Wetter. Der gebürtige Russe Dmitrij Bott führt ein Taxiunternehmen und zwei Gastro-Betriebe in Wetter. Er beschreibt, warum die Pandemie ihm so zusetzt.

Dmitrij Bott machte sich vor rund fünf Jahren mit einem Taxi-Unternehmen in Wetter selbstständig. In den Folgejahren übernahm der gebürtige Russe mit seinem Bruder Jurij auch die Gaststätte zum Ostholz in Wetter und zu Anfang des Jahres das „Friedrichs“ am Ufer des Harkortsee s. Heute erklärt der Unternehme r, wie es ihm während des Lockdowns geht und wie er sich und seine Familie über Wasser hält.

Gedanken um die Existenz

Ich muss ehrlich sagen, dass es mir aktuell nicht so gut geht. Ich mache mir ernsthaft Gedanken um meine Existenz. Als wir vor drei Jahren das Ostholz übernommen haben, haben wir uns zum Ziel gesetzt, wieder etwas Leben nach Wetter zu bringen. Viele Taxi-Kunden haben mir gesagt, dass in Wetter ja nichts los wäre. Darauf haben wir dann versucht zu reagieren und Partys im Ostholz angeboten. Das hat auch alles super geklappt, sodass wir uns dazu entschlossen haben, das Friedrichs am See zu übernehmen. Ich muss aber ehrlich sagen, dass ich diese Entscheidung mittlerweile schon ein bisschen bereue. Man muss sich vorstellen, dass ich zu Anfang des Jahres einen Pachtvertrag für das Lokal über fünf Jahre unterschrieben habe. In den ersten Wochen ist das Angebot super angekommen, und wir waren sehr zufrieden.

Eine Katastrophe für alle

Dann kam aber sofort der Lockdown. Das war für meine Familie, meine Angestellten und mich eine Katastrophe. Wir mussten sofort mehrere Mitarbeiter entlassen, was uns extrem schwer gefallen ist. Als dann klar war, dass Restaurants wieder öffnen dürfen, hatten wir Probleme, ausreichend Mitarbeiter zu finden, weil alle, die vorher bei uns beschäftigt waren, mittlerweile einen anderen Job hatten. Es war also da schon eine extrem schwere Zeit. Der zweite Lockdown zwingt uns jetzt komplett in die Knie. Wir können froh sein, dass wir das Taxiunternehmen haben. Ohne das Tagesgeschäft mit den Taxen hätten wir überhaupt kein Einkommen mehr. Daran will ich gar nicht denken. Wir sind ein Familienbetrieb, meine Mutter kocht im Ostholz, mein Bruder lebt ebenfalls vom Ostholz, Friedrichs am See und dem Taxiunternehmen. Wir müssen jetzt also alle von den Einnahmen aus dem Taxiunternehmen leben. Das ist unglaublich schwer.

Zum Glück gibt es Stammkunden

Wir haben Glück, dass wir noch Stammkunden haben: Kinder, die zur Schule gefahren werden, oder Dialysepatienten, die wir in die Krankenhäuser fahren. Ohne diese Einnahmen wären wir verloren. Was mich richtig aufregt, ist aber vor allem die Ungleichbehandlung. Das Schlimmste ist nämlich, dass wir keine Unterstützung vom Staat bekommen, weil wir für das Friedrichs am See keine 75 Prozent des Vorjahresumsatzes beantragen können, weil es den Laden da ja noch nicht gab. Da werden einem dann als jungem Unternehmer noch weitere Steine in den Weg gelegt. Ich verstehe nicht, warum man nicht sagt: „Es müssen alle Gastronomiebetriebe einen gewissen Betrag zum Überleben erhalten, nicht nur die Betriebe, die es letztes Jahr schon gab.“ Da fühle ich mich, ehrlich gesagt, im Stich gelassen. Von der Stadt würde ich mir da vielleicht auch Unterstützung wünschen, aber da kommt überhaupt nichts. Das Taxigeschäft rettet uns derzeit ein bisschen, aber sollte es so kommen, dass wir die Gaststätten nicht bald wieder aufmachen dürfen, sehe ich für die Zukunft schwarz. Das kann man wirklich Existenzangst nennen.

Sicht der Betroffenen

Im Corona-Tagebuch wollen wir die Coronakrise und Lockdown-Folgen ganz nah aus der Sicht der Betroffenen b eleuchten.

Täglich sollen unterschiedlich­ste Menschen aus der Region ihre Sorgen und Nöte während der Pandemie schildern.

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