Hagen. Angst und Fake News prägen den Alltag. Dagegen hilft Lesen. Warum unsere Redaktion die Bedeutung des Buchhandels sichtbar machen will.
Lesen ist die Schlüsseltechnik der freien Welt. Nur wer liest, kann sich eine Meinung bilden, Fake News und Propaganda von Fakten unterscheiden. Wie wichtig das ist, erlebt die Gesellschaft derzeit täglich in den Diskussionen über den Ukraine-Krieg. Doch das gedruckte Wort, egal ob in digitaler Form oder auf Papier, kann noch mehr. Es stiftet Gemeinschaft, regt zum Austausch und zu Debatten an. Dafür stehen die Buchhandlungen in Südwestfalen – und dafür steht auch die Zeitung.
Buchhandlungen und Zeitung verbindet, dass sie in die Fläche gehen, dass sie vor Ort ganz nah bei den Menschen sind und mit ihrer Arbeit einen Beitrag zu Teilhabe an Information und Debatte sowie Vielfalt und Kultur leisten. Um diese wichtige Arbeit zu würdigen, weiten Westfalenpost und WR ihre Aktion „Südwestfalen liest“ aus. Neben dem wöchentlichen Buchtipp auf der Kultur-Seite wird es weitere Aktionen und Projekte in Zusammenarbeit mit den lokalen Buchhandlungen und den Lokalredaktionen geben.
Auftakt in Wetter
Den Auftakt macht am Donnerstag die Bücherstube Draht in Wetter mit einer Einladung zu Begegnung und Gespräch an alle Leser. Auch die Buchhandlung Wortreich in Meschede, die Buchhandlung Frey in Attendorn, die Buchhandlung Daub in Menden und die Buchhandlung MankelMuth in Bad Berleburg sind dabei. Weitere Buchhandlungen sind herzlich willkommen – ebenso übrigens wie weitere Buchhändlerinnen und Buchhändler, die als Experten ihre Lieblingsbücher vorstellen möchten.
„Wir leben in der Zeit von Corona, Ukraine-Krieg, galoppierenden Energiepreisen und kaputten Autobahnbrücken. Unsere Region stöhnt unter dieser Last, die an den Menschen zerrt. Gerade jetzt ist es wichtig, etwas für die Kooperation und den Dialog zu tun“, begründet Dr. Jost Lübben, der Chefredakteur unserer Zeitung, warum er die Kooperation zwischen Zeitung und Buchhandel für wichtig hält: „Deshalb arbeiten wir enger mit den Buchhandlungen zusammen, die wie wir als Regionalzeitung Menschen zusammenbringen, das Gespräch fördern, vor allem aber das Lesen. Auf diese Weise kommen wir zu neuen Erkenntnissen.“
60 Buchhandlungen in der Region
Rund 60 Buchhandlungen gibt es in der Region Südwestfalen zwischen Winterberg, Hagen, Bad Berleburg und Wetter. Obwohl die stationäre Buchhandlung schon so oft totgesagt wurde, behauptet sie sich nicht nur, sondern ist vielfach ein Vorreiter, wenn es um Innovationen im Einzelhandel, Service und die Belebung von Innenstädten geht. Tradition – die Buchhandlung Frey gibt es zum Beispiel seit 1879 in Attendorn, sie dürfte die älteste Buchhandlung in ganz Südwestfalen sein – trifft dabei auf neue Denkmodelle. So engagiert sich Buchhändler Hans-Günter Draht in Wetter für eine lebendige Innenstadt, unter anderem hat er den Feierabendmarkt ins Leben gerufen. Die Buchhandlung Daub holt mit dem Mendener Literaturherbst große Autoren in die Region.
In der Corona-Pandemie haben die Buchhandlungen gezeigt, wie Service geht, in dem sie ihre Produkte trotz geschlossener Geschäfte mit vielen Ideen zum Kunden brachten. Jetzt ertrinkt die Welt in Angst, und das Buch ist wichtiger denn je für die Suche nach Information, aber auch für das wichtige Bedürfnis nach Utopie und Träumen.
Erfolgreich gegen Amazon
Als erste Einzelhandelsbranche in Deutschland wurde der Buchhandel vor 12 Jahren von Amazons digitaler Expansionsstrategie erwischt und fiel hart. In unglaublicher Geschwindigkeit hat sich die Branche daraufhin neu aufgestellt, hat mit eigenen digitalen Instrumenten dem US-Internetriesen erfolgreich die Stirn geboten und hat auch dem anderen Einzelhandel, den es später traf, gezeigt, wie es geht. Heute ist Deutschland das einzige Land auf der Welt, das Amazon trotzt und noch eine eigenständige und vielfältige Buchhandelslandschaft hat. Gleiches ließe sich über die Zeitungen sagen. Die Regionalzeitungen haben ähnliche Probleme wie die Buchbranche, erweisen sich allen Herausforderungen zum Trotz aber auch ähnlich widerstandsfähig gegen Krisen. Dabei kann das Fazit gezogen werden: Ohne das Lesen gibt es keinen Erfolg in der digitalen Welt. Nur, wer im Lesen fit ist, hat auch die Chance, im Digitalen selbstmächtig zu agieren und nicht nur passiv bespielt zu werden.
Herausforderung der Demokratie
Dass zu den Herausforderungen des Digitalen auch noch eine Herausforderung der Demokratie kommen würde, damit haben weder Buchhändler noch die Zeitungsleute gerechnet. Nun müssen sich beide Branchen der Tatsache stellen, dass zum Beispiel Putin versucht, mit gezielter Propaganda und Desinformation in den digitalen sozialen Netzwerken die Stabilität des Westens zu erschüttern, dass Populisten aller Art am besten dort gedeihen, wo es wenig sachliche Information und viel laute Meinung gibt. Da hilft nur Lesen.
Die Kooperation bei „Südwestfalen liest“ soll Buchhandlungen und die Zeitung in ihrer wichtigen Arbeit sichtbar machen, sie soll neue Begegnungen mit Menschen und Inhalten möglich machen, etwa mit Veranstaltungen wie der Mord- und Totschlagnacht im November in der Bücherstube Draht in Wetter oder der Vorstellung der Herbstnovitäten unter dem Titel „Immer schön sachlich“ mit Michael Schikowski am 16. November in der Buchhandlung Frey in Attendorn. Lesungen, Themenabende, Verlosungen, Buchempfehlungen, kleine Konzerte, die Liste quillt jetzt schon über vor Ideen. „Wir wünschen uns viele gemeinsame Veranstaltungen, zu denen wir dann auch unsere Leserinnen und Leser begrüßen möchten“, ist Chefredakteur Jost Lübben voller Erwartung. „So wird auch deutlich, wie sehr die Buchhandlungen und wie sehr unsere Zeitung in der Region verankert und sichtbar sind. Unser Wunsch ist es, die Kooperation auszuweiten und weitere Buchhandlungen als Partner zu gewinnen.“