Hagen. . Bernd Liedtke hört auf. Nach 44 Jahren und vier Monaten im Dienst, tritt einer der ranghöchsten Hagener Polizisten in den Ruhestand. Wie ruhig der allerdings wird, bleibt abzuwarten. Denn Liedtke will sich selbstständig machen. In seiner Eigenschaft als Türkei-Experte.
Dr. Bernd Liedtke (62), Leiter der Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz und einer der ranghöchsten Beamten des Hagener Polizeipräsidiums, tritt am heutigen Donnerstag nach 44 Jahren und vier Monaten im Polizeidienst in den Ruhestand.
Wer Sie kennt weiß, dass das eher ein Unruhestand wird. . .
Dr. Bernd Liedtke: Nun ja, als ich vor einigen Wochen Geburtstag hatte, bin ich ein wenig erschrocken. Denn ich fühle mich glänzend, kann keinen Unterschied zu der Zeit, als ich 40 war, feststellen. Ich stecke voller Energie und habe mein privates Arbeitszimmer bereits komplett umgebaut.
Warum das?
Dr. Bernd Liedtke: Ab September mache ich mich als Kleinunternehmer selbstständig, ich möchte dann als unabhängiger Türkei-Experte beratend und informierend tätig werden. Dazu habe ich bereits eine professionelle Website erstellen lassen. Ich denke an Vorträge, aber auch interkulturelle Beratung. Wenn zum Beispiel eine Reisegruppe – ich meine jetzt nicht die typischen Antalya-Urlauber – die Türkei kennenlernen will oder ein Unternehmer für seine Kontakte in die Türkei unabhängige Informationen über Land, Leute und Politik benötigt, dann sind alle bei mir an der richtigen Adresse.
Sie betonen die Bezeichnung „unabhängig“ so sehr . . .
Dr. Bernd Liedtke: Weil ich ja keine türkischen Wurzeln habe und nicht in bestimmten Ideologien verhaftet bin. Das ist bei Migranten selbst in der dritten und vierten Generation häufig noch anders, habe ich festgestellt. Ob sie nun strenggläubig sind oder laizistisch denken, ob sie vom Land kommen oder aus der Stadt – bei aller Offenheit, die den Türken eigen ist, können sie sich nur selten aus ihrem ursprünglichen Kontext lösen.
Sie gelten als ausgewiesener Türkei-Experte, auch Ihre Dissertation hatte das Land zum Thema.
Dr. Bernd Liedtke: Ja, ich habe über Entwicklung, Wandlung und Perspektiven innerer Sicherheit in der Türkei promoviert. Das war quasi eine Demokratie-Studie. Diese Arbeit möchte ich, wenn Sie so wollen, im Ruhestand hauptberuflich fortsetzen. Ich bin ja auch noch Lehrbeauftragter an der Fachhochschule in Köln und halte u.a. Vorträge an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster.
Was interessiert Sie an der Türkei?
Dr. Bernd Liedtke: Im Studium habe ich mich mit defekten Demokratien beschäftigt, und als solche gilt die Türkei in der Politikwissenschaft bis heute. Hinzu kommt, dass ich über meinen familiären Hintergrund in einer Türkei-stämmigen Community lebe und mich dabei sehr wohl fühle.
Wie steht es denn um die innere Sicherheit in Hagen?
Dr. Bernd Liedtke: Der innere Friede in einer Stadt ist für mich ein hohes Gut, und abseits aller politischen Konflikte gibt es diesen übergreifenden Zusammenhalt in Hagen. Dass die Stadt von Außenstehenden gern als graue Maus abqualifiziert wird, hat sie nicht verdient. Und meinen Kollegen im Polizeipräsidium muss ich das Kompliment machen, dass sie hervorragende Arbeit leisten – vom Chef bis zum Techniker.