Wetter/Herdecke. Gastronomen aus Wetter und Herdecke gegen „Angstmacherei“: Trotz steigender Kosten zeigen sie sich optimistisch, denken eher nicht an Schließung.

Weil die Energiekosten durch die Decke gehen, erwägen einige Gastwirte und Hoteliers in NRW eine zeitlich befristete Schließung. Es werde in der Branche „auch darüber nachgedacht, ob es wirtschaftlich notwendig werden könnte, den Betrieb über die Wintermonate zu schließen“, sagte der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) NRW, Patrick Rothkopf. Die Lokalredaktion hat sich bei heimischen Betrieben nach Plänen für den Winter umgehört: Von konkreten Schließungsabsichten gibt es dort keine Spur.

Abwarten, was da kommt

„Wir halten uns alle Optionen offen“, sagt Nikola Babic vom Hotel-Restaurant Westfälischer Hof in Alt-Wetter. „Ich habe feste Verträge bis Ende des Jahres. Was im Januar wird, das weiß ich nicht, wenn überlegt wird, vier bis fünf Mal höhere Energiepreise zu nehmen. Selbst eine 20-prozentige Erhöhung kann man nicht auffangen“, so der Gastronom und ergänzt: „Wir warten ab. Bis Ende des Jahres sind wir sicher, und vielleicht ändert sich ja auch alles noch.“ Kurz und knapp äußerte sich Haifen Wang vom Restaurant Orchidee im Bahnhofsgebäude: „Wir bleiben geöffnet.“

Immer noch Angst vor Corona

Bis Anfang Januar wird auch Schepers Margarethenhöhe in Volmarstein auf keinen Fall schließen. „Danach muss man sehen, wie teuer wirklich alles wird und wer die zwei Milliarden vom Staat bekommt“, sagt Sabine Schepers, die mit Ehemann Stefan gemeinsam das Restaurant betreibt. „Wir haben ein paar Reservierungen für Januar, wobei der Januar ohnehin ein trauriger Monat ist. Dann bekommen alle ihre Rechnungen und keiner gibt unnötig Geld aus. Also bei einem 400-prozentigen Aufschlag werde ich auch nicht mehr aufmachen, das geht nicht. Und wir wissen noch nicht, wie der Winter wird. Bei uns geht das ganz kurzfristig, unseren Betrieb kann man innerhalb von einer Woche runterfahren“, so die Volmarsteinerin weiter. „Außerdem haben mein Mann und ich immer noch die Angst im Nacken, dass wir krank werden. Im Weihnachtsgeschäft zwei Wochen schließen zu müssen, das wäre gar nicht gut“, erinnert sie daran, dass auch Corona noch nicht überwunden ist. „Wir müssen einfach abwarten und gucken, wie es weitergeht.“

Lösungen finden

Miriam D’Aurelio, Chefin im italienischen Restaurant Il Molise im Schöntal, will gar nicht erst daran denken, ihren Betrieb zu schließen: „Angstmacherei passt jetzt nicht. Wir lassen das alles mal auf uns zukommen, statt den Kopf in den Sand zu stecken.“ Auch sie müsse die Preise ein bisschen erhöhen, „aber nicht so extrem wie das viele schon tun. Das bringt uns auch nicht weiter, wenn am Ende keiner mehr kommt“, meint sie. Alles etwas zu komprimieren, sehe sie als Möglichkeit an: „Ich habe nicht mehr so breite Öffnungszeiten wie früher und öffne auch mittags nicht mehr.“ Zwei Ruhetage statt einem, ab und an eine Woche Urlaub – auch so ließe sich komprimieren. „Aber es geht nicht, den ganzen Laden zu schließen“, meint Miriam D’Aurelio und gibt sich optimistisch: „Wo es Probleme gibt, findet man Lösungen – jedenfalls solange es keinen dritten Weltkrieg gibt.“

Ruhetag abgeschafft

Auch in Herdecke denken Gastronomen nicht daran, die Türe abzuschließen. Josip Vucak etwa, Inhaber des Landhaus Hesse an der Dortmunder Landstraße in Ende, gibt sich optimistisch. „Schließen? Nein. Wir haben sogar den Ruhetag abgeschafft und sind zuversichtlich, dass alles irgendwie funktionieren wird.“ Ähnlich positioniert sich Familie Balic vom Haus Pfingsten in der Innenstadt: Der Restaurantbetrieb laufe weiter, zumal eine Schließung die Probleme nicht lösen werde, und Miete müsse ja auch weiterhin bezahlt werden. Im nur wenige Meter entfernt liegenden Blue Jay ist eine vorübergehende Betriebsschließung ebenfalls „kein Thema“.

„Schließen? Nein, dafür sind wir viel zu gerne hier“, sagt Karin Schumacher vom Café Erste Sahne. „Wir müssen allerdings die Mehrkosten irgendwie weitergeben. Lohn- und Einkaufskosten – alles außer der Miete ist gestiegen“, so die Café-Chefin und rechnet vor: „Ich muss 15 Prozent mehr für jeden Artikel nehmen, um das zu kompensieren. Das funktioniert aber nur bei gleichbleibender Kundenzahl. Es dürfen eben einfach nicht weniger Kunden werden.“

Ganz oder gar nicht

Keinen Sinn in einer vorübergehenden Schließung sieht Branimir Tomas, Inhaber vom „River“ an der Ruhr in Herdecke: „Selbstverständlich“ blieben Steakhouse und Bar weiterhin geöffnet; denn „einen Monat zu schließen, das überlebt kein Mensch. Dann hat man nur Fixkosten und keine Einnahmen. Entweder komplett oder gar nicht, alles andere ist unlogisch.“

Optimistisch möchte Hotel-Chefin Veronika Riepe vom Zweibrücker Hof in Herdecke nach vorne gucken: „Nur miese Stimmung verbreiten geht nicht. Wir bleiben positiv und hoffen, dass sich das Blatt auch mal wieder wenden wird.“ Ihr Betrieb bleibe geöffnet, zumal sie sich nicht vorstellen könne, wie sich Mitarbeiter und Gäste nach einer vorübergehenden Schließung zurückgewinnen lassen könnten. Sie habe angesichts der „wahnsinnigen Erhöhungen“ zwar auch Investitionen erstmal zurück gestellt und Preise erhöht, aber „ihm Rahmen. Es hat keinen Sinn, mit Mondpreisen zu arbeiten“. Man diskutiere viel mit Gästen und erkläre die Situation: „Es ist dann aber durchaus viel Verständnis vorhanden.“

Verband bietet Info-Plattform

Dehoga-Regionalpräsident Patrick Rothkopf erklärte unlängst, dass sich Kostensteigerungen bei der Energie von mehreren Hundert Prozent „weder einsparen noch über Preisanpassungen weitergeben“ ließen. Er berichtete auch von einer wachsenden Unsicherheit im Gastgewerbe bezüglich der Ausgestaltung staatlicher Hilfsmaßnahmen.

Laut einer aktuellen Dehoga-Umfrage seien die Energiekosten bereits jetzt bei fast der Hälfte der Betriebe (48,8%) auf 10 Prozent und mehr des Umsatzes gestiegen, bei 10,7 Prozent machten die Energiekosten zwischen 15 und 20 Prozent des Umsatzes aus, bei 8,7 Prozent betragen die Kosten mehr als 20 Prozent des Umsatzes.

Auf der Internetseite www.energiekampagne-gastgewerbe.de erhalten Betriebe Hilfestellungen und Anregungen rund um das Thema Energiesparen.