Fley. Die Grundstücke in Fley hatten einen stolzen Quadratmeterpreis. Die jungen Familien, die dort gebaut haben, suchten dort einen Start im Grünen am Rande der Großstadt. Doch ohne Telefon-, Kabel- und Internet-Anschluss gestaltet sich der Alltag im 21. Jahrhundert kompliziert.

Der Schmittewinkel ist das jüngste Prestigeobjekt Hagener Baulandbereitstellung. Wohnen im Grünen und doch zentrumsnah. Hier zeigt sich, wie viele Facetten zwischen grün und großstädtisch Hagen zu bieten hat. Doch in dem Neubaugebiet in Fley staut sich bei den Anwohnern, die bis zu 260 Euro pro Quadratmeter Baugrundstück hingeblättert haben, aktuell gehöriger Ärger an.

Fast fünf Monate nach Einzug der ersten Häuslebauer ist die Straße „Heugarten“ technisch von der Außenwelt so gut wie abgeschnitten. Kein Telefon, kein Internet, keine Kabelverbindung, ein mittelprächtiges Mobilfunksignal und die erschreckende Perspektive, dass die rund 40 Baugrundstücke künftig mit einem quasi steinzeitlichen Internetsignal beliefert werden sollen, das vor zehn Jahren der neueste Stand der Technik war.

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Daniel Cöppicus (31) kommt sich ein wenig verschaukelt vor, wenn er an einem der Werbeplakate vorbeifährt, mit denen die Telekom aktuell etliche Bushaltestellen in Hagen gepflastert hat. Ein angeblicher Telekom-Mitarbeiter ist darauf zu sehen, der stolz verkündet, dass er der Mann vor Ort sei, der die Breitbandverbindung zu den Menschen bringe. „Wenn ich das sehe, bin ich eigentlich nur noch verärgerter“, sagt Cöppicus.

Anbieter stoppt Abbuchung

Er und seine Frau haben sich den Traum vom eigenen Heim am Heugarten, einer Straße im Schmittewinkel, erfüllt. Eingezogen sind sie im September 2013. Nebenan wohnen Björn Risse (33) und seine Frau Jessica. Eingezogen im Oktober 2013. Beide Familien können bis heute weder über das Festnetz telefonieren, noch die im Kaufvertrag garantierte Internetverbindung nutzen. Bei Familie Cöppicus zeigt sich der Anbieter Versatel bislang kulant und hat aufgehört, Gebühren abzubuchen. Viele Nachbarn, so glauben sie, würden unter Umständen aber weiterbezahlen, ohne Leistung zu bekommen, um ihre Rufnummern behalten zu dürfen.

Die Telekom schreibt in ihrer Stellungnahme – fünf Monate nach Einzug der ersten Anwohner wohlgemerkt: „Im Neubaugebiet Schmittewinkel standen nicht genügend Adern zur Verfügung. Daher mussten neue Adern verbunden und neue Kabel verlegt werden. Zusätzlich waren Tiefbauarbeiten nötig. Die Störung wird in wenigen Tagen behoben sein, sobald alle Daten in den entsprechenden Systemen eingepflegt sind.“

Für Entwicklungsgesellschaft ist Erschließungsauftrag voll erfüllt

Bei der HEG weiß man nichts vom angeblichen Nachrüstungsbedarf der Telekom im Schmittewinkel. Im Gegenteil: In enger Abstimmung mit der Telekom seien ausreichend Leerrohre am Heugarten verlegt worden, erklärt die Bauleitung.

Auch von „zusätzlichen Tiefbauarbeiten“ weiß man bei der HEG nichts. Der Erschließungsauftrag sei somit voll und ganz erfüllt worden.

Anwohner Björn Risse weiß aber, dass es mit den kurzfristigen Nachbesserungen der Telekom nicht automatisch zu einer kurzfristigen Nutzbarkeit des Angebots kommen wird: „Bei der Hotline der Telekom hat man mir gesagt, dass zunächst eine weitere, maximal 28 Tage lange Dokumentationsfrist vergehen kann, bis der Anschluss für Fremdanbieter sichtbar wird.“

Wie die Hagener Erschließungs- und Entwicklungsgesellschaft (HEG), die das Baugebiet erschlossen hat, darauf reagiert, lesen sie in der Infobox.

Grundstück mit Mangel

Hinzu kommt, dass Kabelnetzbetreiber Unitymedia in einem Schreiben an Daniel Cöppicus deutlich macht, dass man die Häuser am Heugarten wegen „betriebswirtschaftlicher Bedenken“ nicht an das Kabelnetz anschließen werde, weil dazu umfangreiche Baumaßnahmen notwendig wären, die eine Kostenbeteiligung der Anwohner im Rahmen eines fünfstelligen Betrages nötig machen würden.

„Das ist aber eigentlich noch nicht alles“, sagt Björn Risse. Denn ein Mitarbeiter der Telekom in Hagen habe erklärt, dass die Leistung der Internetverbindung am Heugarten künftig nur 2 MBit pro Sekunde (alltagssprachlich: eine 2000er-Leitung) betragen werde. Nebenan im Heigarenweg, weiß Daniel Cöppicus, kämen immerhin 6 Mbit an. „2 Mbit ist wie in der Steinzeit.“

Schüssel statt Kabel

Ein Anwohner, der nicht genannt werden möchte, ärgert sich über diese Ausstattung: „2 Mbit hatten wir vor 15 Jahren in unserer alten Wohnung. Hauptsache in der Uckermark liegen überall Glasfaserkabel. Angeblich würde die Telekom an ihrem Knotenpunkt in Helfe genug einspeisen, heißt es. Den am weitesten Entfernten beißen dann wohl die Hunde. Für mich hat das Baugrundstück dadurch einen klaren Mangel.“

Viele Bewohner des Heugartens haben sich zum Fernsehen mit einer Satellitenschüssel weitergeholfen und telefonieren über den Mobilfunk, wobei die Verbindung im Schmittewinkel dahingehend auch nicht die leistungsfähigste ist.