Herdecke. An der Dortmunder Landstraße verschwinden ein Geldautomat plus SB-Terminal. Die Geschäftsstelle fügt sich in lange Liste von Filialaufgaben ein.

Das Ende eines Missverständnisses: Am 30. Juni schließt die Sparkasse an Volme und Ruhr unter anderem ihren Standort Schanze. Dort an der Dortmunder Landstraße 50a befinden sich in einem Vorraum noch ein Geldautomat und ein Selbstbedienungsgerät, die stehen Anfang Juli aus Sicherheitsgründen dann nicht mehr zur Verfügung. Daraus lassen sich zwei Schlussfolgerungen ableiten: Das Kreditinstitut zieht sich weiter aus Randgebieten zurück. Zudem korrigieren die Verantwortlichen nun gewissermaßen eine Herdecker Fehlentscheidung, die zu Beginn der 1990-er Jahre fiel.

Zunächst der aktuelle Anlass: Im Mai verkündete die Sparkasse an Volme und Ruhr (zu der Herdecke seit der Fusion mit Hagen sowie Lüdenscheid gehört), dass sie angesichts vermehrter Sprengattacken nun insgesamt 13 Geldautomaten-Standorte in ihrem Zuständigkeitsgebiet schließt. „Wir wollen gewissermaßen nicht auf einen Anschlag warten und dann verspätet reagieren“, sagt Sprecher Thorsten Irmer. Er verweist auf einen bundesweiten Kriterienkatalog, der mit Kriminalisten entstand und über den eine Risiko-Klassifizierung von Bankfilialen erfolgen kann.

Höchste Gefahrenstufe

Ergebnis: Das Haus an der Schanze gehört zur Stufe 1, gleichbedeutend mit der höchsten Gefährdungslage. Meist handelt es sich bei diesen Örtlichkeiten um ein Wohn- und Geschäftsumfeld mitt passablen Fluchtmöglichkeiten für Täter. „Es gab auch an der Dortmunder Landstraße eine Begehung zur Einschätzung. Im schlimmsten Fall geht es dort um Leib und Leiben. Das wollen wir schützen. In dieser Hinsicht spielen betriebswirtschaftliche Aspekte keine Rolle“, so Irmer. „Wir haben nach der Ankündigung zu den 13 Schließungen eine einstellige Zahl an Briefen und Rückmeldungen erhalten, auch in einzelnen Filialen äußerte Kundschaft Kritik. Mancherorts suchen wir nach einer Ersatzlösung oder bieten Hilfestellung wie 2021 in Ende an, um den Leuten Alternativen wie Telefon- oder Online-Banking aufzuzeigen.“

Erinnerungen an Überfall und aktuelle Übersicht

Spektakulär fiel 2009 ein Überfall an der Schanze aus. Ein Transporter hielt, um die Geldautomaten aufzufüllen. Ein Räuber erbeutete damals gewaltsam 1,2 Millionen Euro.

Hinter dem Sparkassen-Vorraum betreibt Dr. Isabel Babilas seit 2018 eine Kinderarzt-Praxis, in dem Haus an der Dortmunder Landstraße 50a residiert auch das Geotechnik-Institut Dr. Höfer.

In Herdecke finden Kundinnen und Kunden ab Juli noch Geldautomaten der Sparkasse an der Stiftsstraße 7-13 (Hauptstelle), am Westender Weg 3b und im Mühlencenter.

Die Schließung des Standorts Schanze erfolge nicht auf Initiative der Sparkasse, sondern sei eine Reaktion auf die Anschlags-Gefahr. Hinzu kämen weitergehende Sicherungsmaßnahmen an verbleibenden Automaten. Gleichwohl gehört diese Örtlichkeit an der Stadtgrenze Herdecke/Dortmund (Irmer: „Dort erledigen meist Pendler ihre Bankgeschäfte.“) nicht in die Kategorie Erfolgsgeschichte. Wobei natürlich auch allgemeine Entwicklungen wie die Digitalisierung und nachlassende Kundenbesuche eine Rolle spielen.

In Hochzeiten fünf Angestellte

Ein Rückblick: Das an der Fassade eingravierte Datum 29. September 1994 erinnert an die Entstehungszeit des damaligen Neubaus im Auftrag der einstigen Stadtsparkasse Herdecke. Die beschäftigte an der Dortmunder Landstraße 50a in Hochzeiten fünf Angestellte, darunter auch eine Geschäftsstellen-Leitung plus Berater und Mitarbeitende an der Kasse. Bereits Erhebungen nach der Jahrtausendwende zeigten, dass Bankkunden im Schnitt nur einmal im Jahr eine Filiale für einen längeren Zeitraum aufsuchen. Mittlerweile erledigen 80 Prozent ihre Geldgeschäfte über das Internet. Somit zogen hiesige Verantwortliche 2016 ihr Personal, das zwischenzeitlich auf ein Duo geschrumpft war, von der Schanze ab. „Nicht zu vernachlässigen sind in kleineren Einheiten auch Versicherungsfragen und ein Vier-Augen-Prinzip als Kontrolle“, erläutert der Sparkassen-Sprecher, wieso aktuell vielerorts nur noch Automaten bereit stehen.

An der Dortmunder Landstraße 50a ist die Sparkasse längst nicht mehr Hauseigentümerin, sondern nur noch Mieterin. In seinem Abschieds-Interview 2016 sagte der langjährige Chef Franz-Wilhelm Buerdick, dass die hiesigen Verantwortlichen die Filiale an der Schanze angesichts der Rahmenbedingungen „zu groß gebaut haben.“ Und: „Wir hätten sie eher infrage stellen sollen.“ Schon damals räumte er ein, dass Umwandlungen und Schließungen für Einzelne – zuvorderst gelten stets Senioren als Verlierer solcher Entscheidungen – Nachteile mit sich bringen.

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Auch wenn die Sparkasse an Volme und Ruhr betont, dass sie nun noch 32 Geldautomaten-Standorte betreibe und die Bargeldversorgung flächendeckend sicherstelle, zeigen Herdecker Entwicklungen einen eindeutigen Rückzugs-Trend. In den letzten Jahr(zehnt)en schloss das Kreditinstitut die Zweigstellen Schnee, Westende, Zeppelinstraße und Nacken oder entfernte Geldautomaten am Gemeinschaftskrankenhaus und im Quartier Ruhraue. Im Stadtteil Ende gab es 2021 bekanntlich viele Proteste wegen des reduzierten Leistungsangebots.