Hagen. Folge 14 unserer Sommerserie „Der Natur auf der Spur“ nimmt Sie mit in das Naturschutzgebiet „Alter Ruhrgraben“, eine 43 Hektar große Fläche zwischen Schwerte (Kreis Unna) und Hagen. Mit seinen Wiesen-, Wasser- und Gehölzflächen ist das Gebiet wichtiges Rückzugsrevier für zahlreiche Tierarten.

Hochbetrieb auf dem Ruhrtal-Radweg – das prächtig ausgeschilderte und komfortabel ausgebaute Wegenetz entlang des Flusslaufes lockt die Aktiven in Scharen. Gerade in diesen Sommertagen ist es dort häufiger so voll, dass es sich fast schon lohnen würde, den zähfließenden, dichten Zweiradverkehr in den Verkehrshinweis aufzunehmen. Mit dem traurigen Nebeneffekt, dass den Radwanderern das wache Auge für die Schönheiten am Wegesrand fehlt, weil sie konzentriert auf den Asphalt starren, um Kollisionen mit dem Gegenverkehr zu vermeiden.

Dabei würde sich gerade an der Nahtstelle zwischen Schwerte (Kreis Unna) und Hagen ein Abstecher in das Naturschutzgebiet „Alter Ruhrgraben“ wahrlich lohnen. Hier, wo das Sauerland endgültig ins industriegeprägte Ruhrgebiet übergleitet, gilt es ein von hochfrequentierten Verkehrswegen umschlossenes, gut 43 Hektar großes Areal zwischen dem Hof Niederweischede und der Ruhrbücke in Westhofen zu entdecken, das mit seinen Wiesen-, Wasser- und Gehölzflächen ein wichtiges Lebens- und Rückzugsrevier für zahlreiche Tierarten bildet.

Auenwaldreste locken

Der Weg führt von der Ruhrtalstraße aus über die typische, bewaldete Terrassenkante einer Flusslandschaft hinab. Auf diesem Wege können auch Radfahrer dieses Landschaftsrevier erobern und über den Eyweg, Spiecks- und Schükenweg die Schwerter Seite erreichen. Die Aue des Steinbergbaches, der sich von den Garenfelder Höhen hinabwindet, prägt das Bild. Das plätschernde Nass dieses Gewässers nährt den Auenbereich und die Wiesen zusätzlich. Die weitgehend offene Landschaft wird durch Hecken und Baumreihen, vorzugsweise Kopfweiden, strukturiert. Die rund um den einstigen Entwässerungsgraben entstandenen Feuchtwiesen bieten mit ihrem Randbewuchs – vorzugsweise Röhricht aus Schilf mit Binsen – das ideale Lebens- und Nistquartier für Vögel und Insekten.

Die Biologische Station hat hier gemeinsam mit dem Verein für extensive Kulturlandschaftspflege (VeK) auf Hagener Seite die Obhut über das Naturschutzgebiet übernommen. „Vor allem gilt es, regelmäßig die Stauden- und Weideflächen zu mähen, Kleingewässer zu entschlammen sowie die Weidenbäume zurückzuschneiden“, erzählt Susanne Müller, Diplom-Geografin bei der unteren Landschaftsbehörde der Stadt Hagen. Nennenswerte landwirtschaftliche Erträge lassen sich auf den extensiv genutzten Feuchtwiesen, auf denen sich nach Niederschlägen ausladende Wasserflächen ausdehnen, kaum erzielen. Einnahme-Ausfälle, die hier unter anderem die NRW-Stiftung, die sich auch den Naturschutz auf die Fahnen geschrieben hat, am „Alten Ruhrgraben“ durch Flächenankäufe zu kompensieren versucht.

Brutverstecke

In den Feuchtbereichen breiten sich vor allem Mädesüß, Sumpfschachtelhalm und Schwertlilie aus. Dazu kommen noch Röhrichte und Hochstaudenfluren, die vor allem Rohr- und Goldammern sowie Sumpf- und Teichrohrsängern als Brutverstecke dienen. Auch der selten gewordene Wachtelkönig zieht zeitweise durch das Ruhrtal. Wenn man großes Glück hat, kann man ihn beim Rufen eines Weibchens mit seiner charakteristischen Stimme hören. „Umso wichtiger ist, dass Radfahrer und Spaziergänger auf den Wegen bleiben und damit diese Rückzugsreviere der Tierwelt respektieren“, appelliert Susanne Müller bei aller Neugier auf Flora und Fauna eindringlich an die Vernunft der menschlichen Gäste in einem der nördlichsten Hagener Naturschutzgebiete.

Denn beobachten lässt sich aus gebotener Distanz reichlich: In den Feldgehölzen finden auch Neuntöterpaare, Spechte, Waldohreulen und der Eisvogel eine Heimat und natürlich auch Nahrung. Denn wo sich stehende, naturbelassene Gewässer finden, tummeln sich auch Frösche, Kröten und Molche.

Neugierig geworden? Es lohnt allemal, sich für eine Runde entlang des „Alten Ruhrgrabens“ einmal früh den Wecker zu stellen oder sich in der Dämmerung noch einmal zu einem Abendspaziergang aufzuraffen. Schatzsuche in der Natur – quasi direkt vor der Haustür der Großstadt.