Ende. Eine Herdeckerin schildert als Tochter einer Verstorbenen aus dem Seniorenhaus Kirchende, wie „schrecklich“ die vergangenen Wochen abliefen.
Die Insolvenz des Altenheim-Betreibers Convivo hat viele Menschen in Herdecke hart getroffen. Für teils betagte Seniorinnen und Senioren änderte sich in kürzester Zeit die Lebensperspektive. Auch Familienangehörige leiden in diesem Veränderungsprozess.
Ein Ehepaar aus Herdecke las kürzlich aufmerksam einen Bericht in diesem Lokalteil über ein Schicksal aus dem Seniorenhaus Kirchende. In der Ausgabe 23. Mai schilderte ein Sohn, dass sein 96-jähriger Vater eigentlich noch ganz fit war. Doch die Hiobsbotschaften rund um die Convivo-Insolvenz führten einerseits dazu, dass der Mann in ein neues Heim in Ennepetal umzog, obwohl er eigentlich im Herdecker Stadtteil bleiben wollte. Andererseits erlahmte der Lebenswille angesichts der unerfreulichen Entwicklungen, wie es hieß. Trotz des hohen Alters kam der Tod unerwartet. Neben der Trauer müsse sich die Familie des Verstorbenen zudem mit Convivo und dem Insolvenzverwalter wegen finanzieller Forderungen (Rentenüberweisungen und Taschengeld) auseinandersetzen.
Kein Einzelfall
„Das ist allerdings leider kein Einzelfall“, schreibt nun die Herdeckerin. Ihre Mutter verstarb Ende März. „Auch wir warten auf die Rückzahlung des Taschengeldkontos, was ja laut Aussage des Heimes ein Treuhandkonto ist. Und auf eine Rückzahlung der Heimkosten für die restlichen Tage im März, da durch die Convivo-Pleite seit Februar keine Auszahlung an mich erfolgen konnte“, so die Tochter. Den Angaben zufolge müsse das Bargeld für Bewohner, die dieses noch selbst abholen können, im Tresor verbleiben. Diese Auskunft habe sie erhalten, als sie sich nach Auszahlungen erkundigte.
Bedingt durch Corona, habe die zuständige Mitarbeiterin das Geld immer überwiesen. „Und wir durften es nicht abholen. Daher hat sich einiges auf dem Konto angesammelt. Wir erhalten weder vom Heim eine wirkliche Aussage noch wurde mein Schreiben an den Insolvenzverwalter im Mai beantwortet“, berichtet die Herdeckerin.
Sie wisse von Beschäftigten in Kirchende, dass in den letzten Monaten einige Bewohner verstorben seien. „Bei den Angehörigen dürften die gleichen Probleme bestehen.“ Sie habe viele Fragen: „Wie kann es sein, dass ein Treuhandkonto geprüft werden muss? Wo ist das Geld abgeblieben? Was ist mit den Taschengeldkonten der Bewohner der anderen Herdecker Heime?“
Geduld gefragt
Die Angehörige erwähnt noch ein Schreiben, das sie nach mehrfacher Nachfrage vom Altenheim Kirchende im April erhalten habe. Darin heißt es unter anderem zu den Verwahrgeldern, dass „etwaige Ansprüche von Beteiligten nach der inzwischen erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens derzeit noch geprüft werden.“ Diese Prüfung dauere voraussichtlich noch drei Monate. Sobald ein Ergebnis vorliege, wollen die Verantwortlichen „unaufgefordert“ die Familie informieren. „Bis dahin bitten wir um etwas Geduld. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können wir Ihnen keine anderslautenden Informationen geben“, hieß es in dem Brief.
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Das Problem aus Sicht der Herdeckerin und ihres Ehemannes: Diese Prüfungen von Ansprüchen soll also noch einige Zeit in Anspruch nehmen, „aber dann gibt es das Seniorenhaus Kirchenende schon lange nicht mehr. Wo ist dann noch ein Ansprechpartner zu erreichen?“
Verwundert ist das Ehepaar auch über die Aussage, dass generell eine Prüfung zur Rückforderung der Gutschrift erfolgen soll. „Wieso muss unsere Forderung geprüft werden? Wir haben den Auszug vom Taschengeldkonto und ein Schreiben vorliegen, wie viel Geld wir für März zurück zu erhalten haben“, schreibt die Tochter der Verstorbenen.
„Eine schreckliche Zeit“
Sie schildert, dass die Zeit seit Ende Januar mit dem Bekanntwerden der Insolvenz für Angehörige wie auch für Bewohner und Mitarbeiter „schrecklich war. Ich habe mal bei der Angehörigen-Hotline von Convivo angerufen. Der ‘nette’ Mitarbeiter am Telefon sagte nur, wir (Convivo) können nichts für die Pleite, wir sind ganz und gar unschuldig. Die Umstände sind Schuld, hohe Energiekosten, kein Personal... Was mit den Bewohnern passiert, ist nicht unsere Sache, da wird sich die Stadt oder der Kreis kümmern.“ Dass das auch die Bewohner mitbekommen, sei doch klar. „Auch wenn sie dement sind, merken sie, dass da etwas nicht stimmt“, meint die Herdeckerin. Sie könne sich gut vorstellen, dass der verstorbene 96-Jährige, der nicht mehr aus Ende wegziehen wollte, „kein Einzelfall ist.“