Herdecke. . Kleiner Energie-Gipfel in Herdecke: Verantwortliche von RWE und Mark-E sehen Perspektiven für die Zukunft.
- Ins RWE-Pumpspeicherwerk am Hengsteysee wird kräftig investiert
- Das Cuno-Kraftwerk am Harkortsee wird doch noch gebraucht
- Ein Gespräch mit den Leitern der Traditionskraftwerke in Herdecke
RWE trifft Mark-E, Herdecker Energie-Gipfel am Koepchenwerk: Günter Kleine als Betriebsleiter des Cuno-Kraftwerks traf sich flussaufwärts am Pumpspeicherkraftwerk mit Kathrin Schmelter, die dort ab dem 1. Januar die Anlage verantwortet. Im Interview unterhielten sich die Beiden über die Entwicklungen in der Stromerzeugung.
Das Pumpspeicherkraftwerk (PSW) gehört nicht zur neuen RWE-Sparte Innogy, die Gas- und Dampfturbinenanlage (GuD) von Mark-E läuft auf Reserve: Wie steht es um die traditionsreichen Betriebe Herdeckes?
Kathrin Schmelter: Das PSW am Hengsteysee sieht RWE keineswegs als Auslaufmodell. Im Gegenteil: Das zeigen ja die Investitionen in jüngster Zeit. Vor allem die Flexibilität dieser Anlage wird weiter von Bedeutung sein. Die Stromerzeugung bleibt für RWE ein wichtiger Baustein. Zudem kümmern wir uns um acht Laufwasserkraftwerke.
Günter Kleine: 2005 habe ich den Umbau zu einer hochmodernen GuD-Anlage als besonderes Erlebnis empfunden, da war viel Herzblut dabei, Tränen inklusive. Damals wie heute beschert uns die Strommarktentwicklung turbulente Zeiten. Seit September geht es für uns in Herdecke etwas aufwärts.
Die Gas- und Dampfturbinentechnologie galt vor Kurzem als einer der größten Verlierer der Energiewende. Wie fällt Ihre Jahresbilanz aus?
Kleine: Vor knapp einem Jahr lag die Erwartung bei fast Null, war die Anlage doch nur wenige Stunden im Betrieb. Mit der Umstellung auf einen angepassten Betrieb für Spitzenlast haben wir die Kosten gesenkt. Seit September haben sich der Strommarkt und die Preise für Brennstoffe zu unseren Gunsten verändert, kürzlich lief der Betrieb wochentags durchgehend. Das dürfte aber nur ein vorübergehender Effekt sein, zumal sich die Strompreise schon wieder nach unten bewegen und wir somit auch keine Planungsgrundlage für die nächsten Jahre haben. Es scheint aber, dass wir aus dem tiefsten Tal der Tränen heraus sind und die Entscheidung richtig war, die Anlage mit etwa 20 Mitarbeitern am Standort Herdecke nicht stillzulegen.
Schmelter: Angesichts der Investitionen wie etwa die zur kurzfristig umgesetzten Erweiterung des Oberbeckens und damit zur Aufstockung auf eine Speicherkapazität von 635 Megawattstunden blicken wir optimistisch in die Zukunft. Aber ausruhen geht nicht. Es wird auch bei uns weitergehen mit Effiziensteigerungen, die turbulenten Zeiten auf dem Strommarkt werden anhalten. Dabei ist die Speichertechnologie ein wichtiger Baustein der Energiewende. Trotzdem gibt es aufgrund der niedrigen Marktpreise derzeit keine konkreten Planungen für ein neues Pumpspeicherwerk. Das ist zwar vorteilhaft für bestehende Anlagen wie unsere. Aber perspektivisch ist das für die Energiewende nicht gut. 2016 war aus der Sicht des Herdecker RWE-Betriebs mit der ca. 40-köpfigen Mannschaft ein gutes Jahr.
Kleine: Unsere Erwartungen vor einigen Jahren wurden jedenfalls enttäuscht. Ich bin mittlerweile standortübergreifend tätig, auch für Herdecke haben wir kein eigenes Team mehr, das muss sich um zwei weitere Werke kümmern. Bei uns laufen bis 2019 noch Personalanpassungen über einen Stufenplan, außerdem legen wir das Kohle-Kraftwerk Werdohl-Elverlingsen still.
Blicken wir auf Gemeinsamkeiten. RWE braucht das Wasser aus dem Hengsteysee zur Stromgewinnung, inwiefern profitiert das Cuno-Kraftwerk von der Lage am Harkortsee?
Kleine: Wir entnehmen daraus einen Teilstrom als Kühlwasser, leiten es durch das Werk und geben es leicht aufgewärmt, ansonsten aber unverändert zurück in den See. Dieses Kühlverfahren erübrigt einen Kühlturm, der ansonsten bei vielen Wärmekraftwerken von weitem sichtbar ist. Übrigens benötigt die GuD-Anlage trotz viermal so hoher Leistung nicht mehr Kühlwasser als früher das Kohle-Kraftwerk.
Schmelter: Auch wir brauchen Kühlwasser für unseren Generator oder die Lagerölkühlung aus dem See, aber das sind längst nicht die Mengen, die mein Kollege Kleine benötigt.
Wie reizvoll ist denn noch Ihr Arbeitsplatz direkt am Ufer?
Kleine: Ich habe in den vergangenen 17 Jahren viel erleben dürfen, Höhen und Tiefen, Sonne und Wolken. Ich mag meinen Job noch sehr, da sich die Aufgaben in kurzer Zeit verändern. In den letzten Monaten konnte ich ein Projekt zur Entflechtung der Klärschlammverbrennungsanlage vom stillzulegenden Kohlekraftwerk am Standort Werdohl-Elverlingsen anschieben und dafür vor zwei Wochen eine neue Dampfturbine bestellen.
Schmelter: Viele sagen mir: Du hast den schönsten Arbeitsplatz bei RWE. Und der Job überaus reizvoll, – ein spannendes Umfeld, ein tolles Team und immer etwas Neues.
Kleine: Da wir keinen Einfluss auf politische Rahmenbedingungen haben, müssen wir im eigenen Unternehmen das Mögliche gestalten. Da warten viele Herausforderungen.
Mitte 2017 soll am Pumpspeicherwerk die Sechs-Megawatt-Batterie betriebsbereit sein. Wie wichtig sind Investitionen in den Standort?
Schmelter: Wir freuen uns total, dass wir hier in Herdecke der erste Batterie-Standort von RWE sind und wichtige Erfahrungen sammeln können. Klar ist, dass die sechs Megawatt nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Aber wir können dazu beitragen, nächste Schritte vorzubereiten. Das zeigt doch die Bereitschaft von RWE, Modernisierung und Flexibilität voranzutreiben.
Kleine: Bei uns gibt es wegen der Restrukturierung derzeit wenig Spielraum, wir haben etwa bei Windrädern deinvestiert und das Kraftwerk in Hagen-Kabel stillgelegt. Bei der Stromerzeugung strecken wir uns nach der Decke, bei den Dienstleistungen sind wir über die Direktvermarktung und Service-Gesellschaften nach wie vor breit aufgestellt.
Schmelter: Wir verfolgen natürlich auch, welche Trends und Entwicklungen es bei Mitbewerbern gibt. Die Situation in der konventionellen Stromerzeugung ist insgesamt äußerst angespannt. Umso wichtiger ist für uns auch die Kombination mit den acht Laufwasserkraftwerken, die wir alle vom PSW-Standort aus steuern. Damit sorgen wir für eine gleichmäßige Auslastung des Betriebspersonals und haben auch bei den regelmäßigen Kurzstillständen im PSW unsere eigenen qualifizierten Mitarbeiter verfügbar.
Abschließend: Merken Sie im Cuno-Kraftwerk eigentlich, wenn RWE mit dem Ruhrverband den Wasserspiegel am Hengsteysee reguliert?
Kleine: Das hat für uns keine betriebliche Relevanz, wir kommen auch mit dem Mindestabfluss klar. Ab und zu haben wir im Kühlwassereinlauf bei offenen Wehren oder bei Hochwasser im Herbst mit Wasserpflanzen zu tun, aber das hat sich nach ein oder zwei Tagen erledigt.
Schmelter: 2016 war ein eher trockenes Jahr, da gab es bei der Hochwasserregulierung wenig zu tun.