Wengern. Die ökologische Umgestaltung der Schmalenbecke schreitet voran. Sie dient auch dem Hochwasserschutz. Anwohner klagen über Staub und Dreck.

Schweres Gerät wie Bagger und Kipplader, aber auch Lastwagen beherrschen derzeit das Bild rund um die Schmalenbecke und an der Straße Im Bremmen in Wengern. Dort nimmt die umfangreiche ökologische Umgestaltung des Bachs Formen an, und erste konkrete Ergebnisse werden sichtbar.

Die Maßnahme

Am Bachlauf hinter dem Garagengrundstück Im Bremmen ist bereits eine sogenannte „Krainerwand“ fertiggestellt. „Das ist eine natürliche Böschungssicherung, die man insbesondere aus dem süddeutschen Raum kennt“, erläutert Dagmar Schumacher-Herold, Diplom-Geografin und zuständige Projektleiterin des Stadtbetriebs Wetter. „Die besteht aus einzelnen, verankerten Eichenstämmen, die Zwischenräume sind mit Erde befüllt und mit Weidenstecklingen bepflanzt. Das sieht nicht nur schön aus, sondern stabilisiert und verstärkt auch den Hang.“

Verrohrung wird entfernt

Die Arbeiten zur Renaturierung begannen im Oktober 2021. Die 140 Meter lange Verrohrung der Schmalenbecke wird Im Bremmen komplett entfernt, das Gewässer offengelegt und das Areal insgesamt umgestaltet. „Die bereits vorhandene Bachtrasse werden wir mit natürlichen Elementen aufwerten, etwa mit mehreren Holzstämmen, welche die Fließgeschwindigkeit des Baches verringern“, so Dagmar Schumacher-Herold weiter. Dazu kommen zusätzliche Rückhalteflächen und Überflutungsinseln, die im Falle eines Hochwassers überschwemmt werden können.

Platz für viel Wasser

Das gesamte Areal werde durch die ökologische Umgestaltung natürlicher und grüner, so die Projektleiterin: „Das hat – gerade auch bei Starkregen oder Hochwasser – den Vorteil, dass hier im relativ steilen Gelände dann viel Platz für das Wasser ist.“ Die Ufer werden durch Bewuchs und Ufergehölze gefestigt und wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen geschaffen. Außerdem werden zusätzlich wieder Bäume auf dem Areal gepflanzt.

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Dem zusätzlichen Hochwasserschutz dienen auch etwa einen Meter hohe mit Ruhrsandstein gefüllte Gabionen. Nach Abschluss der Arbeiten werden diese weitgehend „im Hang verschwinden“ und damit als weitere Böschungssicherung dienen. Der Durchlass an den Wohnhäusern Im Bremmen wird im Zuge der Baumaßnahme erweitert. Entlang des freigelegten Bereichs des Baches ist zudem ein langer Amphibienzaun aufgebaut. Er soll während der Bauzeit Tiere wie Feuersalamander und Kröten auf ihren Wanderungen schützen und quasi „umleiten.“ So können sie nicht den Hang herunter ins Bachbett und in die Baustelle fallen.

Beleuchteter Fußweg

Zukünftig soll ein beleuchteter Fußweg entlang der Häuser Schmiedestraße 59 in Richtung Ortskern führen. Dort wird zudem eine Brücke über die Schmalenbecke entstehen. Hier wird laut Stadtverwaltung eine Messstation gesetzt, die im Rahmen des Hochwasserschutzkonzeptes zukünftig vor potenziellem Hochwasser an der Elbsche warnen soll. Der Parkplatz in dem Areal wird etwas verkleinert, ein Teil wird zum Fußweg.

Die Anwohner

Manche Anwohner klagen indes über große Staubwolken, die von den Lastwagen aufgewirbelt werden. „Die fahren Erde ab, die belastet sein soll, und liefern neue an“, so ein Anwohner der Straße Am Brasberg. Das habe er erfahren, weil er sich bereits zwei Mal beim Stadtbetrieb wegen des Staubs beschwert habe. „Anfangs wurde noch versucht, die Straße zu kehren, aber die Firma hat nur einen Traktor mit einem vorgebauten Besen. Das staubt auch nur. Mein Auto sieht nach einem Tag aus wie verrückt. Wenn man einsteigt, wird man dreckig“, schildert der Wengeraner und verweist auf die gesundheitliche Belastung. Er leide an COPD, und der Staub belaste Lunge und Bronchien. „Ich kann Türen und Fenster tagsüber nicht öffnen“, klagt der Wengeraner. Aus seiner Sicht würde nur ein Abspritzen der Straße helfen: „Vielleicht kann da auch die Feuerwehr mal helfen?“

Verschärfend wirke sich auf diese Situation auch noch die Baustelle an der Kreuzung Schmiedestraße/Wittener Straße/Osterfeldstraße aus, die einen geschmeidigen Verkehrsfluss so gut wie unmöglich macht und immer wieder Staus verursacht.

Die Stadt

Auf Nachfrage im Rathaus zur Staubbelastung der Anwohner erfuhr die Redaktion: Derzeit werde das neue Bachbett profiliert und nicht einbaufähiger Boden abgefahren. „Das heißt nur, dass dieser Boden nicht für eine ökologische Renaturierung geeignet ist. Angeliefert wird dann entsprechend für die ökologische Gestaltung geeignetes Material.“ Um Staub zu vermeiden, reinige die Firma Bernemann abends, nach Transport der Erde, die Straße mit Wasser. „Die gesamte Maßnahme an der Schmalenbecke wird im Übrigen von der Bodenschutzbehörde des Kreises begleitet. Die Bauarbeiten werden spätestens zum Ende des Jahres abgeschlossen sein – es wird je nach Baufortschritt immer wieder zu Bodenbewegungen und Lieferverkehr kommen“, so Wetters Stadtsprecher Jens Holsteg. Sobald die neue Bachtrasse fertiggestellt sei, seien zunächst keine weiteren Erdbewegungen vorgesehen.

Weil aber auch große Beton-Fertigteile geliefert werden (Brücke, Winkelsteine), sei mit Lkw-Verkehr vermehrt auch in den nächsten Wochen zu rechnen. „Der Stadtbetrieb steht seit Beginn der Maßnahme im ständigen Kontakt und Gesprächen mit den Anwohnern“, so Holsteg.

Bis Ende 2022

Die Baumaßnahmen sollen bis spätestens Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Die Kosten der Maßnahme betragen insgesamt 1,14 Millionen Euro.

Davon werden 80 Prozent mit Fördermitteln finanziert.