Hagen. Natürlich stand bei der SPD-Vollversammlung am Freitagabend die offizielle Kür von OB-Kandidat Horst Wisotzki im Vordergrund. Doch bei einem vorangeschalteten SPD-Unterbezirksparteitag sollten die Delegierten auch über das Wahlprogramm entscheiden. Doch dann kam alles ganz anders . . .

Ursprünglich sollte beim jüngsten Unterbezirksparteitag der Hagener Sozialdemokraten ausschließlich das Kommunalwahlprogramm im Vordergrund stehen. Doch SPD-Parteichef Timo Schisanowski selbst hob angesichts der anhaltenden Internet-Streitereien in diversen Facebook-Foren, die sich bis zu einer anwaltlich zugesandten Unterlassungserklärung für die Diskutantin Hannelore Stückradt hochschaukelten, auf die „Wolken am Sozi-Himmel“ ab. Hier werde mit „Schmutz geworfen“ und es handele sich um „politische Sabotage“ redete der Parteichef Tacheles. Das juristische Vorgehen gegen eine seit mehr als vier Jahrzehnten engagierte SPD-Rentnerin sei da bloß eine exemplarische, überfällige Reaktion auf äußerst üble Kampagnen des Draufhauens gewesen, die sich in den sozialen Netzwerken im Internet abspielten, rechtfertigte der Hasper diesen Schritt.

Geheime Facebook-Gruppe

Beinah triumphierend wedelte Schisanowski mit den ausgedruckten Kommentaren, die er aus der geheimen Facebook-Gruppe „Wir in der SPD Hagen“ abgefischt hatte. Dort hätten sich 20 Genossen zusammengerottet, um gezielt und koordiniert Aktivitäten der Hagener Parteiführung zu untergraben. Offenbar hatten zwei Maulwürfe aus diesem Kreis, die inzwischen aus der Gruppe eliminiert wurden, den SPD-Chef mit internen Informationen gefüttert. „Diese Leute lassen kein Handeln zum Wohl der Partei erkennen“, goss der Unterbezirksvorsitzende Wasser auf die Mühlen all derjenigen, die nach dem Kommunalwahltermin am 25. Mai in der Hagener SPD eine breite Welle an Parteiordnungs- und -ausschlussverfahren erwarten.

„Niemand muss sich das gefallen lassen“, ließ Schisanowski keinen Zweifel, dass er im Verborgenen ausbaldowerte, parteischädigende Leserbriefkampagnen nicht länger tolerieren wolle und verlas prompt die Namen der abtrünnigen Genossen. „Hier wird eine Linie überschritten – ihr seid auf einem Irrweg unterwegs“, rief er der Gruppe zu. Unter empörtem Missmutsbekundungen und Protestrufen der anwesenden Delegierten signalisierte der Parteichef ein letztes Mal seine noch immer vorhandene Gesprächsbereitschaft: „Die Tür zurück bleibt offen, die Partei reicht euch die Hand“, appellierte er an alle Kritiker, doch noch zu einer gemeinsamen Gesprächsebene zurückzufinden. Als Versöhnungsgeste bot er an, dass Hannelore Stückradt die vierstelligen Anwaltskosten nicht zu tragen brauche, wenn sie denn klaglos die per Einschreiben zugestellte Unterlassungserklärung unterzeichne.

Stärkste Ratsfraktion werden

Angesichts dieses parteiinternen Paukenschlags trat die Präsentation des Kommunalwahlprogramms mit dem Titel „Hagens Zukunft aktiv gestalten“ beinah in den Hintergrund. Fraktionschef Mark Krippner gab als klares Ziel aus: „Die SPD soll wieder die stärkste Fraktion im Rat werden.“ Dabei möchten die Sozialdemokraten – ganz im Geiste ihres OB-Kandidaten Horst Wisotzki – vor allem die Bürger wieder inhaltlich enger an der politischen Willensbildung beteiligen und damit eine Aufbruchstimmung erzeugen. Konsolidierung des Haushalts und soziale Verantwortung seien für die Genossen kein Widerspruch, machte der Fraktionschef deutlich, dass man u.a. die Bäder in den Stadtteilen erhalten wolle und der stete Personalabbau bei der Stadtverwaltung seine Grenzen habe.

Gegen den Cargobeamer

Dazu gehöre auch, dass Aufgaben der Daseinsvorsorge unter kommunaler Regie bleiben müssten. Dabei möchte die SPD die von der Ratsmehrheit beschlossene Bündelung der städtischen Töchter unter dem Dach der HVG nach der Kommunalwahl wieder rückabwickeln.

Weitere Schwerpunkte des politischen Wirkens der SPD sollen die Themen Bildung und Wohnen, attraktiver Personennahverkehr, Breitensport sowie Sicherheit und Sauberkeit sein. Beim Thema Stadtentwicklung setzen die Genossen auf mehr Kreisverkehre, die Ausweitung des Radwegenetzes, aber auch den Abriss von schlechten, leerstehenden Wohnlagen. Eine klare Absage erteilen die Sozialdemokraten dem Cargobeamer, ohne gleich die starke Wirtschaftsregion Hagen in Frage stellen zu wollen. Um hier Entscheidungswege zu verkürzen, schlägt die Partei vor, einen Fachbereich Stadtentwicklung, Verkehr, Umwelt und Energie im Rathaus zu formen. Nur so sei in Zukunft ein ständiges Gegeneinander dieser Interessensgruppen zu verhindern.