Herdecke. Die Gastronomie leidet besonders unter Corona. Das können drei Auszubildende vom Ringhotel Zweibrücker Hof bestätigen. Es dominiert Ungewissheit.

Corona sorgt vielfach für problematische Entwicklungen. Bei Alt und Jung. Kinder und Heranwachsende vermissen einen geregelten Alltag. Schulabgänger und Abiturienten blicken besorgt auf ihren Abschluss. Nebenjobs zum Geldverdienen oder ein Praktikum zur Berufsorientierung? In Zeiten der Pandemie kaum möglich. Und dann sind da noch die Auszubildenden. Auch die müssen sich mit veränderten Bedingungen und Nachteilen abfinden. Ein Trio vom Zweibrücker Hof in Herdecke berichtet.

Anabel Schulewski und Pascal Homann befinden sich im zweiten, Dominik Möllmann ist im ersten Lehrjahr. 15 Auszubildende beschäftigt das Ringhotel in der Regel, bis zu sieben kommen jährlich hinzu. Auch 2020 stellte der Zweibrücker Hof neue Kräfte ein, obwohl die angeordnete Schließung, Kurzarbeit in der Belegschaft und die anhaltende Ungewissheit bezüglich Zukunftsplanung das erschwerten. „Wir bilden seit eh und je aus“, sagt Hotel-Chefin Veronika Riepe. „Im Moment ist das aber schwierig, es ist wegen des Lockdowns wenig zu tun. Manche unserer Azubis haben noch nie eine größere Veranstaltung mitorganisiert und hektische Phasen miterlebt.“ Im Vergleich zu normalen Zeiten falle nur ein Viertel der Arbeit für sie an.

Keine große Feier, kein Stress

Das Beherbergungsverbot schlägt sich auch in der auf drei Jahre angelegten Ausbildung nieder. An der Rezeption geht es vergleichsweise gemütlich zu. Eine kleine Speisekarte bedeutet weniger Druck für die Küche. Im Service lassen sich die wenigen Gäste, die berufsbedingt am Herdecker Flussufer nächtigen, ohne Hektik bedienen. „Das hat den Vorteil, dass man Abläufe peu à peu kennen lernen kann anstatt ins kalte Wasser geworfen wird“, sagt Azubi Dominik Möllmann. Pascal Homann kann von stressigere Zeiten aus der Hotelküche berichten. „Wenn da viel los ist, kommt es auf die Kommunikation an. Und dann bekommt man auch Ansagen, schneller zu werden.“

Anabel Schulewski hingegen erzählt von Besonderheiten bei Lernstandserhebungen. Beispiel Zwischenprüfung: „In der fiel kürzlich der Service-Teil weg, das wird auch nicht nachgeholt“, so die Herdeckerin. „Schade.“ Normalerweise simulieren die Beteiligten eine Restaurant-Situation: Azubis bedienen die Prüfer, die dann die Leistung bewerten. In Corona-Zeiten soll es auch solche Kontakte nicht geben. „Aus hygienischen Gründen“, erklärt Hoteldirektorin Jennifer Pfingsten. Da Not bekanntlich erfinderisch macht und ein Ringhotel bei Schwesterhäusern nachfragen kann, vereinbarten die Verantwortlichen des Zweibrücker Hofs mit dem Dortmunder Riepe-Hotel Drees einen gegenseitigen Besuch und jeweils eine interne Service-Prüfung. Eine Notlösung mit einem Mehrgänge-Menü unter Wahrung der Pandemie-Regeln.

Ist also eine Ausbildung für angehende Hotelfachleute, Köche oder Restaurantfachleute in Corona-Zeiten weniger wert als sonst? Schwer zu sagen, meint Veronika Riepe. Einerseits erleben die aktuellen Jahrgänge weniger Stress als ihre Vorgänger und können – so wie Pascal Homann in der Küche – auch „verstärkt eigene Ideen einbringen“. Da ein Hotel mangels Gäste aktuell zudem wenig Personal benötigt, können Lehrlinge auch mal das gesamte Haus unter Anleitung lenken. Andererseits könnten sie sich überfordert fühlen, wenn der Betrieb eines Tages wieder richtig läuft und es auf Schnelligkeit mit Gründlichkeit ankommt. Hinzu komme ein organisatorisches Problem: „Aufgrund von Kurzarbeit können auch unsere hauseigenen Ausbilder nicht tagtäglich vor Ort sein“, erläutert Veronika Riepe.

SIHK sieht guten Trend

Die auch für Herdecke sowie Wetter zuständige Südwestfälische Industrie- und Handelskammer (SIHK) in Hagen ist bezüglich grundsätzlicher Ausbildungstendenzen in Corona-Zeiten vorsichtig optimistisch.

„Die gemeinsamen Anstrengungen der Ausbildungspartner zur digitalen Berufsorientierung in den letzten Monaten zeigen ihre Wirkung. Viele Jugendliche sind aus ihrer Corona-Starre erwacht und kümmern sich jetzt um ihre berufliche Zukunft“, sagte kürzlich Thomas Haensel als SIHK-Geschäftsbereichsleiter Berufliche Bildung.

Obendrein fällt den Beteiligten der Blick in die Zukunft schwer. Ganz abgesehen von aktuellen Unsicherheiten, ob noch im März die Außengastronomie am Ruhrtalradweg wieder öffnen kann (Riepe: „Wir brauchen in vielerlei Hinsicht einen Vorlauf“), stellen sich zudem grundsätzliche Fragen. „Wir sind keine krisensichere Branche mehr“, meint die Hotel-Chefin. Das habe sich schon 2020 gezeigt, sagt Jennifer Pfingsten: „Die Bewerbungen von interessierten Auszubildenden trafen im vergangenen Jahr viel kurzfristiger also sonst ein“, so die Hoteldirektorin. Auch Probe- und Schnuppertermine, wenn junge Leute mal vor einer möglichen Anstellung den Hotel- und Restaurantbetrieb für einige Stunden kennen lernen wollen, lassen sich nur mit Schwierigkeiten vereinbaren.

Bemerkenswert: Anabel Schulewski, Pascal Homann und Dominik Möllmann wollen in der Branche bleiben. Auch Stammgäste des Zweibrücker Hofs haben das Trio dazu ermuntert und mitgeteilt, dass sie nach der Wiedereröffnung des Betriebs wiederkommen wollen. „Ich denke positiv und mache hoffnungsvoll weiter, vielleicht fange ich nach meiner Ausbildung ein Studium an“, sagt die Herdeckerin. Pascal Homann will weiterhin Koch werden, während Dominik Möllmann meint: „Ich habe schon vorher in der Gastronomie gearbeitet und weiß nicht, wie die Situation in zwei Jahren ist. Ich lebe im Hier und Jetzt, da kann ich nur sagen: Wir müssen durchhalten.“

Hoffnung auf Besserung

Laut Bund-Länder-Beschluss können Restaurant-Betriebe hoffen, ab dem 22. März wieder ihre Außengastronomie zu öffnen. Am Zweibrücker Hof laufen Vorbereitungen, den Biergarten wieder herzurichten. Ziel und Wunsch: einen Ostermarkt dort veranstalten.

Das Herdecker Hotel rechnet wieder mit einem schwierigen Jahr. Auch 2021 dürften viele Großveranstaltungen wie Konzerte oder Messen in den benachbarten Städten ausfallen. Tagungen, Geburtstage oder andere Familienfeiern, von denen der Zweibrücker Hof auch lebt, lassen sich nicht einplanen.

Perspektive durch Impfungen

Somit bleibt wie 2020 die Hoffnung, dass nach dem Ende des Lockdowns wieder Radtouristen für Belebung und Belegungen sorgen. „Dazu hoffe ich, dass wir die Kurzarbeit schnell beenden können“, sagt Gastgeberin Veronika Riepe. Immerhin habe das Ringhotel die November-Hilfen nun im März ausgezahlt bekommen. „Wir brauchen aber eine Perspektive. Meine größte Hoffnung ist das Impfen“, sagt die Hotel-Chefin.

Auch interessant

Sonst bleibe es bei vielen Unwägbarkeiten, die etwa auch das Menü-Karussell 2021 betreffen. Diese bewährte Gastro-Aktion mit vielen Restaurants im Ennepe-Ruhr-Kreis (teilnehmen wollen unter anderem der Zweibrücker Hof und das Kerstins in Wengern) kann wegen der aktuellen Vorgaben noch nicht voll durchstarten