Wetter. . Panu Routila, Konzernchef von Konecranes und damit hauptverantwortlich für die Demag, erzählt im Interview, wie er das Werk in Wetter einschätzt.
Seine Rede beim Festakt zu 200 Jahren Demag im Stadtsaal hielt Panu Routila auf Deutsch. Das Interview zur Lage der finnischen Konecranes-Gruppe, zu der die Kranbauer aus Wetter seit 2017 gehören, wollte der Vorsitzende der Geschäftsführung (CEO) aber lieber auf Englisch führen. Dabei hatte seine Frau, eine Deutsch-Lehrerin, am Tag vor der Reise in die Harkortstadt mit ihm noch die richtige Aussprache für das Wort „stolz“ geübt, schließlich sei er genau das angesichts der langen Geschichte, die er in vorderster Position nun weiter schreiben soll.
Herr Routila, wann haben Sie zum ersten Mal von der Demag gehört?
Panu Routila: Das muss 1986 gewesen sein. Ich hatte ein Jahr zuvor eine Firma in Österreich gekauft, dort erwarb ich dann zuerst einen Demag-Kran und danach erst einen von Konecranes. Damals sagte mir jeder in meinem Umfeld in Österreich, dass der Demag-Kran der einzige sei, den man kaufen könne.
Spüren Sie beim Blick in die Zukunft einen gewissen Druck? Schließlich sollen Sie und Konecranes 200 Jahre Demag-Geschichte fortführen…
Wir lassen ja hier in Wetter den neuen Elektro-Kettenzug produzieren und richten zudem eine Forschungs-Fabrik ein. Um den Kettenzug hatten sich weitere Standorte in Europa beworben, wir haben viel Aufwand in den Entscheidungs-Prozess gesteckt. Das Team aus Wetter hat den Zuschlag erhalten, das vorgeschlagene Konzept aus dem Werk hier hat uns bezüglich Produktivität, Technik und wegen der Entwicklungsmöglichkeiten überzeugt. Also scheint uns das ein sehr geeigneter Ort zu sein, um das Produkt für die Region Europa, Afrika und den Nahen Osten herzustellen. Klar ist daher: Wir investieren in den Standort Wetter.
Auf der anderen Seite gab es 2018 erneut die Ankündigung, dass nicht gerade wenige Demag-Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren…
Wir müssen aber doch stets die Gesamtentwicklung weiter im Blick haben, daran muss ich bei solchen Themen erinnern. Es geht um die Weiterentwicklung von Kompetenzen, von Produkten, ja auch um das persönliche Vorankommen. Das ist wichtig, um gemeinsam eine Zukunft zu haben. Wir befinden uns in einem weltweiten Wettbewerb. Wir können heute einfach nicht nach einer Entscheidung sagen, dass diese uns gut durch die nächsten zehn Jahre trägt. Wir müssen immer weiter denken. Das erfordert natürlich viele Kraftanstrengungen, die aber nötig sind. Ein Blick nach China: Die Leute dort sind so hungrig nach Fortschritt. Wenn wir träge werden, stehen wir mit leeren Händen da.
Wie stehen Sie zum ausgehandelten Zukunftstarifvertrag für die Demag?
In den letzten zehn Jahren gab es hier nicht gerade viele Weiterentwicklungen, da war fast nichts. Wir mussten eine Entscheidung treffen: Beenden wir das Ganze oder setzen wir auf Fortschritt? Wir kamen zu der Überzeugung, dass es weiter gehen soll. Ich bin richtig glücklich über unsere Diskussionen mit den Betriebsräten und über das positive Ende mit dem Abschluss. Auch die Arbeitnehmervertreter haben verstanden, dass wir uns weiter entwickeln müssen, sonst verschwindet man hier von der Bildfläche. Also ist dieses Ergebnis in Ordnung.
Was passiert bei der Produktharmonisierung der beiden langjährigen Konkurrenten Demag und Konecranes? Welches von zwei gleichen Produkten soll der Kunde kaufen?
Auf unserer Produkt-Plattform hat jedes Erzeugnis seine Stärken und Charakteristika. Wir wollen herausfinden, wo und wie wir am besten aufgestellt sind. Und diese Produkte wollen wir pushen, also voran treiben. Das verlangt der Kunde. Und ich bin sehr froh, dass die Demag einige geografische Stärken vorweisen kann, dass ihre Produkte in einigen Ländern und auch in vielen Industrie-Sparten stark vertreten sind. Zudem gibt es zahlreiche Nutzer, die stark mit dieser Marke verwachsen sind. Das läuft weiter sehr gut. Ein großer Teil unseres heutigen Angebots betrifft bereits die Software, das wird uns weitere Vorteile bringen. Wir liefern bereits Maschinenbau-Produkte mit viel Software aus, darin sehen wir die Zukunft.
Nach der Zeit beim US-Konzern Terex ist die Demag bei Konecranes wieder europäisch. Gibt es bezüglich der deutschen und finnischen Unternehmenskultur Unterschiede?
Finnische und deutsche Ingenieure denken sehr ähnlich, beide wollen ihre Produkte auf dem höchstmöglichen technischen Stand entwickeln. Der amerikanische Kollege redet sein Produkt stark, während die Deutschen und Finnen die Fakten sprechen lassen. Das Produkt funktioniert und steht daher für sich. Aber natürlich können wir auch solche Marketing-Experten gebrauchen. Wir haben während der Integration Gruppen gebildet, um uns gegenseitig mit unseren Gemeinsamkeiten sowie Unterschieden zu verstehen. Da, wo wir uns ähnlich erschienen, wollten wir noch tiefer miteinander verwachsen. In den anderen Fällen galt es, das zu ergründen und sich anzunähern. Zudem ist unsere finnische Organisations-Struktur sehr offen, jeder kann auf mich zugehen. Terex hat im Übrigen den 25-prozentigen Anteil, den sie nach dem Verkauf zunächst behielten, mittlerweile verkauft und besitzt keine Aktien mehr von uns.
Wie gut sind Sie über die Abläufe im Werk in Wetter unterrichtet?
Ich bin kein Micro-Manager. Ich vertraue unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich möchte an Ernest Hemingway erinnern. Der sagte: Der beste Weg herauszufinden, ob man jemandem vertrauen kann, ist ihm zu vertrauen. Allerdings muss jemand die Führungsrolle inne haben, das auch zeigen und Verantwortung übernehmen. Zugleich bin ich froh, dass wir in Wetter eine gute Führungs-Mannschaft haben. Ich war fünf Mal hier am Standort.