Herdecke/Wetter. Gaststätten und Restaurants müssen ab 2. November wieder schließen. So reagieren heimische Gastronomen auf den geplanten Lockdown.

Bedrückend sind die ersten Reaktionen der heimischen Gastronomen und Wirte, die ab Montag ihre Restaurants und Kneipen wieder schließen müssen. „Die aktuellsten Nachrichten machen uns sehr traurig“, sagt Jennifer Pfingsten , Hoteldirektorin des Zweibrücker Hofs in Herdecke. Und weiter: „Ja, wir werden ab Montag das Restaurant schließen müssen, aber wir werden die Gans und weitere Gerichte to Go anbieten. Wir gehen in die Kurzarbeit zurück und übernehmen mit den Azubis das Tagesgeschäft im Hotel.“

Für eine stärkere Lobby

An diesem Wochenende findet im Biergarten des Zweibrücker Hofs noch ein Wintermarkt statt; aber dann ist vorerst wieder Schluss. Vor dem Hintergrund, dass die heimischen Gastronomen ohnehin schon seit Wochen und Monaten kämpfen müssen und dringend ihre Gäste brauchen, weist Jennifer Pfingsten zudem auf Folgendes hin: „Wir wollen darauf aufmerksam machen, was mit der Branche passiert. Dass wird sicherlich die Gesamtsituation nicht verändern, aber vieles ist den Menschen nicht klar, was da alles dranhängt. Wir müssen aufklären, und auch unsere Branche muss jetzt endlich anfangen, sich eine stärkere Lobby aufzubauen. Für uns spricht in der Regel kaum jemand bis niemand und wenn, geht das recht schnell wieder unter.“ Noch an diesem Wochenende findet ein Wintermarkt unter dem Motto „Halloween“ im Biergarten des Zweibrücker Hofs statt (Freitag und Samstag, 30. und 31. Oktober, jeweils 17 bis 22 Uhr, und Sonntag, 1. November, von 13 bis 18 Uhr).

Als Superspreader gebrandmarkt

Richtig sauer ist Wilhelm Bonsmann, Chef des alteingesessenen Landhotels Bonsmann’s Hof in Herdecke-Ende. „Es ist eine Unverschämtheit“, kommentiert er den geplanten Lockdown. Dabei sei die Situation gerade mal so gewesen, dass sie ein bisschen besser wurde. „Und die Hauptzeit kommt erst noch. Wir haben Kontingente geordert. Wohin damit jetzt? Im Januar kann ich keine Gänse mehr servieren“, so der Herdecker. Und weiter: „Wir Gastronomen tragen die Hauptlast und haben alles umgesetzt, was gefordert war. Wir hier haben von jeher immer großzügig bestuhlt, trotzdem kamen weitere Einschränkungen“, so Wilhelm Bonsmann. Er ist überzeugt: „Aus der Gastronomie kommt keine Corona-Belastung, aber wir werden als Superspreader gebrandmarkt und bestraft. Das, was da gerade abgeht, ist unfassbar.“

Drei Wochen alles dicht machen

Von „absoluter Enttäuschung“ spricht auch Kerstin Scheufen-Hanke vom schwedischen Restaurant „Kerstins“ im historischen Dorfkern von Wengern: „Ein Lockdown ist notwendig, aber nicht auf diese Weise. Es müsste für zwei bis drei Wochen alles dicht gemacht werden, dann bringt das auch was. Vor allem der ÖPNV, die Kitas und die Schulen müssen schließen. Der jetzt angeordnete Lockdown wird am Ende kein Ergebnis bringen, dann geht es weiter, und für uns ist auch das Weihnachtsgeschäft kaputt. Dann sind wir am Ende.“ Sie fühle sich machtlos, so die Restaurantleiterin.

Tropfen auf dem heißen Stein

Das „Kerstins“ hatte bereits mit dem ersten Lockdown im März einen Lieferdienst eingerichtet und hat ihn seitdem beibehalten.

Lieferdienst aktiviert

Das Landhaus „Zum alten Bahnhof“ in Wetter-Albringhausen“ hat bereits auf seiner Facebook-Seite angekündigt, dass ab kommenden Montag, 2. November, wieder per Lieferdienst die Gerichte von der Speisekarte auch nach Hause gebracht werden.

„Aber“, macht Kerstin Scheufen-Hanke klar, „für Gastronomen ist das ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wir können unsere Qualität nicht zu einem Preis anbieten wie es Pizzadienste machen. Bei denen kann der günstige Preis nur über die Masse funktionieren. Wenn wir aber unsere Qualität anbieten wollen, dann fängt ein Gericht erst bei 7,80 Euro an.“ Jedenfalls werde sie im Lieferdienst neben den à la carte-Gerichten auch klassische November- und Dezembergerichte anbieten. Und versichert: „Wir liefern sogar Gänsekeulen nach Hause.“

Doppelt getroffen

Vom Lockdown gleich doppelt getroffen wird Jurij Bott, der neben der Gaststätte „Zum Ostholz“ in Grundschöttel auch das Café/Restaurant „Friedrichs“ am Ufer des Harkortsees betreibt. Er hat das „Friedrichs“ bereits am Donnerstag geschlossen; denn, so sagt er, „Corona wird nicht bis Montag warten“. Die Gaststätte „Zum Ostholz“ schließt er am Sonntag ab. Neun Aushilfskräfte sowie acht Vollzeitkräfte haben von jetzt auf gleich wieder keine Arbeit mehr. Letztere würden nach Abbau von Überstunden und Urlaubstagen in die Kurzarbeit gehen. Trotz des erneuten Lockdowns will Jurij Bott den Kopf nicht hängen lassen: „Wenn wir dann wieder öffnen dürfen, werden wir mit einer neuen Karten starten. Und es wird Gänseessen geben. Wir haben richtig Lust darauf“, blickt der Gastronom trotz allem hoffnungsvoll in die nahe Zukunft.

Lockdown verpatzte Eröffnung

Dabei musste er schon die Eröffnung des „Friedrichs“ wegen des ersten Lockdowns verschieben. Zusätzlich zur Sperrung der L675 zwichen Wetter und Herdecke inklusive Radwegsperrung kam dann noch die Corona-Pandemie: So hatte Bott sich die Eröffnung der Gastronomie am Ufer des Harkortsees wahrlich nicht vorgestellt.

Heute kann er im Rückblick auf die vergangenen Wochen und Monate aber sagen: „Der Sommer war super. Deswegen gilt mein großer Dank allen Wetteranern und auch Auswärtigen, die uns besucht haben. Wir hatten ja die Befürchtung, dass uns der gesperrte Radweg viele Besucher kosten würde. Aber wir kamen teilweise kaum hinter den Bestellungen her. Küche und Theke sind eben klein, und wir kochen immer frisch.“ So habe es ab und an mal ein bisschen gedauert, bis die Gerichte auf dem Tisch standen. Alle Hygiene-Auflagen habe er stets umgesetzt. Jurij Bott: „Aber dass nun wir Gastronomen, wieder als erste unsere Betriebe schließen müssen, verstehe überhaupt nicht.“