Wetter. Blumen, Kerzen und emotionale Kondolenzschreiben von Kindern liegen vor einem Haus in Wetter, in dem eine Mutter ihren Sohn getötet haben soll.

Viel Regen prasselt an diesem ersten Februar-Wochenende des Jahres 2023 auf Wetter nieder. Angesichts des kaum fassbaren Ereignisses am vorigen Freitag, als eine Mutter (42) ihren neunjährigen Sohn hier in einer Wohnung an der Kaiserstraße durch Ertränken getötet haben soll, kommt einem direkt in den Sinn: Auch der Himmel weint.

Einheimische aus der Harkortstadt sind unzählige Male auf der Kaiserstraße an dem schönen Haus, in dem sich wohl am 3. Februar eine Familientragödie abgespielt hat, vorbei gegangen oder gefahren. Doch wer jetzt zwischen Stadtsaal und Polizeiwache unterwegs ist, kann bei entsprechender Kenntnis des dramatischen Vorfalls nur mit bleiernen Gefühlen den Weg fortsetzen. Das gilt vor allem für jene, die jetzt am Samstag oder Sonntag einen Blick zum Eingang des Gebäudes mit den vielen roten Backsteinen und einem markanten Erker in weißer Farbe werfen.

Trauerzone am Hauseingang

An der grauen Hausmauer liegen an diesem nass-kalten Sonntagnachmittag weiße und farbige Blumen, konkret Rosen und auch viele Tulpen. Aus der Bürger- oder Nachbarschaft ist niemand auf der Straße, einige Autos rollen vorbei. Neben dem Beet am Bürgersteig stehen auch ein Dutzend Friedhofskerzen als Zeichen der Anteilnahme.

Emotionen kommen bei jenen auf, die sich dieser Trauerstelle nähern. Zwei Engel befinden sich in der Trauerzone, ein Himmelsbote soll laut Textaufdruck den Verstorbenen beschützen. Ein kleiner Stofftier-Bär verrät zudem, dass es hier um ein Kind gehen könnte.

Kinder kondolieren

Als herzergreifend entpuppt sich der Blick auf einige Texte, die sich am Hauseingang zwischen den niedergelegten Blumen und Kerzen entdecken lassen. Und die direkte Anrede an den Neunjährigen, dessen Tod viele fassungslos macht. „Du warst ein toller Mensch“, hat jemand mit unverkennbarer Kinderschrift geschrieben und den Vornamen des Jungen oben auf ein Blatt Papier hinter Klarsichtfolie gesetzt. Total nebensächlich wirken Rechtschreibfehler, denn hier möchte ein Mädchen Abschied nehmen. Von Vermissen ist da die Rede, dieser ehrliche oder in dem Fall „eliche“ Freund werde fehlen. „Du warst imer freundlich zur anderen.“

Herzergreifende Texte befinden sich an der Hauswand.
Herzergreifende Texte befinden sich an der Hauswand. © Manuela Pavlovskis

Vier besondere Kondolenzschreiben von Kindern liegen hier auf dem steinernen Boden an der Kaiserstraße, zwei davon sind auch bemalt. Wer auf einem DIN-A4-Papier etliche rote Herzen sieht, muss erst einmal schlucken. Beim Lesen von Textzeilen wie „Du warst ein guter Freund“ wird es nicht besser.

Auch tags zuvor haben einige Wetteranerinnen und Wetteraner Anteil genommen. Auch zwei Frauen, die die Familie persönlich kennen, wollen ihrer Trauer Ausdruck verleihen und legen vor dem Haus Blumen nieder. Schockiert und unter Tränen sind sie sich einig: „Es ist nicht zu verstehen“, sagen sie. „Es ist schrecklich und tut weh“, meint eine von ihnen noch. „Ich kann es nicht verstehen, aber ich verurteile die Mutter nicht. Keiner weiß, was passiert ist.“ Von den Behörden, also der Staatsanwaltschaft und der Polizei, gibt es am Wochenende keine Mitteilungen zu womöglich neuen Erkenntnissen.

Immer wieder fließen Tränen

Dann hält ein Auto an, eine Dame mittleren Alters steigt aus, geht schweigend zu den Kerzen und liest die an der Hauswand aufgestellten Zeilen. „Ich bin völlig schockiert“, sagt sie weinend. „Ich kenne die Familie nicht, aber ich verurteile auch nicht, wir kennen alle die Umstände nicht.“ Traurig ergänzt sie: „Die Menschen reden zu wenig miteinander. Zu viele sind mit sich und ihren Problemen alleine.“