Breckerfeld/Hagen. . Traktoren, Mähdrescher und Autos – insgesamt 528 Fahrzeuge aus der Breckerfeld rollten vor gut 40 Jahren durch Hagen. Damit machten die Bürger der Höhenstadt ihrem Unmut Luft über die geplante Angliederung der Hansestadt an Hagen.

Ein Plakat sagt mehr also 1000 Worte: „Heini aus Breckerfeld: Ich war Hagener – nie wieder“ stand darauf zu lesen. Die Zeilen waren vor einen Mähdrescher gespannt. Und dieses Ungetüm war Teil eines Protestzugs, wie in ihn die Stadt bis dahin und seither in den folgenden 40 Jahren nie mehr gesehen hat. Es war wie der Aufstand des kleinen gallischen Dorfes gegen das übermächtige Rom: 1358 Breckerfelder waren im Spätsommer 1974 nach Hagen gezogen, um gegen die drohende Eingemeindung der Hansestadt zu demonstrieren.

„Diese Gemeinschaft, der Zusammenhalt, der uns damals ausgezeichnet hat – das ist bis heute geblieben“, sagt Eberhard Schmidt. Per Pferd hat er damals als 28-Jähriger die Strecke von Delstern aus durch die Innenstadt bis Haspe unter die Hufe genommen. „Das Landwirte im Winter die Innenstadt von Schneemassen befreien – das gibt’s im ganzen Umland nicht.“

Anschluss nicht vorstellbar

Damals aber ging es um viel mehr als um Schnee. Es ging um die Zukunft einer stolzen Stadt. Die wurde zunächst in der alten Hufschmiede diskutiert. „Da haben wir uns immer wieder getroffen“, sagt Eberhard Schmidt, „wir waren uns einig – Breckerfeld an Hagen anschließen, das war für uns nicht vorstellbar.“

Stadtgrenze einst am Nahmertal

Im Rahmen der ersten kommunalen Gebietsreform im Jahr 1970 wurde das Amt Breckerfeld mit den Gemeinden Breckerfeld, Dahl und Waldbauer aufgelöst. Waldbauer wurde Hagen zugeschlagen.

Es entstand die „große Stadt“ Breckerfeld mit rund 13 000 Einwohnern, deren Grenze im Osten bis an das Nahmertal heranreichte.

Waldbauer klagte gegen den Anschluss an Hagen erfolgreich vor dem Verfassungsgerichtshof in Münster und wurde fortan von Breckerfeld mitverwaltet.

Im Vorfeld der zweiten Neugliederung, die zum 1. Januar 1975 umgesetzt wurde, kam es zum Protestzug.

Das Volmetal wurde Hagen zugeschlagen, ebenso der Bereich am Damm, der bis dahin zu Waldbauer gehörte. Breckerfeld (rund 6000 Einwohner) wurde quasi halbiert, blieb aber eigenständig.

Die Diskussion spaltete damals insbesondere die SPD-Fraktion. Die Vertreter des Volmetals plädierten für den Anschluss an Hagen, die drei Sozialdemokraten aus Breckerfeld für die Eigenständigkeit.

Landwirt Heinz Baumeister stellte sich an die Spitze der Protestbewegung und meldete die Demonstration an. „Warum sollte ein Gesunder sich einem Fußkranken an die Hand geben - hat er damals gesagt“, erinnert sich Udo Baumeister, „mein Vater war früh der festen Überzeugung, dass Breckerfeld in Hagen nicht gut aufgehoben wäre.“

528 Fahrzeuge

Mit dieser Überzeugung stand er nicht allein. Und so machten sich am frühen Samstagmorgen 528 Fahrzeuge auf den Weg ins Volmetal. „In Delstern haben wir uns damals aufgestellt“, sagt Eberhard Schmidt. Landwirte, deren Familien, Bürger aus dem Ortskern, selbst die Mitarbeiter der Verwaltung. Stadtdirektor Werner Kuhenne, Willi Giersiepen, Leiter des Hauptamtes sowie sein stellvertreter Hans Pfingsten rollten im Dienstkäfer mit im Protestzug.

Auch Klaus Baumann, heute Bürgermeister der Stadt und damals stellvertretender Leiter des Bauverwaltungsamtes, rollte mit seiner Frau im Passat mit im Zug.

Lohnendes Engagement

„Wir haben damals ein Zeichen in Richtung Landesregierung gesetzt“, sagt er, „und das hat sich gelohnt.“ Auch weil Stadtdirektor Kuhenne den gröbsten Mist (im wahrsten Sinne des Wortes) verhinderte. „Im Zug fuhr damals eine Hänger voller Mist mit“, sagt Eberhard Schmidt, „eigentlich war geplant, den vor dem Hagener Rathaus abzuladen. Das hat Kuhenne damals verhindert.“

Der Protest wurde trotzdem zu einem Erfolg. Von freundlichem Beifall am Rande der Strecke und einer ausgezeichneten Pilsversorgung für die Teilnehmer berichtete unsere Zeitung damals. „Am Abend haben wir in der Gaststätte Zur Linde auf Königsheide zusammengesessen“, erinnert sich Eberhard Schmidt, „die Stimmung war bombig. Wir waren uns einig: Breckerfeld Hagen zuschlagen – das konnte nicht Wirklichkeit werden.“