Herdecke/Hagen. Während Verbraucher hohe Energiepreise schlucken mussten, war das Jahr 2022 für Enervie mit Mark-E erfolgreich. Viele Pläne am Standort Herdecke.

Über die Verwerfungen auf dem Energiemarkt kann auch der Versorger Enervie mit seiner Tochtergesellschaft Mark-E ellenlange Einschätzungen liefern. Entsprechend umfangreich ist nun das Bilanz-Pressegespräch für das Jahr 2022 ausgefallen. Wobei Erik Höhne als Sprecher des Vorstands berichtete, dass das regionale Unternehmen „gut gerüstet“ in den nächsten Winter gehen könne. Gleichwohl sehe er nicht den Zeitpunkt gekommen, um die Krise für beendet zu erklären.

Aus Kundensicht könnte das gute Unternehmensergebnis im Geschäftsjahr 2022 Fragen aufwerfen. Wieso kann Enervie trotz schwieriger Rahmenbedingungen durch den Ukraine-Krieg, Inflation oder Kostensteigerungen einen Millionen-Gewinn und eine Dividenden-Ausschüttung an Aktionäre verkünden, während Otto Normalverbraucher hier hohe Energiepreise schultern musste? Laut Höhne haben wesentlich Einmaleffekte zu dem Erfolg beigetragen, beispielsweise der Verkauf einer Teilfläche des ehemaligen Kraftwerksstandortes Werdohl-Elverlingsen.

Daran anschließend wollte die Lokalredaktion wissen, ob etwa die Kundschaft in Herdecke von weiteren Erhöhungen in 2023 ausgehen müsse. Höhne: „Der Blick in die Glaskugel ist schwierig. Wir haben aber erst am Jahresanfang die Preise angepasst, aktuell steht das nicht zur Debatte.“ Zudem habe der Unternehmensverbund jetzt im April alle Entlastungsbeträge, die im Zuge der Energiepreisbremsen zurückgezahlt werden sollten, individuell an die hiesigen Verbraucheradressen weitergegeben.

Lieber höhere Abschlagszahlung

Interessant dabei: „Es gab dabei eine hohe Rückkopplung und häufig die Frage, ob sich die Abschlagszahlungen nicht wieder hochsetzen lassen, um dann später Nachzahlungen vermeiden zu können. Viele sind weiter unsicher, wie die Entwicklungen weiter gehen, und sind daher pro-aktiv auf uns zugekommen“, erklärt der Enervie-Chef. Zur Erinnerung: Mark-E ist in Herdecke der Grundversorger für Strom (Gas liegt in der Verantwortung der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung/DEW 21) und liefert in einige Bezirke der Stadt Fernwärme. Laut Bilanz habe sich der Stromabsatz in der hiesigen Region 2022 im Wesentlichen wegen eines gefallenen Handelsvolumens um rund zehn Prozent sowie Einsparungsmaßnahmen der Kundinnen und Kunden verringert. Auch der milde Winter habe sich demnach ausgewirkt.

Auch interessant

Zudem steht das hiesige Gas- und Dampfturbinenkraftwerk (GuD) an der Wetterstraße wegen der Energiekrise mal wieder unter besonderer Beobachtung. Eine mit Erdgas betriebene Anlage, das klingt wegen der teils dramatischen Entwicklungen und früheren Abhängigkeit Deutschlands von Russland nicht zeitgemäß. Doch die Enervie-Gruppe differenziert. Der Vorstand sieht weiter viele Chancen für die Anlage mit vergleichsweise geringen Emissionen, verschweigt aber auch die Risiken nicht. Zitat: „Das schwierige, volatile Marktumfeld hat sich negativ insbesondere auf die im Vorfeld getätigten Absicherungsgeschäfte für das GuD und auf die Direktvermarktung von regenerativen Erzeugungsanlagen ausgewirkt.“

Das verlangt nach Erläuterungen. Da wäre einerseits der von der Bundesregierung geforderte Ausbau der gasbasierten Stromerzeugung bis 2030 mit möglichst geringen CO2-Emissionen, diese Substanz bleibe nach dem Aus für Atomkraftwerke und bald für Kohle weiter wichtig. Andererseits hat der Enervie-Vorstand nun erneut angedeutet, dass auch Wasserstoff als Antrieb für das heimische Kraftwerk in Frage komme und dieses Element künftig noch mehr ins Blickfeld gerät. „Aktuell ist keine Umrüstung geplant“, so Höhne, der für Herdecke aber eine Effizienzsteigerung auf Erdgas-Basis anstrebt. Die Zahlen dazu: 2022 kam das GuD auf 2639 Betriebsstunden, die Stromproduktion lag bei 944 Gigawattstunden. Wenig überraschend: Im Jahr 2022 gab es hier jeweils höhere Werte.

Weitere Zahlen

Die Enervie-Gruppe mit Sitz in Hagen lieferte 2022 für die Versorgung der ca. 400.000 Kunden (darunter auch viele in Herdecke sowie Südwestfalen) und Energiehandelspartner rund 6,5 Milliarden Kilowattstunden Strom, 2021 waren es noch 7,2 Mrd. kWh.

Zum 31. Dezember 2022 arbeiteten 1085 Mitarbeiter für das Unternehmen, davon 70 Auszubildende.

Das erneut gute Unternehmensergebnis 2022 versetze Enervie weiterhin in die Lage, seine Position als großer Energiedienstleister hier in der Region auszubauen.

Die Unternehmensgruppe, die sich als wirtschaftlich robust darstellt, will mit den hiesigen Kommunen Zukunftsthemen wie den Ausbau der Elektromobilität, Klimaschutz, Netzerweiterungen und erneuerbare Energien angehen. Weiter geplant ist eine Photovoltaik-Anlage auf der Freifläche am Cuno-Traditionsstandort in Herdecke.