Herdecke. . Der Aufwärtstrend am Cuno-Kraftwerk Herdecke geht weiter. Nach der Krisenzeit lässt auch der Kohle-Ausstieg Mark-E optimistisch voraus blicken.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass dunkle Wolken über dem Energie-Standort Herdecke hingen. RWE beklagte 2015 im Zusammenhang mit den Abrissplänen des Koepchenwerks, dass die damalige Stromproduktion der Pumpspeicher-Anlage zwischen 77 und 85 Prozent „dramatisch“ unter dem langjährigen Mittel liege. Mark-E hatte mangels Vermarktung das Cuno-Kraftwerk 2013 gar schon zur Stilllegung angemeldet.

Nun im Januar freute sich aber RWE, dass das Pumpspeicherwerk am Hengsteysee – wie berichtet – kürzlich einen erheblichen Anteil zur Stabilisierung des Stromnetzes in Europa leisten konnte. Hinzu kommen gute Nachrichten vom Harkortsee. Das Betriebsjahr 2018 verlief für die dortige Gas- und Dampfturbinen-Anlage (GuD) „erfolgreich“, der Aufwärtstrend setzte sich nach der Krisenzeit fort.

Die Turbinen liefen nach Angaben von Mark-E 2018 insgesamt 1.307 Stunden. Damit habe sich die Betriebszeit der Anlage in den letzten drei Jahren auf einem stabilen Niveau eingependelt, nachdem der Betrieb zwischenzeitlich (2015) nur an 392 Stunden möglich war und somit den Weiterbetrieb des Cuno-Kraftwerks gefährdete. Die jüngsten Empfehlungen der „Kohle-Kommission“ lassen für die nächsten Jahre sogar einen noch positiveren Ausblick zu, sagt der Anlagenbetreiber Mark-E, ein Tochterunternehmen von Enervie.

Früher noch viel mehr ausgelastet

Aufgrund einer stabilen Marktentwicklung war die Anlage in Herdecke insbesondere im ersten und vierten Quartal 2018 gefragt. Dagegen war in weiten Teilen des zweiten und dritten Quartals insbesondere wegen der hohen Einspeisung von erneuerbaren Energien (vor allem Photovoltaik) kein Betrieb möglich. Auch im Vergleich zur früheren Auslastung mit mehr als 5000 Betriebsstunden pro Jahr gebe es also weiter Luft nach oben.

Rund 70 Mitarbeiter insgesamt am Standort

Mark-E, ein Unternehmen der Enervie-Gruppe, hat nach eigenen Angaben in den letzten Jahren seinen Erzeugungs-Mix deutlich verändert: Der Anteil fossiler Energieträger habe u.a. durch die Stilllegung der beiden Steinkohle-Blöcke im Kraftwerk Werdohl-Elverlingsen deutlich abgenommen, der Anteil der erneuerbaren Energien nehme sukzessive zu.

Derzeit seien der Gas- und Dampfturbinenanlage ca. 20 Mitarbeiter zugeordnet, zum Standort Herdecke gehören insgesamt rund 70 Personen (inklusive Belegschaft von Mark-E Effizienz).

Dennoch sagt Enervie-Vorstandssprecher Erik Höhne: „Nicht nur die jüngsten Marktentwicklungen, sondern auch die aktuellen Entscheidungen zum bundesweiten Kohleausstieg haben gezeigt, dass unsere Entscheidung gemeinsam mit unserem Projektpartner Statkraft, die GuD-Anlage entsprechend der Marktsituation für Spitzenlast- und Reservezwecke weiter zu betreiben, richtig war.“

Laut Verantwortlichen verbessere der Weiterbetrieb von Gas- und Dampfturbinen für eine „saubere“ konventionelle Stromproduktion im Vergleich zu Braun- und Steinkohlekraftwerken die Erzeugungs- und damit Klimabilanz deutlich. Ebenso wichtig: GuD-Anlagen können vergleichsweise schnell zum Einsatz kommen. Damit seien sie ein wesentlicher Faktor zur Stabilisierung des Stromnetzes, die aufgrund der volatilen Einspeisung von immer mehr erneuerbaren Energien zunehmend schwieriger wird. „Damit sind GuD-Anlagen ein wichtiger Baustein zur erfolgreichen Umsetzung der Energiewende“, meint Erik Höhne.

Optimistischer Blick in die Zukunft

Die Wirtschaftlichkeit für den Herdecker Betrieb habe sich in den letzten drei Jahren verbessert, mittlerweile erziele Mark-E wieder Deckungsbeiträge. „Tendenziell erwarten wir höhere Betriebsstunden für GuD-Kraftwerke und damit auch perspektivisch eine weitere Verbesserung der wirtschaftlichen Situation“, heißt es auf Nachfrage der Redaktion.

Generell hoffen die Betreiber mittel- bis langfristig auf eine ertragreichere Vermarktung. Der durch die „Kohle-Kommission“ skizzierte Ausstieg für Braun- und Steinkohlekraftwerke lasse der Stromversorgung durch GuD-Anlagen eine erhöhte Bedeutung zukommen. Dies sollte die Situation auch für die Anlage in Herdecke auf lange Sicht weiter verbessern.

Hintergrund

Seit 1908 erzeugt Mark-E in der Nachfolge der Elektromark (1906 bis 2002) an ihrem ältesten Kraftwerksstandort in Herdecke Strom, über Jahrzehnte mit Kohle. Ab 2005 errichtete der hiesige Versorger mit dem norwegischen Energieunternehmen Statkraft am Harkortsee eine umweltfreundliche Gas- und Dampfturbinen-Anlage.

Das neue Kraftwerk an der Stadtgrenze Wetter/Herdecke ging im Herbst 2007 in Betrieb und zählt mit einem Wirkungsgrad von rund 59 Prozent laut Unternehmens-Angaben immer noch zu den weltweit effizientesten Anlagen ihrer Art.

Statkraft zu 50 Prozent beteiligt

Für die Stromerzeugung nutzt es ein „besonderes effektives Verfahren“: In einem kombinierten Prozess wird in einer 270-Megawatt-Gasturbine mit einem nachgeschalteten Abhitzekessel und einer 147-MW-Dampfturbine die Energie in Elektrizität umgewandelt. Im Vergleich zu einem modernen Kohlekraftwerk erspare die GuD-Anlage der Umwelt bei der Stromerzeugung damit jährlich ca. eine Million Tonnen Kohlendioxid.

2012 begann die Krisenzeit, bis Ende 2015 war die 2013 zur Stilllegung angezeigte Anlage in Herdecke nur noch im „Zwangseinsatz“ zur Netzstabilisierung. Vor fünf Jahren teilte Statkraft mit, dass das „Geisterkraftwerk“ für massive Jahres-Verluste (zum Teil sogar in zweistelliger Millionenhöhe) sorge. 2016 entschieden die Betreiber jedoch, mit reduziertem Aufwand weiter Strom zu produzieren. Seither bessert sich die Situation.