrfestsaal des Zweibrücker Hofes. Dann würden die Fragen auch aus der Politik „gebündelt und ausführlich“ abgearbeitet werden, so die städtische Pressestelle.

Schnellere Antworten waren bei der Kreisverwaltung zu bekommen. Die Untere Wasserbehörde verweist auf Gespräche mit der Stadt Her­decke, ausgelöst durch ein Hochwasser 2010. Ziel: die Verbesserung des Hochwasserschutzkonzeptes. Drei Jahre später habe die Stadt Herdecke einen Notfallplan vorgestellt. Fakt aber sei: „Diese Pläne sind nicht umgesetzt worden“, so Ingo Niemann, Pressesprecher der Kreisverwaltung.

Krisenstab im Juli aktiv

Im März 2020 gab es dann einen neuerlichen Anlauf. Dabei brachte die untere Wasserbehörde die Bypass-Lösung ins Gespräch. Dass Herdecke diesen Weg nicht gehen will, ist in der Kreisverwaltung angekommen, auch, dass stattdessen „alternative Schutzmaßnahmen“ angekündigt wurden. Kenntnis von solch einer alternativen Maßnahme habe man allerdings nicht.

Den in der Herdecker Politik aufgekommene Vorwurf, die Kreisverwaltung hätte bei dem Jahrhunderthochwasser einen Krisenstab einrichten müssen, weist Ingo Niemann von der Behörde. Seit 28. Februar 2020, dem Beginn der Corona-Krise im Kreis, gebe es einen dauerhaft tagenden Krisenstab im Ennepe-Ruhr-Kreis. Auch in der Nacht des Starkregenereignisses sei dieser zusammen gekommen. Die Zuständigkeit habe dennoch bei den örtlichen Kräften gelegen. Und aus Herdecke habe es auch „kein Gesuch gegeben.“

Jahrhundert-Hochwasser ist großes Thema

Das Hochwasserereignis vom 14. Juli ist gleich mehrfach Thema in der öffentlichen Sitzung des Umweltausschusses am Donnerstag, 2. September, ab 17 Uhr im Ruhrfestsaal des Zweibrücker Hofes.

Die Verwaltung hat einen ausführlichen Bericht als Antwort auf viele Fragen aus der Politik angekündigt.

Von fast allen Fraktionen liegen Anträge vor.

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