Wetter. Die Demag baut ihr Werk an der Ruhrstraße um. Für 11,5 Millionen Euro wollen die Kranbauer Produktionswege bis 2020 optimieren.
An den Anblick des hohen Krans mitten auf dem Demag-Gelände haben sich die Wetteraner seit einigen Wochen gewöhnt. Aber was steckt eigentlich dahinter? Dabei handelt es sich nicht um eine einzelne Baumaßnahme, sondern um ein Großprojekt. Titel: „#Wetter 2020“.
Das Unternehmen an der Ruhrstraße strukturiert das Werk um. Bei laufendem Betrieb. Angelegt auf zwei Jahre. Für 11,5 Millionen Euro. „Das ist das bisher größte Investitionsvolumen für diesen Standort“, berichten Geschäftsführerin Carolin Paulus und Werkleiter Thomas Wiesmann. Rund zwei Drittel der Produktionsflächen sehen nach dem Umbau anders aus als zuvor. Was im Herbst 2018 mit konkreten Planungen begann, läuft seit Januar mit ersten Umzügen von Maschinen. Seit Mai (und voraussichtlich noch bis Ende August) steht der Kran. „Wir sind nach internen Änderungen jetzt in einer Phase, in der die Maßnahmen auch von außen zu sehen sind“, sagt Wiesmann, der das Werk seit 2016 als Nachfolger von Rainer Harkort leitet und seit 37 Jahren ein „Demagoge“ ist.
Prozesse in Hallen bündeln
Die grundsätzliche Idee der Umstrukturierungen: Abläufe im Werk vereinfachen und optimieren. „Wir haben bis dato immer einzelne Bereiche überarbeitet, aber noch nie das gesamte Werk“, erzählt Wiesmann. Gerade in Sachen Materialfluss gebe es Potenzial für Verbesserungen, wie es bereits seit rund zwei Jahrzehnten bei der Fertigung des Leichtkransystems KBK geschieht: In dieser Halle kommt das Rohmaterial an der einen Seite hinein, nach den verschiedenen Arbeitsschritten können Lkw das Produkt dann am anderen Hallenende aufnehmen und zum Kunden transportieren.
Dieser Ablauf soll künftig auch für weitere Demag-Kernprodukte wie den Seil- und Kettenzug sowie Antriebstechnik-Systeme der Standard sein. Die Demag baut keine neuen Hallen, modernisiert aber vorhandene Räumlichkeiten und ergänzt diese etwa mit neuen Lkw-Ladebuchten. „Wir mussten hier teilweise auch Stockwerke überwinden. Wir wollen ein doppeltes Handling vermeiden und die Wege verkürzen“, sagt der Werkleiter. Dazu gehöre auch die Trennung der Groß- und Kleinserienfertigung. Es bleibe bei zwei Betriebsstraßen mit entsprechender Ein- und Ausfahrt für Transporter.
Standort aufgewertet
Im Werk soll der größte Produktionsstandort für Krankomponenten im Konzern entstehen, auch Konecranes-Produkte soll es an der Ruhrstraße geben.
Die Werksfläche umfasst 71.500 Quadratmeter, davon sind 40.300 m² bebaut. 37.000 Quadratmeter nutzt die Demag für die Produktion, 25.000 m² davon werden nun umgebaut.
Die Verantwortlichen haben dazu Geld für die Montage- und Prüftechnik, Energieeffizienz, Automatisierung (Stichwort Industrie 4.0) oder den Brandschutz vorgesehen. „Wir jonglieren hier derzeit mit mehreren Elementen, das ist schon ein Kraftakt“, so Paulus und Wiesmann.
Konkret ist auch schon einiges geschehen: Eine beauftragte Firma hat das erste von drei Automatiklagern abgerissen, die anderen zwei folgen. Sobald dadurch neuer Platz frei wird, entsteht an einer Stelle mitten im Werk ein neues Logistikzentrum. „Wir nennen das unseren Supermarkt, weil es dort Teile für unsere Hauptprodukte gibt“, berichtet Wiesmann. 68 Maschinen ziehen um, zwei Drittel von ihnen haben es hinter sich, was mitunter zwei Wochen dauerte. „Dabei handelt es sich teilweise um tonnenschwere Anlagen. Manche von denen sortieren wir auch aus und ersetzen sie durch neue Modelle“, sagt der Werkleiter.
2020 sollen Restarbeiten und Umzüge erfolgen. So wandert die Ausbildungswerkstatt vom hinteren Teil des Werks in den vorderen Abschnitt nahe der Ruhrstraße. Die Gesamtmaßnahme betrifft auch das Distributionszentrum gegenüber. Dort ziehen das Trainingscenter und die Reparatur-Anlaufstelle (Repair Center) ein. „Um das Trainingscenter derzeit zu erreichen, muss der Publikumsverkehr fast durch das ganze Werk laufen. Daher verlegen wir das auf die andere Straßenseite, wo auch Parkplätze in der Nähe zur Verfügung stehen“, erläutert Carolin Paulus. Dort stehen zudem noch Pflasterarbeiten und technische Modernisierungen im Hochregallager an.
Für einige der 1300 Angestellten kommt es wegen des Umbaus zu Änderungen im Schichtbetrieb, sie und die Kunden sollen insgesamt profitieren. Wiesmann: „Mit der Modernisierung sichern wir Arbeitsplätze, zudem wollen wir Lieferzeiten reduzieren, um flexibler auf Marktverhältnisse reagieren zu können.“
Stolz auf zwei Neuerungen
Auf zwei Neuerungen sind die hiesigen „Demagogen“ stolz. Wie berichtet, hat der Mutterkonzern Konecranes nach einer gruppenweiten Ausschreibung dem Werk in Wetter den Zuschlag für die neuen Elektro-Kettenzüge gegeben. „Die ersten Modelle sind ausgeliefert, das werden nun sukzessive mehr. Das Konzept steht und geht nun in die weitere Umsetzung“, sagt Geschäftsführerin Paulus und freut sich, dass sich die Kettenzug-Produktion des Gesamtkonzerns in Wetter konzentriert.
Zudem startete im Mai das Forschungslabor bzw. eine Kranentwicklungswerkstatt („Research-Factory“). Geld gibt es dafür befristet über das Optimum-Projekt vom Bundesforschungsministerium, die Demag kooperiert mit 19 Partnern aus sechs verschiedenen Ländern. „Auch nach dem Ende der Förderung in zwei Jahren will Konecranes dort weiter zukunftsweisende Projekte für die Gruppe anstoßen“, so Paulus. Schon jetzt gebe es erfreuliche Tendenzen zur Arbeit der internationalen Entwicklungs-Ingenieure nahe der Bahngleise in Wetter