Herdecke. Marc Kremer kümmert sich nun zwei Jahre lang um neue Impulse und Optimierungen für den Radverkehr in Herdecke. Befristete Stelle über Fördergeld.

Im Jahr 2018 ermittelte ein beauftragtes Büro, dass nur zwei Prozent der Herdecker das Rad als Verkehrsmittel nutzen. Klare Erkenntnis: Da ist in Zeiten des Klimaschutzes und der weiter hohen E-Bike-Nachfrage Luft nach oben. Politik, Stadtverwaltung und Bürgerschaft haben sich seither in verschiedenen Runden Gedanken gemacht. Für die Umsetzung soll nun Herdeckes erster Radverkehrsmanager sorgen. Der heißt Marc Kremer und schaut sich seit dem 1. Juni auf hiesigem Gebiet nach Verbesserungsmöglichkeiten um.

Die Frage, ob Marc Kremer selbst häufig im Sattel sitzt, muss beim Vorstellungsgespräch mit der Presse einfach fallen. „Ich fahre eigentlich jeden Tag und bei jedem Wetter mit dem Rad“, sagt der 48-Jährige, der sich nun genau an der richtigen Stelle wähnt. „Ich sehe ja selbst Verbesserungsbedarf und kann jetzt mein Fachwissen hier einbringen.“ Herdecke kennt der Dortmunder seit Kindheitstagen, als er für seine Tante Uschi Braun (hatte früher eine Gärtnerei am Schnee und einen Laden in den Rathausarkaden) Blumen austrug. Nun rollt deren Neffe mit offenen Augen durch die Stadt an den Ruhrseen.

Dialog mit Bürgern gewünscht

Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster umreißt die Aufgaben für die erstmals ausgelobte Stelle wie folgt: Der Radverkehrsmanager soll sich um die von Bürgern erstellte Mängelliste kümmern, als Ansprechpartner fungieren sowie allgemein den Herdecker Blick auf dieses wichtige Thema schärfen. „Und bei Plänen – etwa zur Umgestaltung der oberen Hauptstraße – wollen wir ihn natürlich miteinbeziehen. Die Expertise bietet ja auch viele Chancen hinsichtlich Nachhaltigkeit.“

Wie es in Behörden zugeht, erfuhr Kremer bei seinem Dienstantritt in seinem Büro im Technischen Rathaus (Nierfeldstraße). „Da lag ein Berg Akten auf meinem Tisch.“ Doch das schreckte ihn nach eigenen Angaben nicht ab. Vielmehr konnte der Diplom-Umweltwissenschaftler aus diesen Ordnern erste Erkenntnisse gewinnen, was Herdecker schon in Sachen Radverkehr ins Visier genommen hatten. „Die Grundvoraussetzungen hier und andernorts sind ja gut, da sich eigentlich jeder für Verbesserungen ausspricht und man auf diesem Gebiet schnell voran kommen sollte. Auch seitens der Bürger merke ich, dass vielen das Thema wichtig ist. Ich kann aber nicht zaubern, will aber weitere Türen öffnen.“

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Neben der Theorie sowie Gesprächen im zuständigen Bau- und Planungsamt freut(e) sich Kremer auf die Praxis. Viele Meter hat er „im schönen Herdecke“ in den vergangenen Wochen schon auf dem E-Bike zurückgelegt. Als Grundlage seiner Arbeit dient das 80-seitige Radverkehrskonzept, das die heimische Politik 2021 beschlossen hat und das hier einen gewissen Handlungsbedarf an diversen Stellen aufzeigt.

Mittlerweile kann der neue Manager auch konkrete Projekte ansprechen. Etwa Maßnahmen zur Entschärfung einer Gefahrenstelle an der Berliner Straße am Nacken. Und dank überwiesener Fördergelder sowie der Kooperation mit der städtischen Agenda-Beauftragten soll bald eine Radabstellanlage vor den Technischen Betrieben in der Nierfeldstraße stehen. Gleiches erhofft sich Kremer für den Zughalt Wittbräucke. „Da laufen neben internen Analysen Gespräche mit der Deutschen Bahn und dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr.“ Am Bahnhof nahe des Zentrums lohnen sich demnach Gedanken zur Erweiterung der sieben dort befindlichen Boxen, da diese so gut wie immer ausgebucht seien.

Generell hat der 48-Jährige sowohl touristische Themen als auch Alltagsstrecken auf dem Schirm. Daher lautet eine Fragestellung: Was kann die Stadt Herdecke im Zuge der gemeinsamen Planungen mit Hagen, Wetter, Witten und Hattingen für die Internationale Gartenausstellung 2027 selbst tun, um den beliebten Ruhrtalradweg noch attraktiver zu gestalten? Breite Pfade wie am Quartier Ruhraue wären auch andernorts wünschenswert.

Visionen und schwierige Projekte

„Dicke Bretter“, das weiß Kremer, muss er für einen neuen Radweg an der Ender Talstraße bohren. Bald folge ein Austausch mit dem zuständigen Ennepe-Ruhr-Kreis. „Es gibt ja bereits eine Vorplanung und eine Vision, vor allem aber viel Klärungsbedarf.“ Gleiches gelte für die Dortmunder Landstraße. Die Bürgermeisterin hofft dort auf einen Baustart Ende 2023, „die Feinplanung läuft“. Ein interessanter Ansatz betrifft den Kallenberger Weg, dort sei für Radler eine Bodenbeleuchtung im Dunkeln vorstellbar.

Zudem will Kremer mit dem Ordnungsamt überlegen, wo sich kurzfristig und ohne größeren Aufwand Verbesserungen für Pedaltreter erzielen lassen. „Die Bürger sollen ja auch Erfolge sehen, so lassen sich beispielsweise manche Einbahnstraßen für Radfahrer öffnen, Schilder oder Markierungen neu anbringen. Zur Beseitigung von Schlaglöchern sind aber andere Stellen verantwortlich“, dämpft er Erwartungen. Während Herdecke bezüglich Radinfrastruktur Luft nach oben hat, braucht Kremer demnächst ausreichend Luft in den Reifen.