Buschey. . Sie wirkt hochherrschaftlich, ist einfach wunderschön und sie gewährt einen Blick über halb Hagen: die Springmann-Villa am Buschey. Derzeit wird das stattliche Gebäude kaum genutzt - lediglich eine alte Frau (die frühere Hausdame der letzten Bewohner) hütet das Anwesen.

„Natürlich würden wir die Villa wieder gern mit Leben füllen, doch das Wichtigste ist, dass wir sie originalgetreu saniert und rekonstruiert haben. Um sie für die Nachwelt zu erhalten“, sagt Erwin Sommer. Der Hagener Kunstfreund ist der Hausarchitekt der Familie Gerber, die nach dem Zweiten Weltkrieg Besitzer der Immobilie in der Christian-Rohlfs-Straße 49 wurde.

Von Henry van de Velde erbaut

Die Villa am Stadtgarten wurde 1910/1911 von dem belgisch-flämischen Architekten und Künstler Henry van de Velde erbaut. Der Designer und Mitbegründer des Deutschen Werkbunds war von Kunstmäzen Karl Ernst Osthaus nach Hagen geholt worden. In den Jahren 1904 bis 1911 plante und baute Henry van de Velde Gebäude im Jugendstil; die Springmann-Villa war eines seiner letzten Häuser dieser Art. Auftraggeber war der Unternehmer Rudolf Springmann, Teilhaber des Hagener Unternehmens Funcke & Elbers. Die Familie samt Hauspersonal lebte etliche Jahre in dem direkt an den Stadtgarten angrenzenden Anwesen mit über 500 Quadratmetern Wohnfläche. Es folgten einige Besitzerwechsel, mittlerweile gehört die Jugendstil-Villa der Unternehmerfamilie Gerber (Kettenfabrik Wippermann).

2009 erhielt Erwin Sommer den Auftrag, sich der Villa anzunehmen. „Viel Unterstützung habe ich durch Ina Hanemann, die Leiterin der Unteren Denkmalbehörde, erhalten. Oftmals sehen sich Denkmalschützer und Planer als Feinde an. Leider. Das war bei uns von Anfang an ganz anders“, lobt Sommer die gute Zusammenarbeit mit der Behörde. Wertvolle Tipps habe er auch von Rouven Lotz, wissenschaftlicher Leiter des Emil-Schumacher-Museums mit ausgeprägtem Faible für Jugendstil-Architektur, bekommen.

Aufwändige Farbton-Recherche

Aufwändig sei gar kein Wort dafür, wie kompliziert und anspruchsvoll die Restaurierung der Immobilie gewesen sei. „Wir haben an einigen Wänden Pigment-Teilchen gefunden. In einem Labor in Wuppertal, das sich auf das Rekonstruieren von Farben spezialisiert hat, haben wir die alten Töne nachstellen lassen. Um dann Wände und Decken detailgetreu aufarbeiten zu lassen.“ Auch die Fassade wurde im Original-Farbton gestrichen. Erwin Sommer lacht: „Ja, manch einer hat sich schon über den merkwürdigen Ockerton gewundert. Doch wir wollten auch außen den Original-Zustand des Gebäudes wiederherstellen.“

Bei den Fenstern war oberstes Gebot, die alten Holzrahmen zu erhalten. „Ein Problem war hier die Einfachverglasung. Aus energetischen Gründen wollten wir natürlich eine moderne Dämmung einbauen lassen. Wir haben dann ein dünnes Spezial-Isolierglas fertigen lassen.“

Bodenfliesen wie im Hohenhof

Der Fußboden im Wintergarten konnte erhalten bleiben. Die alten Fliesen (genau wie in der ebenfalls von Henry van de Velde erbauten Hohenhof-Villa in dezentem Taubenblau gehalten) blieben liegen. Sommer: „Die Fliesen waren zwar überklebt, doch unbeschädigt.“ Die hohen Decken, die in den 60er Jahren mit Plastikplatten abgehängt worden waren, wurden freigelegt; zum Vorschein kamen geschmackvolle Deckenspiegel mit typischen Jugendstil-Ornamenten sowie aufwändige Stuckarbeiten. „Die Türbeschläge, die Henry van de Velde vor über 100 Jahren für die Türen im Erdgeschoss ausgesucht hat, haben wir ebenfalls erhalten können“, freut sich Kunstfreund Sommer

Welche künftige Nutzung sich Eigentümer und Architekt (Sommer: „Die Stunden, die ich für die Restaurierung der Villa aufgebracht habe, hab’ ich längst nicht mehr gezählt“) vorstellen können? „Hier war mal eine Awo-Wohngruppe untergebracht. Das hat hervorragend funktioniert. Allerdings wurde dann in Vorhalle eine entsprechende Klinik gebaut und die Bewohner zogen dort hin“, blickt Sommer zurück. „Behinderte Menschen könnten hier in dem Haus, das aus fast 20 Zimmern besteht und mit Treppenliften ausgestattet ist, gut leben.“