Herdecke. Die Prozessgemeinschaft Herdecke unter Strom und BI Semberg wollen samstags die Amprion-Trasse erläutern. Der Netzbetreiber klärt Geräusche auf.

Der Blick geht nach oben und voraus: Die Prozessgemeinschaft Herdecke unter Strom und Bürgerinitiative (BI) Semberg wollen mit einer Mischung aus Kritik sowie Information den laufenden Bau der 380-Kilovolt-Trasse durch Herdecke wieder zum Thema machen. Dazu trafen sich nun einige Mitglieder auf einer Wiese direkt an der Dortmunder Landstraße, um ein Protest-Banner anzubringen.

In Absprache mit der Grundstückseigentümerin wollen Detlef Plett, Lothar Seelke, Gisela und Wolfgang Heuer gegenüber der freien Tankstelle anzeigen, dass durch die neuen Amprion-Leitungen auch Strom aus dem kürzlich angeschlossenen Steinkohlekraftwerk Datteln 4 fließe – und das trotz des beschlossenen Aussteiges aus dieser Art der Energiegewinnung. „Uns geht es ja neben dem Protest gegen die Höchstspannungsleitungen durch Herdecke auch generell um solche Themen“, erklärt Wolfgang Heuer.

Termine bis Mitte September

Daher wollen die Prozessgemeinschaft, die bekanntlich die eingereichte Klage gegen den Trassenbau hier unterstützt, und die BI Semberg mit den Bürgern ins Gespräch kommen. Und zwar dreimal samstags: Am 29. August, 5. und 12. September bauen die Mitglieder jeweils von 10 bis 14 Uhr einen Informations-Stand in der Herdecker Fußgängerzone auf. Vor der Commerzbank nahe der Lechner-Figuren wollen die beiden Gruppen einerseits den Stand der Dinge und die nächsten Schritte erläutern. „Viele fragen sich ja, ob der Gerichtstermin in Leipzig im November überhaupt noch sinnvoll ist, wenn die Leitungen eh schon fertig gebaut sind“, so Wolfgang Heuer, der Fragestellern auch hintergründige Antworten in Aussicht stellt.

Andererseits geht es der Prozessgemeinschaft wie auch der BI „um eine dezentrale und ortsnahe Energiegewinnung“. Ihre Forderung: „Die Politik soll eine Form der Stromnachbarschaft fördern“, meint Heuer. Um solche lokalen und womöglich innovativen Modelle kennenzulernen sowie bekannter zu machen, wollen Vertreter der beiden Gruppen eine Tombola anbieten. Bürger, die eine besondere Form der Stromproduktion oder auch Wassereinsparung nutzen, können diese erläutern und dazugehörige Fotos oder Textbeschreibungen in eine Kiste werfen. Ihnen winkt nach den drei Samstags-Terminen ein Gewinn als Gutschein (zum Beispiel für ein Restaurant und ähnliches) oder ein Buch. Wolfgang Heuer: „Wir stellen gerade die Preise zusammen. Das Los entscheidet dann. Wir wollen das Thema insgesamt auch etwas spielerisch angehen, daher die Tombola.“

Eine Sonderauszeichnung soll es für ein Stromnachbarschaftsprojekt geben. Also für Bürger, die sich mit anderen in ihrer direkten Umgebung vernetzen und Energien ressourcen-schonend teilen. „Solche Initiativen wollen wir verstärkt wahrnehmen und vorstellen, um daraus Ideen für die Zukunft zu gewinnen“, meint der Vertreter der Prozessgemeinschaft Herdecke unter Strom.

Unangenehme Geräusche

Während der laufenden Arbeiten an den neuen Masten und Leitungen haben sich nun Anwohner gemeldet, die von „ganz komischen Geräuschen“ berichten. Am Schraberg zum Beispiel, so schilderte es eine Leserin, sei dies ebenso wahrnehmbar wie an anderen Stellen. „In den letzten Tagen ist dort ja an der Verkabelung gearbeitet worden. Vielleicht lässt sich klären, wo das herkommt und wie bzw. ob das wieder abgestellt werden kann“, schrieb die Herdeckerin an die Redaktion.

In sozialen Netzwerken taucht das ungewohnte Geräusch ebenfalls auf. An der Dortmunder Landstraße reagierte eine Anwohnerin genervt auf diese Art „Peitschenschläge“, so der Facebook-Eintrag.

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Womit die Herdeckerin nah dran am Fachbegriff ist. Übertragungsnetzbetreiber Amprion, der weiter mit Trassenarbeiten zwischen dem Schnee und Herrentisch beschäftigt ist, nennt das Geräusch „Seilpeitsche“. Die zuständige Projekt-Sprecherin erläutert das auf Anfrage: „Das entsteht, wenn die Leiterseile wie jetzt neu aufgelegt werden und noch nicht abschließend am Mast mit den entsprechenden Durchhang-Vorgaben ausgerichtet sind“, sagt Mariella Raulf. „Sobald Wind dazu kommt, schlagen die Leiterseile zusammen und sorgen für diese Geräusche, das lässt sich dann bald mit Ketten regulieren.“

Noch drei Wochen „aushalten“

Grob gesagt, handele es sich bei der Montage der Leitungen um ein dreistufiges Verfahren. Die befinden sich zunächst einzeln in einer parallelen Anordnung. Auch beim zweiten Schritt, wenn vier Leiterseile quadratisch zusammengefasst werden, kann es aufgrund des geringen Abstands noch zu peitschenartigen Erscheinungen kommen. Sobald diese als Bündel kompakt zum Masten geführt werden, endet das. „Je nach Wetterlage kann in Herdecke das Geräusch noch rund drei Wochen, also bis in den September hinein, auftauchen“, sagt Raulf.