Hagen. . Für die Kinderschutzambulanz an der Bergstraße ist in diesem Jahr der Erlös der WESTFALENPOST-Weihnachtsaktion vorgesehen. Monika Fischer arbeitet dort als Trauma-Beraterin und Sozialarbeiterin. Wir haben mit ihr über ihre Arbeit gesprochen.
„Das Jugendamt besteht in der Regel darauf, dass die Familie einbezogen wird. Das ist im Grunde auch gut so, kann häufig von Nutzen sein. Es kann aber auch heikel werden, wenn Gewalt von der Familie selbst ausgeht, sprich, wenn Vater oder Mutter zuschlagen.“
Monika Fischer spricht mit uns über ihren Beruf, den sie seit 2010 in der Kinderschutzambulanz in der Bergstraße 121 ausübt. Monika Fischer ist Trauma-Beraterin und Sozialarbeiterin. Wir treffen uns vor Ort mit der engagierten Frau, damit sie uns im Rahmen unserer Weihnachtsaktion „Eine Rettungsinsel für Kinderseelen“, die wir zugunsten der Hagener Kinderschutzambulanz durchführen, berichtet, wie Kinder von ihr und ihren Kollegen behutsam betreut werden.
„Wir sind Forscher“
„Geht es um jüngere Kinder, arrangiere ich anfangs ein Treffen nur mit den Eltern. Im besten Fall kann man in diesem sogenannten ,Hilfeplangespräch’ schon erkennen, wo die Probleme innerhalb der Familie liegen. Später folgen dann Termine gemeinsam mit dem Kind, später auch allein mit dem Kind, das in vielen Fällen aufgrund körperlicher, seelischer oder sexueller Gewalt traumatisiert ist.“
Frau Fischer überlegt einen Moment, sucht nach den richtigen Worten. „Wir müssen herausfinden, wie die Familie, in der ein Kind misshandelt wird oder verwahrlost aufwächst, funktioniert. Oder auch nicht. Wir sind Forscher.“
Schutzraum für Kinder
Eines sei ihr ganz wichtig, unterstreicht die Expertin: „Wir sagen dem Kind, das uns gegenübersitzt, klar, wer wir sind und was wir wollen. Nämlich dem Kind einen Schutzraum bieten, in dem es Vertrauen fassen kann. Wir manipulieren das Kind nicht, vermitteln ihm aber das Gefühl, ,Du bist nicht allein. Auch andere Kinder erleben so Schreckliches wie du. Aber alles kannst du mit uns besprechen’.“
Die Hilfe, die die Jungen und Mädchen, die vom Jugendamt zur Kinderschutzambulanz vermittelt werden, erhalten, ist endlich, begrenzt auf meist maximal ein halbes Jahr.
Kinder erleben Loyalitätskonflikt
In Extremfällen werden die Kinder aus den gewalttätigen Familien herausgenommen, werden stationär z.B. im Kinderheim Weißenstein oder in speziellen Wohngruppen untergebracht. „Häufig hilft es aber schon, wenn Sozialarbeiter die Familie über einen längeren Zeitraum zu Hause betreuen und das Kind therapeutische Hilfe bekommt.“
Was Monika Fischer besonders betroffen macht? „Viele Kinder befinden sich in einer Atmosphäre der Hilflosigkeit und in einem Loyalitätskonflikt. Denn trotz allem lieben die Kinder ihre Eltern ja, sind abhängig von ihnen und schützen sie daher vor Fremden wie uns.“ Doch im Laufe der hochsensibel geführten Gespräche öffnen sich die meisten Kinder, geben ihre oftmals totale Überforderung mit der Situation zu. Fischer: „Manche Kinder müssen sehr früh den Haushalt allein schmeißen und immens viel Verantwortung tragen, da ihre Eltern psychisch krank sind.“
Schlagendes Milieu
Wie sich die Fälle gleichen? „Meistens geht die Gewalt von der Familie selbst, oftmals von beiden Elternteilen gleichermaßen aus. Wir sprechen von einem ,schlagenden Milieu’ – die Eltern sind in ihrer Kindheit vermutlich selbst verprügelt worden und sind heute mit der Erziehung ihrer eigenen Kinder total überfordert. Häufig spielen auch Alkohol und Arbeitslosigkeit eine Rolle.“
Bei Jugendlichen sind die Probleme oft besonders vielschichtig, weiß Monika Fischer. „Sie leiden vielleicht schon viele Jahre, haben gegen die Schwierigkeiten der Pubertät anzukämpfen und tragen gleichzeitig viele Steine der Vergangenheit in ihrem Rucksack. Wie soll sich ein missbrauchtes Mädchen einem Jungen gegenüber unverkrampft öffnen, wie einen Beruf erlernen und verantwortungsbewusst ins eigene Leben starten?“
Wir benötigen die finanzielle Unterstützung unserer Leser, damit die Kinderschutzambulanz ihr Hilfsangebot ausweiten kann.