Wehringhausen. . Aktuell herrscht Ruhe auf Hagens größter Straßenbaustelle. An der Bahnhofshinterfahrung stehen zwischen den Jahren die Bagger still. Im Januar geht es dann vorzugsweise auf das nördliche Flussufer, um den Anschluss der neuen Hauptstrecke an den Kuhlerkamp zu realisieren.
Der Lärm der schweren Baumaschinen ist verstummt, die Menschen mit den Bauhelmen verschwunden. Kein Laster chauffiert Erdmassen über das Gelände oder schafft neue Baumaterialien heran, die Bauzäune sind geschlossen und mit Draht gesichert. Nur das sonore Rauschen des Ennepe-Wassers unterbricht die Stille auf dem ehemaligen Varta-Gelände.
Die Baustelle der Bahnhofshinterfahrung, deren erster Bauabschnitt gerade auf dem Varta-Areal entlang der Weidestraße in Wehringhausen realisiert wird, ist zwischen den Jahren in einen kurzen Winterschlaf gefallen. Eine Pause, die Projektleiter Matthias Hegerding vom Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) kaum seine Gelassenheit nimmt: „Wir liegen gut im Zeitplan, die Strabag macht hier wirklich einen professionellen Job“, spart er nicht mit zufriedener Anerkennung für den Verkehrswegebauer aus dem Rheinland.
Dabei hat es im zu Ende gehenden Jahr reichlich Klippen und Überraschungen auf dem Gelände des ehemaligen Batterie-Herstellers gegeben, die teils mit Routine, teils mit Kreativität umbaggert werden mussten. Vor allem die unsichere Kriegsbomben-Situation im Erdreich entlang der Ennepe machte einen Strich durch die ursprünglichen Planungen. Denn selbst nach den aufwändigen Erkundungen durch den Kampfmittelräumdienst ließ sich nicht eindeutig ausschließen, dass womöglich noch explosive Fracht der alliierten Bomberverbände aus dem Zweiten Weltkrieg dort lauert.
Teurere Winkelstützmauer
Somit wurde auf einer Strecke von gut 130 Metern das kostengünstige Einrammen von Stahlspundwänden zur Unmöglichkeit. Stattdessen muss am südlichen Ufer flussaufwärts von der neuen Brücke zum Kuhlerkamp jetzt eine deutlich teurere Winkelstützmauer errichtet werden und die bestehende, aber völlig marode Uferbefestigung ersetzen. Da jedoch das ursprünglich kalkulierte Budget für diesen Teil des Millionen-Projektes bei der Ausschreibung deutlich unterschritten wurde, passt der Kostenrahmen dennoch. Allerdings muss durch diesen Mehraufwand die Bauabfolge im Jahr 2014 modifiziert werden.
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„Aber es gibt ja auch am anderen Flussufer am Fuße des Kuhlerkamps noch reichlich zu tun“, blickt Hegerding auf den Bahndamm mit seinem Gleiskörper oberhalb der ehemaligen Varta-Bunkeranlage. „Die Bahn hat uns jetzt signalisiert, dass wir Ende Januar 2014 über die Trasse verfügen können, so dass die Strabag mit Priorität sich dem Kreisverkehr am nördlichen Flussufer widmen kann.“ Dieser schafft nicht nur die Verbindung zum Kuhlerkamp und Tücking, sondern erschließt vor allem die potenziellen Gewerbeflächen der Varta-Insel. Immerhin handelt es sich um etwa fünf Hektar Industrie-Brachland mit bester Verkehrsanbindung, die dort vermarktet werden sollen. Über eine Rampenlösung wird zudem von dem Kreisel aus über den Bahndamm hinweg und am Fuße der Kleingartenanlage Sonnenberg vorbei die Verbindung zur Kuhlestraße geschaffen.
Weidestraße wird zum Park
Erst wenn all diese Elemente realisiert sind, kann die heutige Weidestraße an der Volkshochschule endgültig abgeklemmt und dem Höhenniveau der angrenzenden Parkanlage angepasst werden. Entsprechend wird dann auch die altgediente, baufällige Ennepebrücke abgerissen. Vorher muss aber noch das rosafarbene Wohnhaus mit seinen parallel zum Fluss angrenzenden Gewerberäumen vom Abrissbagger planiert werden, um Platz für die weitere Fahrbahntrasse zu schaffen.
Das Objekt befindet sich – nach zähen Enteignungsquerelen mit dem Vorbesitzer – zwar inzwischen im Besitz der Stadt. Doch die langjährigen Mieter sperren sich standhaft gegen ein Leerziehen des Objektes. Aktuell erscheint es noch völlig offen, ob man sich gütlich einigt oder der Fall vor dem Landgericht endet.
In einem Jahr rollen die Autos
Am westlichen Ende reicht die Bahnhofshinterfahrung bereits direkt an die Dieckstraße und den dahinter befindlichen Hawker-Parkplatz. Mächtige Grauwacke-Brocken trennen die künftige Hauptverkehrsstraße von der dahinter liegenden Wohnbebauung ab. Dort soll noch ein weiterer, begrünter Erdhügel entstehen. Durch dieses in Anlehnung an seine Form „grüne Bohne“ getaufte Landschaftsbauwerk dürfte sich die Wohnqualität für die Menschen entlang der Wehringhauser Straße zusätzlich verbessern. Wann die Bauarbeiten dort die letzten 60 Meter vorangetrieben werden, um den endgültigen Anschluss an die bestehende vierspurige Trasse in Richtung Rehstraße herzustellen, möchte Hegerding im Januar endgültig mit der Firma Strabag abklären.
Sollte das Arbeitstempo auch im neuen Jahr konstant hoch bleiben, könnten bereits im Dezember 2014 die Verkehre über den ersten Bauabschnitt der Bahnhofshinterfahrung rollen. Immerhin 25 000 bis 30 000 Fahrzeuge am Tag. Mit der winterlichen Ruhe am renaturierten Ufer der Ennepe ist es dann auch zwischen den Jahren endgültig vorbei.