Hagen. . Hagen erstellt einen Masterplan mit fünf Leitsätzen. Die Bürger sollen beteiligt werden.
Seit dem 1. Oktober 2012 – also seit einem knappen Jahr – ist Thomas Huyeng Kulturdezernent der Stadt Hagen. In einem Vorgespräch mit unserer Zeitung im August letzten Jahres erläuterte der studierte Arbeitsrechtler, worin er seine Aufgabe als Kulturdezernent sieht: „Ich will für Hagen einen Kulturmasterplan mit fünf Leitsätzen für die nächsten fünf Jahre aufstellen“, verkündete Huyeng damals. Bis heute scheint nicht viel passiert zu sein.
Nun gibt es allerdings einen „sanften Stups“ vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), der die Aufstellung von Kulturentwicklungsplänen (Masterplänen) in einem klar umrissenen Bürgerbeteiligungs-Verfahren fördert.
LWL fördert Masterpläne
Zum Hintergrund: Der LWL unterstützt neun Kommunen und kommunale Verbände beim Aufstellen eines Kulturentwicklungsplans. Hagen ist in dieser Runde die einzige kreisfreie Stadt und die Stadt mit dem höchsten Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in NRW (37 Prozent, Tendenz steigend). „Außerdem sind wir die einzige unter den neun Kommunen, die ein Stadttheater unterhält, ein Kunstquartier hat und mit einer solchen Kulturlandschaft aufwartet“, macht Huyeng auf Hagens Besonderheiten aufmerksam. Die neun Referenz-Kommunen erhalten vom LWL keine direkte Finanzspritze, vielmehr trägt der Landschaftsverband die Kosten für die Moderation und die Beratung im Rahmen des Projektes „Kultur in Westfalen“ .
Den Auftakt gab’s jüngst bei der Westfälischen Kulturkonferenz in Emsdetten, geleitet von Reinhart Richter vom gleichnamigen Beratungsbüro in Osnabrück.
Richter, ehemaliger Kulturamtsleiter der Stadt Osnabrück, wird nun auch Kultur-Akteure in Hagen an einen Tisch bringen und in Sachen Masterplan mit dem Schwerpunkt Inter-Kultur beraten.
„Es geht darum, Prioritäten zu setzen. Vor dem Hintergrund der Fragen ,Was ist für eine Stadt gesellschaftlich wichtig?’ und ,Was kann oder will sich eine Stadt mit schrumpfender Einwohnerzahl leisten?’ muss man sich überlegen, wie Ressourcen künftig eingesetzt werden“, so Huyeng.
Steigender Migrantenanteil
Hagen hat derzeit etwa 186.200 Einwohner, für das Jahr 2025 werden nur noch ca. 160.000 Einwohner prognostiziert. „Und wir werden immer bunter“, spielt er auf den steigenden Migrantenanteil an.
Casus knacksus: Kulturzentren wie Pelmke oder Allerwelthaus erreichen diese besagte bunte Gesellschaft, stehen aber dennoch unter Sparzwang. „Ich halte Kulturzentren für sehr wichtig, dennoch muss die Frage gestellt werden, ob alles so bleiben kann wie in den 80er Jahren, als sie gegründet wurden. Kulturzentren könnten sich – ob in räumlicher oder personeller Sicht – zusammenschließen“, gibt der Kulturdezernent zu bedenken.
Muschelsalat tolle Sache, aber . . .
Die beliebte Sommerkulturreihe „Muschelsalat“, die seit 27 Jahren bei freiem Eintritt veranstaltet wird, bezeichnet Huyeng als „tolle Sache, die ich auch weiter unterstützen werde“. Fügt dann jedoch an: „Aber können wir uns solche Strukturen noch leisten? Müssen es denn gleich neun Events sein? Könnte man nicht drei Veranstaltungen in aufeinanderfolgenden Tagen planen? Das würde geringere Aufbaukosten bedeuten.“ Er will mit den engagierten „Muschelsalatrettern“ weitere Gespräche führen. . .
Dass die Stimmung unter den Mitarbeitern im gesamten Kulturbereich schlecht sei, sieht der 52-Jährige als Gerücht an, „vielleicht bei ein oder zwei Personen. Die Kulturverwaltung ist neu strukturiert worden, da herrscht immer Skepsis“.
Solitäres Handeln bringt nichts
Im Bereich Kunstquartier sieht er ein erhebliches Entwicklungspotenzial. „Solitäres Handeln bringt nichts. Marketing und Programmentwicklung sollten gemeinsam erfolgen.“ Außerdem sollte man zusätzliche Angebote schaffen, um mehr Besucher anzusprechen. „Wie wäre es zum Beispiel, Museumsführungen für Gehörlose in Gebärdensprache anzubieten?“, fragt Huyeng. „Oder Ausstellungen im Ausländeramt.“
Auch für das Stadttheater müsste es Ziel sein, neue Zuschauer anzusprechen. „Man könnte eine Opernaufführung für Gehörlose interessant machen, in dem man große Übertitel über der Bühne zeigt. Und sehbehinderte oder blinde Besucher, die zwar der Musik lauschen, doch das Spiel auf der Bühne nicht verfolgen können, könnten durch in Blindenschrift gedruckte Programme einer Inszenierung folgen.“
Auf jeden Fall müssten sich Museen wie Theater an der bunter werdenden Gesellschaft orientieren.
Im Masterplan sollen sich klassische Kulturangebote, die freie Kulturszene, alle interessierten Kulturschaffenden sowie gelebte Stadtteil-Kultur wiederfinden.
Kulturausschuss wird informiert
Am 19. September will Huyeng im Kulturausschuss über den partizipativ zu entwickelnden Masterplan detailliert informieren, im Frühjahr 2014 könnte die Politik dann die fünf formulierten Zielsätze beschließen.
Huyeng: „Der erste Satz könnte lauten: ,Die Teilhabe an der Kultur soll gefördert werden’. Postuliert werden könnte auch der Satz ,Zugangshürden zu Kultur sollen abgebaut und neue Angebote geschaffen werden’.“