Ende. Die Sorge wächst, dass im Sommer 2023 alle aus dem Seniorenhaus Kirchende ausziehen müssen. Eine Mieter-Gruppe hat emotionalen Hilferuf verfasst.

Seit einigen Tagen läuft das offizielle Convivo-Insolvenzverfahren. Bekannt ist: Drei Senioreneinrichtungen in Herdecke übernimmt – wie berichtet – die Evangelische Stiftung Volmarstein. Während sich im Haus Ruhraue voraussichtlich recht wenig ändern dürfte, stehen noch Antworten zu offenen Fragen an den Standorten am Nacken und im Neubau Goethestraße aus. Doch die größten Sorgen machen sich die Menschen, die im Seniorenhaus Kirchende leben oder arbeiten.

Eine Bewohnerin in einer gemieteten Servicewohnung hat dort kürzlich einen „Hilferuf aus Kirchende“ verfasst. Diesen hat sie im Namen von weiteren Nachbarinnen und Nachbarn geschrieben, der Brief ging an die Verwaltungsspitze der Stadt Herdecke und an die Fraktionen im Rat. „Wir sind in diesem Haus 20 Herdecker zwischen 80 und 93 Jahre alt, die mit den Nerven am Ende sind.“ Das bestätigt die Dame in einem Gespräch am Montag. Ihre Befürchtungen: „Will man uns alle auf die Straße setzen? Ist das rechtlich möglich?“

Geld investiert

Drei Schreiben hat die Seniorin, die ihr ganzes Leben lang am Schraberg und in Ende gelebt hat, in den vergangenen Tagen und Wochen von der Convivo-Insolvenzverwaltung bekommen. Doch die erlösende Nachricht oder belastbare Informationen stehen aus. Bald jährt sich ihr Einzug in die Mietwohnung am Kirchender Dorfweg, in die sie viel Geld gesteckt habe. Neues Badezimmer, Fußboden ausgetauscht, frische Wand an die Farbe und eine nützliche Schiebetür eingebaut. Dabei erhielt sie Unterstützung ihrer Angehörigen, wobei sie sich selbstständig versorgt. „Jetzt habe ich mich eingelebt und soll hier Ende Juni wieder ausziehen? Wobei wir letzte Woche ein Schreiben bekommen haben, wonach das am 31. Juli der Fall sein könnte.“

Auflösungsansätze

Sorgen breiten sich nicht nur im Umfeld der Pflegezentrum Herdecke GmbH, zu der das Ender Haus gehört, aus.

Bei Convivo Parks mit Sitz in der Goethestraße soll es, das hat die Lokalredaktion aus zuverlässigen Quellen erfahren, erste Auflösungserscheinungen geben. Ende April soll demnach eine Wohngruppe aufgelöst werden, Mitarbeitende melden sich krank oder haben bereits neue Stellen in Aussicht.

Erste Gespräche der Angestellten mit dem Hagener Pflegedienst Goldener Ring seien vielfach enttäuschend verlaufen, heißt es.

Erst spät habe die Gruppe um besagte Frau erfahren, dass Convivo die Immobilie nicht gehöre, Gleiches gelte für die Insolvenz der Besitzerin (eine Fondsgesellschaft). „Man lässt also alte Menschen komplett im Regen stehen und sorgt dafür, dass wir vor Angst nicht mehr schlafen können, und macht uns zum Spielball in einem Insolvenzverfahren. Und es betrifft noch weitere Wohnungen, weitere Menschen. 50 und mehr. Die Verunsicherung ist unzumutbar“, heißt es in dem Brief, auf den die Stadt Herdecke und ein Politiker persönlich reagiert hätten. Zwar gab es keine konkreten Auskünfte oder Zusagen, aber immerhin eine Reaktion.

„Ich habe mich sehr schwer getan, hier einzuziehen. Ich dachte, es wäre eine gute Entscheidung im Alter. Jetzt stehe ich vor den Scherben meiner Existenz und weiß nicht, wie es weitergeht. Da wir alle keinen Ausweg sehen und komplett in der Luft hängen, möchte ich Sie im Namen aller Bewohner des Seniorenhauses bitten, diese Schicksale der Menschen nicht zu vergessen“, lautet die Botschaft der Bewohnerin in ihrem Hilferuf. „Neben den vielen Pflegebedürftigen, so sind auch wir Opfer der Situation. Eine Informationsveranstaltung mit dem Insolvenzverwalter ist dringend erforderlich. Wir brauchen die Hilfe der Stadtverwaltung und der Kommunalpolitik. Wir sind völlig schuldlos in ein Drama geraten.“

Wohnungsofferten hängen aus

Am Montag landete dann in den Briefkästen der Mietwohnungen mit Serviceleistungen ein Schreiben der Einrichtungsleitung. Die wolle informieren, dass sie Kontakt zu umliegenden Wohnungsanbietern aufgenommen habe, mögliche Angebote befinden sich demnach alsbald auf dem schwarzen Brett am Eingang. „Sie sind gerne eingeladen, sich regelmäßig über Aktualisierungen zu informieren“, heißt es als Anrede an die Mieter des Seniorenhauses am Kirchender Dorfweg und Am Berge.

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Dieses Schreiben sorgt für die nächste Unruhe in der Anlage. Wieso kommen nun solche Hinweise nicht vom Insolvenzverwalter, handelt es sich um eine Art Rausschmiss, gibt es dort keine Zukunft für Mieterinnen und Mieter oder andere? „Ich wünsche mir, dass wir hier alle wohnen bleiben können“, sagt die Briefschreiberin und hofft auf die 18. Kalenderwoche. Anfang Mai, so steht es in einem Text, soll es neue Informationen geben.