Hagen. . Immer wieder hat unsere Zeitung in den vergangenen Wochen und Monaten über schlimme Zustände in Mietwohnungen berichten. Sind das nur Einzelfälle? Klaus-Paul Dietrich, Vorstandsmitglied des Mietervereins Hagen, nimmt Stellung.
In einem Haus in der Eugen-Richter-Straße bricht die Zwischendecke teilweise ein, in der Berliner Straße gibt es tagelang kein Wasser, in Brockhausen herrschen wilde Zustände im Hochhaus – immer wieder hat unsere Zeitung in den vergangenen Wochen und Monaten über schlimme Zustände in Mietwohnungen berichten. Sind das nur Einzelfälle? Klaus-Paul Dietrich, Vorstandsmitglied des Mietervereins Hagen, nimmt Stellung.
Herr Dietrich, kommen die Mieter zu Ihnen, wenn solche extreme Zustände herrschen?
Klaus Paul Dietrich: Nein, die kommen oft leider nicht zu uns. Sicherlich, weil viele gar nicht wissen, dass es Mietervereine und deren Service wie eine kostelose Rechtsberatung und auch Rechtsschutz vor Gericht gibt. Und dann wohnen dort sicherlich oft Menschen, die rechtliche Auseinandersetzungen scheuen. Aber sie sollten
zu uns kommen. Wir müssen auch als Mieterverein die Menschen in solch prekärem Wohnumfeld erreichen.
Was kann man tun, wenn zum Beispiel überhaupt kein Wasser fließt?
Dietrich: Dann kann man natürlich die Miete mindern. Das kann bis zu 100 Prozent gehen. Allerdings muss das alles vorher schriftlich angekündigt werde und rechtlich sicher sein. Ohne juristischen Beistand geht da eigentlich gar nichts. Und den können wir als Mieterverein bieten – für 54 Euro Jahresbeitrag. Wir haben zwei Rechtsanwälte und einen Diplom-Juristen bei uns im Team, einen dritten Anwalt suchen wir gerade.
Sind solche schlimmen Wohnzustände denn in Hagen krasse Ausnahmen oder kommen sie öfter vor?
Dietrich: Die Extrembeispiele sind sicherlich Ausnahmen, aber es kommt schon sehr auf den Vermieter an, da gibt es Unterschiede.
Wie meinen Sie das?
Dietrich: Nun, bei den Hagener Wohnungsbaugenossenschaft wie der GWG, der EWG, dem Hagener Wohnungsverein oder dem Hohenlimburger Bauverein genauso wie bei der städtischen HGW haben wir eigentlichen keinen Ansatz zur Kritik. Die können wir als Vermieter empfehlen. Es gibt aber private Gesellschaften wie die Gagfa. Da gehört es zum Prinzip, dass Hausmeister nur schwer zu erreichen sind. Es geht um Gewinnstreben, die Investitionsquote ist nicht hoch.
Kürzlich haben wir berichtet, dass die Deutsche Annington Wohnungen auf Emst gekauft hat. Deren Ruf ist nicht gut. Alarmiert sie das?
Dietrich: Natürlich habe ich da aufgehorcht. Ich habe dann aber mit Experten unseres Bundes- und Landesverbandes gesprochen. Die sagen mir: Die Annington hat sich gebessert. Die Investitionsquote in den Bestand ist auch höher geworden.
Wie ist Ihre Erfahrung mit privaten Vermietern?
Dietrich: Das ist natürlich sehr unterschiedlich. Man kann sehr engagierte Vermieter haben, die ihr Haus und die Mieteinnahmen als Altersvorsorge sehen. Die pflegen das Gebäude, achten auf eine gute Zusammensetzung der Mieter. Aber natürlich ist auch da immer Vorsicht geboten: Was passiert, wenn der Besitzer wechselt. Und es gibt die Vermieter, denen es nur darum geht, das Maximale an Geld herauszuziehen. Die auch ganz gezielt Ausländer oder Hartz-IV-Bezieher als Mieter holen, weil sie wissen, dass diese sich eher nicht wehren.
In Hagen gibt es viele Leerstände. ist das eigentlich gut?
Dietrich: Ja, im Prinzip schon. Es gibt quasi einen Mieter-Markt, er ist begehrt und kann sich sicher sein, dass er eine neue Wohnung findet.
Treten Hagens Mieter denn in dieser Rolle selbstbewusst genug auf?
Dietrich: Ich denke, dass das oftmals nicht der Fall ist. Aber wir vom Mieterverein, können nur appellieren, dies zu tun. Und wir helfen auch gerne dabei. Wir haben in Hagen schätzungsweise 50 000 Mietwohnungen, unser Verein hat etwa 6500 Mitglieder. Da ist also noch Luft nach oben.