Wetter/Herdecke. In vielen Städten verkürzen Läden wegen der Energiekrise ihre Öffnungszeiten. Nun ziehen erste Geschäfte in Wetter und Herdecke nach.

Gestiegene Energiekosten betreffen nicht nur die Privathaushalte, sondern auch die Ladeninhaber. In Wetter und Herdecke haben daher einige Händler die Konsequenzen gezogen und ihre Öffnungszeiten reduziert.

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„Wir haben bereits im Oktober im Team darüber gesprochen, als das Thema aufkam“, erklärt Hans-Günter Draht, Chef der gleichnamigen Bücherstube. Seit Anfang des Jahres hat er bereits neue Öffnungszeiten. „Wir haben uns dazu entschieden, während der Heizperiode montags einen Ruhetag einzulegen und in der kalten und dunklen Jahreszeit auch erst um 10 Uhr zu öffnen“, verkündet er.

Vorab bilanziert

Natürlich kommen die neuen Öffnungszeiten nicht von ungefähr, wie er betont. „Wir haben uns das angeschaut und montags ist das tatsächlich der umsatzschwächste Tag der Woche. Das hatten wir schon so als Bauchgefühl, aber die Zahlen haben das auch nochmal bestätigt. Hinzukommt, dass morgens von 9 bis 10 Uhr auch nur wenige Kunden den Weg in den Laden finden.

Sorge, dass die Einsparungen kaum spürbar sein können bei nur einem Tag und fünf Stunden in der Woche hat der Buchexperte nicht. „Ich stelle die Heizung bei diesen Temperaturen meist schon am Samstagmorgen aus und dann eben auch erst Dienstagmorgen wieder an. Das wird sich schon lohnen“, prophezeit er.

Kein Dauerzustand

Die neuen Öffnungszeiten sollen jedoch kein Dauerzustand werden. „Wir planen bis zum März mit diesen Zeiten und danach wollen wir wahrscheinlich auch wieder montags und früher öffnen“, so Draht. Zumal die Buchbestellungen per Mail und Whatsapp trotzdem auch montags weiter bearbeitet werden. Und auch Auslieferungen sind an diesem Tag geplant.

In Herdecke sind sich die Händler noch uneinig, wie stellvertretende Vorsitzende der Werbegemeinschaft und Inhaberin des Kindermodeladens Minimaxi, Marion Ambrosius-Schumacher, auf Nachfrage erklärt. „Wir machen uns natürlich alle Gedanken, und es gibt tatsächlich den einen oder anderen Kollegen, der einen Ruhetag eingelegt hat oder eher schließt“, sagt sie.

Gefühlte Ruhe

In der Werbegemeinschaft werde viel darüber gesprochen und einige Händler, die nicht schließen wollen, haben die Befürchtung, dass beispielsweise bei einem Ruhetag, den einige an einem Montag installieren wollen oder auch bereits installiert haben, eben dieser Tag für alle Beteiligten noch ruhiger wird. „Gefühlt ist der Montag wirtschaftlich kein guter Tag, aber ich habe in meinen Unterlagen nachgesehen und es ist bei mir nicht der schlechteste Tag“, erklärt Ambrosius-Schumacher.

Für sie steht eine Schließung jedoch ebenso wie für Christiane Weiß von Chara Mia außer Frage. „Um Himmels Willen“, ruft die Chefin des Modeladens Weiß bei der Frage aus. Und Ambrosius fügt hinzu: „Ich habe selbst zwar auch fünf Mal so hohe Kosten wie bisher und es ist trotzdem kalt im Laden, aber wir brauchen jeden einzelnen Kunden.“

Gute Erfahrungen

Roland Voerman vom holländischen Käseladen „Say Cheese“ hat bereits seit einem Jahr seine Öffnungszeiten zurückgefahren. Er hat den Montag zum Ruhetag erklärt. Das hängt jedoch nicht mit den Energiekosten zusammen, wie er erklärt. „Meine Kühlschränke bleiben ja an und eine Heizung habe ich nicht“, sagt er. Insofern ließen sich dadurch keine Energiekosten sparen. Er hatte den Ruhetag eingeführt, um sich mal einen Tag lang in der Woche um seine Internetseite mit Shop, die Zusammenarbeit mit den Gastronomien und den Planungen für den Laden zu kümmern.

„Montags ist es in der Stadt sowieso ruhiger, deshalb habe ich den Tag genommen“, sagt er. Und seine Bilanz gibt ihm recht. „Obwohl ich einen Tag in der Woche weniger geöffnet habe, ist mein Umsatz nicht zurückgegangen, sondern sogar gestiegen. Die Leute gewöhnen sich daran und kommen zu einer anderen Zeit“, so Voerman.

Materialkosten explodieren

Bei Sabine Preuten am Bistro Pasta Passion gibt es ebenfalls einen Aushang mit den Winteröffnungszeiten. Montags bis freitags von 11 bis 18 Uhr und samstags von 11 bis 15 Uhr können Kunden dort von November bis Februar speisen. Das habe aber nicht nur mit den Energiekosten zu tun, erklärt Preuten auf Nachfrage. „Ich habe im Winter einfach keine Außengastronomie, also nur die Hälfte der Plätze. Und abends kommen nur wenige bis kein Kunden hier hin, weil die Läden in der Stadt dann auch schon geschlossen haben“, erläutert sie. Im Sommer sei das anders.

Aber: „Auch ich musste eine neue Preisliste schreiben und die Speisekarte anpassen“, gibt Preuten offen zu. Bisher habe sie beispielsweise für ein Kilo Vollei, das sie für ihre Nudeln braucht, zwei Euro gezahlt inzwischen liegen die Preise bei vier bis sechs Euro. Auch beim Mehl hätte sich der Preis von 46 auf 86 Cent gesteigert. Hinzukommen Lohnsteigerungen von 25 Prozent. „Ich weiß noch nicht, wohin das führt und was da noch an Energiekosten auf mich zukommt, weder beim Bistro, noch im Laden oder im Hotel“, so Preuten.

Allein die Abschläge für Strom und Heizung seien massiv angestiegen. „Aber ich will gar nicht jammern. Ich bin zufrieden mit der Saison“, fügt sie abschließend hinzu. Und was noch kommt, könne sowieso niemand absehen.

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