Volmarstein. Horst-H. Fichtel ist am Wasserwerk Volmarstein aufgewachsen und blickt optimistisch auf Nutzungschancen. Die Machbarkeitsstudie helfe dabei sehr.

Voraussichtlich ab Ende dieses Jahres, so steht es in Unterlagen der Stadt Wetter, benötigt die AVU das Wasserwerk Volmarstein nicht mehr. Möglichkeiten zur künftigen Nutzung der aktuellen Reserveanlage und Gestaltung der schönen Naturflächen an der Ruhr finden sich in einer 113-seitigen Machbarkeitsstudie. Ehe die heimische Politik darüber befinden konnte, hatten Bürger Vorschläge skizziert. Auch Horst-H. Fichtel nahm im Herbst 2020 an der Ideenwerkstatt teil. Der 77-Jährige wuchs am Kaltenborn auf, da sein Vater lange als Maschinist in dem Wasserwerk arbeitete. Zudem setzt sich Fichtel für den Erhalt der denkmalgeschützte Seilhängebrücke am Flussufer ein.

1947 zog Ihre Familie in eine Werkswohnung direkt neben dem Wasserwerk ein, Sie lebten 24 Jahre lang auf dem Gelände. Das Haus steht im Gegensatz zur alten Garage nicht mehr. Wie emotional verfolgen Sie die Diskussionen rund um die Anlage?

Horst-H. Fichtel Natürlich interessiert mich sehr, was da passiert. Mein Vater war über 40 Jahre dort tätig, der hat noch mit Dampfmaschinen bei der Trinkwassergewinnung gearbeitet. Als kleiner Junge habe ich ihm oft einen Henkelmann mit einer Mahlzeit gebracht, zu den Dampfmaschinen durfte ich aber nicht. Und als Kinder haben wir dort viel erkundet. In dem Bunker neben dem Gebäude haben wir zum Beispiel Helme von der Wehrmacht gefunden.

Hinein in die Gegenwart und zu den Plänen für das Wasserwerk, das bis zur Internationalen Gartenausstellung (IGA) 2027 neu genutzt werden soll. Wie beurteilen Sie die Entwicklungen?

Dass alles recht lange dauert, liegt womöglich auch daran, dass sich die Stilllegungs-Pläne der AVU in die Länge ziehen und es da immer wieder zu anderen Angaben kommt. Die vorliegende Machbarkeitsstudie enthält aber viele lobenswerte Aspekte. Allein wenn ich an den Bunker, mein Lieblingsobjekt auf dem Gelände, denke. Eine Außengastronomie direkt davor oder Übernachtungsmöglichkeiten darin – jeweils eine gute Idee.

Sie gehören zu einer Arbeitsgruppe, die die marode Seilbrücke erhalten will. Wird dieses Denkmal aus Ihrer Sicht in den Überlegungen genügend berücksichtigt?

Die Herren Bornemann, Czeh, Dorsch, Heinrich, Winter und meine Wenigkeit tauschen sich weiterhin aus, was das Thema betrifft. Die IGA-Vorbereitungen spielen uns ja in die Karten. Aus meiner Sicht wird in der Machbarkeitsstudie die Brücke ausreichend wertgeschätzt. Uns ist wichtig, dass sie erhalten bleibt. Eine andere Frage wird sein, ob sie eines Tages wieder begehbar sein wird. Dafür stehen die Chancen dann schlecht, wenn eine Seilfähre kommt. Der aktuelle Zustand kann so nicht bleiben: Die Hängestangen sind verbogen, die Seile korrodiert, Widerlager sind teilweise nicht mehr vorhanden, die Brücke ist instabil. Die Sanierung ist auch eine Geldfrage, dafür braucht es laut der Analyse aus 2015 von Professor Werner Lorenz und seinen Studenten ja Millionen. Unser erster Wunsch: Die Brücke wird am aktuellen Standort nutzbar gemacht. Eine Versetzung etwa hin zum Skaterpark wäre die zweitbeste Lösung.

In der aktuellen Machbarkeitsstudie stechen die Schlagworte Natur und Kultur hervor, zudem ist auch von einem erhöhten Steg als Anschluss der Brücke hinüber zum Obergraben die Rede...

Das ist ein interessanter Vorschlag, da man so über die Ruhrwiesen hinüber zum Harkort-Kraftwerk gelangen und auf den Boden hinunterschauen könnte. Man sollte behutsam mit dem noch geschützten Gelände, der Natur und den dort lebenden Tieren umgehen. Aus eigener Erfahrung empfehle ich zudem, Hochwasserphasen zu berücksichtigen. Wenn dort kleine Nutzgärten oder Rastplätze für die Allgemeinheit entstehen, können diese beispielsweise im Januar oder Februar überflutet werden. Obendrein bin ich gespannt, wie groß die Saisonabhängigkeit sein wird. Im Winter dürfte naturgemäß wenig los sein, nicht nur in der angedachten Außengastronomie.

Blicken wir in das Gebäude. Was halten Sie von Veranstaltungen, Ausstellungen und Übernachtungen in den großen Räumen?

Das ist alles möglich und machbar. Aus meiner Sicht reichen auch Schautafeln, um an die Trinkwassergewinnung zu erinnern, da nichts Historisches wie Dampfmaschinen mehr existiert. Die Technik wie eine alte Kreiselpumpe müssten nicht zwingend stehen bleiben, dadurch ließe sich Platz für Veranstaltungen schaffen.

Auch Angebote für Kinder und Radfahrer tauchen in der Studie auf, was überzeugt Sie noch?

Ich finde den Gedanken toll, wie eine Kleinbahn mit einer motorisierten Lock und Sitzgelegenheiten Besucher über das Gelände sowie in die Umgebung fährt. Sie könnte zum Beispiel in Vorhalle starten und weitere Anlaufstellen in Wetter ansteuern. Die Idee einer Seilbahn vom Burgberg in Volmarstein hinunter zum Wasserwerk hat ebenfalls Charme. In Sachen Tourismus und Freizeit ist vieles denkbar. Die Anreicherungsbecken im hinteren Teil bieten eine große Fläche. Unbedingt beachten: Bei Hochwasser laufen diese durch aufsteigendes Grundwasser unmittelbar voll. Das gesamte Gelände auch innerhalb des Damms ist bei Hochwasser wie ein Schwamm. Daher stand auch in unserem Wohnhaus bei Hochwasser der Keller häufig unter Wasser. Alle gelagerten Vorräte befanden sich in Regalen ab 1,20 Meter. Als kleiner Schüler habe ich gelegentlich auf der Kellertreppe gesessen und an den Stufen beobachtet, wie schnell das Wasser stieg. Später wurde dann eine Tauchpumpe montiert. Die lief sofort an, wenn sie mit Wasser in Berührung kam.

Vieles klingt gut und erstrebenswert, dürfte am Ende aber eine Frage des Geldes sein...

Richtig. Aus meiner Sicht muss man jemanden finden, der das ganze Projekt angehen will, es sollte nicht zu kleinteilig ausfallen. Auch ein Privatinvestor wäre okay. Wichtig war, die Bürger einzubinden und sich nach einer Ortsbesichtigung ihre Ideen anzuhören. Klar ist: Nicht alles aus der Machbarkeitsstudie lässt sich umsetzen, das bleibt ein Traum. Mal gucken, was realistisch übrig bleibt. Wobei es schon darauf ankommt, dass auch nach der IGA und den Umgestaltungen vieles dort weiter fortbesteht. Zudem bin ich gespannt, was sich bis 2027 umsetzen lässt. Manche Projekte sind aufwendig, damit müsste theoretisch quasi morgen begonnen werden.