Hagen. Der BGH hat ein Urteil zur Verkehrssicherungspflicht im Wald gesprochen. Wir sprachen mit Wilfried Hausmann (63) aus Breckerfeld, Geschäftsführer des Waldbauernverbandes.
Die Mitglieder des Waldbauernverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen-Dortmund trafen sich gestern zum Verbandstag in der Gaststätte Tanneneck in der Selbecke. Dort hielt Hugo Gebhard vom Landesbetrieb Wald und Holz einen Vortrag über Verkehrssicherungspflicht im Wald – ein Thema, das den Waldbesitzern nach diversen Unfällen und Urteilen schwer auf der Brust liegt. Nun hat eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes die Rechtslage geklärt. Wir sprachen mit Wilfried Hausmann (63) aus
Was bedeutet das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes?
Wilfried Hausmann: Dass nun endlich so etwas wie ein Schlussstrich unter eine schwierige Debatte gezogen werden kann. Die Waldbesitzer können nun nur noch für Unfälle, die sich aus für den Aufenthalt im Wald atypischen Gefahren ergeben, zur Verantwortung gezogen werden. Typische Gefahren muss jeder Waldbesucher in Kauf nehmen.
In welchen Fällen haftet der Waldbesitzer denn nun genau?
Hausmann: Wenn er zum Beispiel Ruhebänke aufstellt oder Schutzhütten baut und sich Menschen in deren Umkreis verletzen. Deshalb ist er verpflichtet, die Bäume und die Umgebung in solchen Bereichen regelmäßig zu kontrollieren. Ansonsten muss jeder Waldbesucher damit rechnen, dass er beim Spaziergang auf nassem Laub ausrutschen, über eine Wurzel stolpern oder von einem herabfallenden Ast getroffen werden kann. Für dabei entstehende Verletzungsfolgen muss keiner aufkommen. Der BGH hat festgestellt, dass das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung auf eigene Gefahr erfolgt.
Begrüßen Sie das Urteil?
Hausmann: Ausdrücklich. Es entledigt uns doch gewaltiger Sorgen. Ich glaube, es ist für jedermann nachvollziehbar, dass man einen Waldbesitzer nicht für jedes zufällige Unglück in seinem Forst haftbar machen kann.
Wo gilt denn sonst noch eine Verkehrssicherungspflicht?
Hausmann: Wie gesagt, zum Beispiel im Bereich von Ruhebänken und anderen sogenannten Erholungseinrichtungen. Aber auch an Straßenrändern und in der Nähe von Häusern. Dort muss der Waldrand alle 18 Monate begutachtet werden. Man kann dafür einen Gutachter des Regionalforstamtes in Gelsenkirchen engagieren – gegen Entgelt natürlich.
Ist der Wald denn nur noch ein Kostenfaktor, oder lässt sich heutzutage noch Geld verdienen?
Hausmann: Derzeit erleben wir sogar eine Hochpreisphase für Fichtenholz: 102 Euro pro Festmeter hat es meines Wissens noch nie gegeben. Das hängt mit den niedrigen Zinsen zusammen, die für einen Boom am Bau gesorgt haben. Wenn viel gebaut wird, steigt der Preis für die Fichte, die als Konstruktionsholz oder für Dachstühle genutzt wird.
Die Fichte bleibt also der Brotbaum der privaten Waldeigentümer?
Hausmann: Das Land hat in der Vergangenheit hohe Förderbeträge in Laubholzkulturen gesteckt, dadurch ist der Laubholzanteil enorm gestiegen. Aber der kleine Waldbesitzer überlegt es sich nach wie vor, ob er nicht doch 3500 Euro in eine Fichtenkultur als bis zu 10.000 Euro in die Aufforstung eines jungen Buchenbestandes stecken soll – zumal der Pflegeaufwand beim Laubholz wesentlich höher ist.
Hagen und Breckerfeld sind ja waldreiche Kommunen . . .
Hausmann:. . . und der Wald bildet hier nach wie vor einen wichtigen Wirtschaftsfaktor. Zudem verstehen wir privaten Waldbauern uns mit dem städtischen Forstamt sehr gut; man kennt sich, und wenn es Probleme gibt, ziehen wir an einem Strick.