Wengern. Hochwasserschutzkonzept mit Maßnahmen an der Elbsche: Für drei Millionen Euro könnte es an zwei Stelle in Wengern einen Damm und Becken geben.

Zwei Ereignisse, eine Erkenntnis: 2013 und 2021 stand der Dorfkern Wengern unter Wasser, die Elbsche und zwei Nebenbäche hatten die Kirchstraße plus Umgebung mal wieder überflutet. Das soll sich nicht mehr wiederholen. Wie soll das gehen? Ein Vertreter des Ingenieurbüros Osterhammel hat nun im Fachausschuss in Wetter den Fraktionen ein Schutzkonzept vorgestellt.

Ingenieur Simon Ludwig wirft den Lokalpolitikern zunächst viele Fachbegriffe um die Ohren. Die sehen: Das Büro Osterhammel hat mit vorliegenden Daten ein Modell errechnet, um ein 100-jähriges Hochwasser zu simulieren und daraus Maßnahmen abzuleiten. Die Werte haben die Fachleute über die fünf Pegelmessstände an der Elbsche gewinnen können und damit ein Computerprogramm „gefüttert“. Als Basis dienen Zahlen aus 2013, die jenen aus 2021 sehr ähneln. Auch die Schmalenbecke habe eine Rolle gespielt. Die weise aber nicht so ein massives Abflussproblem auf wie der besagte größere Bach, in den sie in Wengern ebenso mündet wie der Opfersiepen.

Das Ingenieurbüro hat ermittelt, wie sich das herabfließende Wasser drosseln und der Dorfkern effektiv schützen lässt. Die demnach beste Lösung: ein sechs Meter hoher Damm am Viadukt, dazu ein 90.000 Kubikmeter fassendes Hochwasserrückhaltebecken neben der Trienendorfer Straße. Kosten: knapp zwei Millionen Euro. Ähnliches schlagen die Experten auch für die jeweils überflutete Gegend an der Wengerner Mühle vor. Der Schutzwall und die Mulde mit einer Tiefe von 2,85 Meter (Volumen: 16.000 Kubikmeter) ließe sich dort für rund eine Million errichten.

Ein bisschen Spielraum bleibt

„Wenn man im Oberlauf der Elbsche weitere Maßnahmen ergreift und die Fließgeschwindigkeit bei Hochwassern beispielsweise über weitere Retentionsflächen reduziert, könnte man die Dammhöhe etwas reduzieren“, erklärt Ludwig. Jener am Viadukt müsste aber mindestens fünf Meter hoch sein. Wobei sich an der Wengerner Mühle mehr optimieren lasse, um die Beckengröße zu verringern.

Unter dem Viadukt könnten ein Damm und ein großes  Hochwasserrückhaltebecken entstehen, ähnliches an der Wengerner Mühle
Unter dem Viadukt könnten ein Damm und ein großes Hochwasserrückhaltebecken entstehen, ähnliches an der Wengerner Mühle © www.blossey.eu | Hans Blossey

Mit diesen doch bemerkenswerten Bauwerken, die sich aber naturnah gestalten lassen, kämen im Falle eines 100-jährigen Hochwassers laut Simulation nur solche Mengen neben dem Traditionslokal Leimkasten an, die die dortige Bachführung auch verkraften könne. Birgit Gräfen-Loer als Baufachbereichsleiterin der Stadt Wetter fügt hinzu, dass die Untere Wasserbehörde des Ennepe-Ruhr-Kreises wie auch die Bezirksregierung bereits Kenntnis von diesem Schutzkonzept haben und auch weiter wegen möglicher Fördergelder im Boot bleiben. „Die Präsentation des Ingenieurbüros ist jetzt nur ein erster Schritt. Viele weitere Themen, etwa Verbesserungen bei der Warnung der Bevölkerung, müssen auch noch geklärt werden.“ Dazu zählen auch Grundstücksfragen, da der Stadt benötigte Flächen zum Beckenbau nicht gehören. „Auch die Eigentümer müssen wir also von dem Konzept erst noch überzeugen“, so Gräfen-Loer.

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Dagmar Schumacher-Herold vom Stadtbetrieb hebt hervor, dass Wetter aufgrund der vorhandenen Messsysteme an der Elbsche diesbezüglich eine Vorzeigekommune sei und Ähnliches wohl bald in Herdecke anstehen könnte. „Für die neuen Maßnahmen in Wengern gibt es erste Signale, dass wir eventuell Fördergelder bekommen könnten.“

Lösungsansatz wohl „alternativlos“

Aus den Reihen der Politik folgen viele Fragen. Lässt sich kurzfristig, zumal die Bauwerke sicher einige Jahre Vorlaufzeit brauchen, etwas verbessern? Bei solchen Wassermassen wie 2013 und 2021 helfe nur die große Lösung, meint Ludwig. „Aus unserer Sicht ist das alternativlos. Wobei auch die Lage des Dorfkerns und die dortige Senke eine Rolle spielen, so dass Niederschlag sich dort sammeln kann und die Situation zusätzlich gefährdet.“

Den größten Bach „bändigen“, Obacht auch an der Schmalenbecke

Die Grunderkenntnis: Wenn Wengerns drei Bäche deutlich über die Ufer treten, reichen im bebauten Dorfkern die Abflusskapazitäten nicht aus. Also das Elbschewasser vorher „bändigen“.

Schwemmgut ist ein zentrales Problem an der Schmalenbecke, so Ludwig. Dort seien immer wieder Rohre und Rechen verstopft, Anwohner sollten zum Beispiel Gartenabfälle nicht nahe des Baches lagern. Die laufenden Arbeiten zur Renaturierung gehen laut Ingenieur in die richtige Richtung und sollten für besseren Schutz sorgen. Der Opfersiepen spiele bei all dem eine Nebenrolle.

Kann ein Bypass neben dem Leimkasten die Lage verbessern? „Laut unseren Berechnungen wäre dieser durch den Dammbau und die neuen Becken nicht nötig“, antwortet der Ingenieur, der auch nach weiteren Extremwerten gefragt wird: Sollten wegen des Klimawandels nicht noch mehr Wassermengen in die Simulationsberechnungen einfließen als Daten aus 2013 oder 2021? Darauf entgegnet Dagmar Schumacher-Herold: „Wir müssen uns an die Grundregeln halten, und die beinhalten Darstellungen eines 100-jährigen Hochwassers. Dabei handelt es sich ja auch um keinen statischen Wert, der wird auf der Basis der letzten 30 Jahre weiter fortgeschrieben.“ Die Folgen des Klimawandels lassen sich in Sachen Hochwasser schwer vorhersagen. „Und für extreme Berechnungen bekämen wir keine Fördergelder.“