Hagen. . Weil Oberbürgermeister Dehm (CDU) seinen ersten Beigeordneten Dr. Christian Schmidt mit einem Beratervertrag an der Nebentätigkeitsverordnung des Landes vorbei ausstattet hatte, trat die Staatsanwaltschaft auf den Plan. Zahlt der OB eine Geldauflage in Höhe von 20.000 Euro, werden die Ermittlungen eingestellt. Konsequenz: Er tritt schon zur Kommunalwahl im Mai 2014 ab.

„Über einen exklusiven Beratervertrag mit der Hagen-Agentur hat der Erste Beigeordnete der Stadt Hagen, Dr. Christian Schmidt, sein Jahressalär von gut 100.000 Euro zweimal um 18.500 Euro aufgestockt.“

Mit diesem Satz aus der Pfingstausgabe 2012 dieser Zeitung kam eine der größten Politik-Affären in der jüngeren Hagen Stadtgeschichte ins Rollen, die jetzt mit einer fünfstelligen Geldauflage für den amtierenden Oberbürgermeister Jörg Dehm und seinem frühzeitigen Rückzug aus dem Amt endet.

An Nebentätigkeitsverordnung vorbei

Die Nr. 1 der Nothaushaltskommune Hagen hatte der Nr. 2 ohne vertragliche Notwendigkeit eine namhafte Abfindung an der NRW-Nebentätigkeitsverordnung vorbei zukommen lassen. Ein Vorgang, den der Verwaltungschef zunächst mit dem eher flapsigen Hinweis „Die Verwaltung handelt immer rechtmäßig“ zu verniedlichen versuchte.

Eine Nebelkerze, die bei den Ermittlungsbehörden so gar nicht zündete: Vielmehr leitete die Staatsanwaltschaft angesichts der Zeitungsberichterstattung prompt ein Ermittlungsverfahren rund um die Causa Dehm/Schmidt ein, in dessen Verlauf es auch zu polizeilichen Durchsuchungen im Hagener Rathaus sowie in den Privatwohnungen von Dehm und Schmidt kam. Außerdem wurde das Ermittlungsverfahren später auf Hagen-Agentur-Geschäftsführer Gerhard Schießer ausgeweitet, der das entscheidende Vertragswerk unterzeichnet hatte.

Ein grandioses Eigentor

Parallel beauftragte der Verwaltungschef, in Personalunion auch Aufsichtsratsvorsitzender der Hagen-Agentur, höchstselbst das städtische Rechnungsprüfungsamt (RPA), um die Rechtmäßigkeit des Beratervertrages feststellen zu lassen. In der Rückbetrachtung ein grandioses Eigentor.

Denn im September 2012 musste Dehm bei der Vorlage des 25-seitigen Rechnungsprüfungsamtberichts einräumen, dass der Beratervertrag unrechtmäßig war: „Ich habe einen Fehler gemacht, für den ich mich bei den Bürgern entschuldigen möchte“, diktierte der OB der Presse seinerzeit in die Blöcke.

Zehn Jahre lang hatte Dezernent Schmidt als Geschäftsführer die Geschicke der Wirtschaftsförderung geleitet, bis in der Ägide Dehm die Gesellschaft 2011 in der neu gegründeten Hagen-Agentur aufging und damit der Schmidt-Job obsolet wurde. Eine Absetzung, für die der Erste Beigeordnete eine adäquate Entschädigung oder Abfindung erwartete. Immerhin hatte ihm der Wirtschaftsförderer-Job einen jährlichen Zusatzverdienst von 6000 Euro plus 5300 Euro Auslagenpauschale beschert, über die jedoch keinerlei Nachweise zu führen waren. Daraufhin vereinbarten Dehm und Schmidt für die Fortführung zweier EU-Projekte ein Pauschalhonorar von 37.000 Euro (Tagessatz: 1200 Euro), um einen finanziellen Ausgleich zu schaffen. Ein Vorgang, der am Aufsichtsrat der Hagen-Agentur offenkundig vorbeiging – zumindest schweigen dazu die Gremien-Protokolle.

Zweifelhafter Anspruch

Darüber hinaus hatte Dehm verfügt, dass sein Stellvertreter – im Widerspruch zu den gesetzlichen Regelungen der NRW-Nebentätigkeitsverordnung – seine Extra-Bezüge jenseits des 6000-Euro-Freibetrags nicht an die Stadtkasse abführen müsse. Eine Sonderregelung, die nur der Innenminister hätte treffen dürfen. Inzwischen hat Schmidt den Betrag an die Stadtkasse überwiesen.

Insgesamt, so das Rechnungsprüfungsamt, bleibe der Abfindungsanspruch des Ex-Wirtschaftsförderung-Geschäftsführers höchst zweifelhaft. „Herr Dr. Schmidt machte geltend, dass für die zukünftig entfallenden Nebeneinkünfte vor dem Hintergrund eines unbefristeten und ungekündigten Dienstvertrages ein angemessener Ausgleich gefunden werden muss“, beschrieb Dehm seinerzeit den Diskussionsstand. Dies gelte grundsätzlich jedoch nicht für GmbH-Geschäftsführer, so das RPA. Zumal der Schmidt’sche Geschäftsführervertrag ausdrücklich auch eine Abberufung ohne Abfindungsanspruch vorsah. Damit blieb die geleistete Zahlung eine reine Goodwill-Aktion des OB. Ebenso die Höhe des Betrages: Legt man die in der Personalwirtschaft üblichen Regeln zugrunde – 50 Prozent eines Monatsgehalts multipliziert mit den Dienstjahren – hätte Schmidt lediglich etwa 5000 Euro erhalten dürfen. Er kassierte jedoch mehr als das Siebenfache.