Herdecke. Auf kreative Art und Weise versuchen Einzelhändler in Herdecke, ihre Saisonware trotz des Lockdowns an die Kunden zu bringen.

Was tun mit all den dicken Winterpullis, Anoraks und Boots? Wohin mit Mützen, Schals und Handschuhen, die seit dem Tag des erneuten Lockdowns Mitte Dezember unberührt in den Regalen der Geschäfte liegen? Und vor allem, was erhoffen sich die heimischen Einzelhändler mit Blick auf die neuerlich anstehenden Gespräche der Politiker von Bund und Land? Die Lokalredaktion hat sich in der Stadt umgehört.

„Adelweiss“

Gut vorbereitet ist Anika Fricke, Inhaberin der Modeboutique Adelweiss an der Hauptstraße 9, in den Lockdown gegangen. „Ich habe eine Freundin in Österreich. Die sind dort vor uns in den Lockdown gegangen, und deswegen hatte ich das im Dezember gut im Blick. Eine Woche vor der Geschäftsschließung habe ich einen Abverkauf gemacht. Dadurch ist in meinen Geschäften fast alles an Winterware raus. In Witten sind nur noch vier von 20 Ständern mit dicken Sachen übrig geblieben, und der Laden ist so gut wie leer. Wobei ich außerdem viel Übergangsware habe, die man das ganze Jahr tragen kann.“ Immer wieder habe sie sich zwischendurch auch mit Kundinnen zur Übergabe von Artikeln an den Geschäften getroffen. „Die Firmen haben uns jetzt angeschrieben, dass die neue Ware Mitte März kommt. Und ich hoffe, dass wir spätestens dann wieder öffnen dürfen“, so die Geschäftsfrau aus Wetter.

„anziehend gut“

Ein echtes Platzproblem hat Bettina Reichel in ihrem Geschäft „anziehend gut“ auf der Hauptstraße 35: Die schon vor einem halben Jahr von ihr bestellte neue Saisonware lässt sich nicht mehr abbestellen – dabei ist ihr Laden noch voll mit Wintermode. Nach Lockdown-Ende muss die Wintermode dringend raus: „Ich hoffe, dass es im März noch nicht zu warm sein wird für Wintermode und versuche dann, die Leute mit Rabatten zu locken.“ Einiges der Ware könne man eventuell auch noch im nächsten Winter verkaufen. Ein Wegschmeißen der übrigen Klamotte komme für Reichel nicht in Frage, da spende sie die Sachen lieber - obwohl das natürlich für sie einen großen Wertverlust darstellt.

Seit 2004 ist Reichel selbstständig und hat schon viele Höhen und Tiefen durchgemacht. Nun müsse man die Zähne zusammenbeißen - mit drei Geschäften, die sie insgesamt besitzt, habe sie zum Glück ein finanzielles Polster. Sorgen macht sich Reichel aber wegen anderer Geschäfte: „Ich fände es super schade, wenn einige Läden in Herdecke nach dem Lockdown nicht mehr öffnen könnten“, befürchtet sie.

„minimaxi“

Wer trotz Corona Kindermode bei minimaxi an der Hauptstraße 10 kaufen will, dem stehen viele Wege offen: Über WhatsApp können Kunden der Inhaberin Marion Ambrosius-Schumacher schreiben, welche Größe das eigene Kind hat. Zurück kommt eine Fotoauswahl an Kleidungsstücken. Bilder werden auch bei Facebook und Instagram hochgeladen.

„Wir haben richtig tolle Stammkunden, die uns über die Zeit treu bleiben, und die holen dann immer ganz glücklich ihre gepackten Taschen im Laden ab.“ Das gleiche funktioniere auch über Video – mittlerweile sogar richtig professionell: „Für den zweiten Lockdown haben wir uns ein Stativ und Licht für die Kamera gekauft“, erzählt die Händlerin.

3000 neue Teile pro Saison

Trotzdem bleibe die Zeit eine echte Durststrecke. Jede Saison kämen 3000 neue Teile in den Laden, das Geld dafür dürfe nicht fehlen. Und doch werde es selbst mit WhatsApp und Abhol-Angeboten auf die Dauer schwierig, die Wintersachen loszuwerden: „Bei Kindermode ist das Problem ja auch, dass es extrem viele Konfektionsgrößen gibt - nicht nur vier oder fünf wie bei Erwachsenen - auf vielen bleibt man dann am Ende sitzen“, beschreibt Ambrosius-Schumacher das Problem. Auch seien die Arbeitstage durch das Fotografieren und Koordinieren teilweise schon mal länger als sonst. Man richte sich da voll und ganz nach den Kunden: „Für die ist das super, die können zwischen Homeschooling und Kochen ein wenig durch die Fotos stöbern.“

Click and Collect

In Nordrhein-Westfalen sind der Versandhandel und die Auslieferung bestellter Waren nach der sogenannten „click and collect“-Methode zulässig.

Beim „click and collect“-Verfahren wird eine (Online-)Bestellung in einem stationären Einzelhandelsgeschäft vom Kunden abgeholt.

Die Abholung bestellter Waren durch Kunden ist aber nur dann erlaubt, wenn sie unter Beachtung von Schutzmaßnahmen vor Infektionen kontaktfrei erfolgen kann.