Hagen. . 34 Jahre nach der Tat hat Dieter F. überraschend eine Geständnis vor dem Schwurgericht Hagen abgelegt. Der heute 69-Jährige gab zu, Brundhilde “Bruni“ Entz auf bestialische Art umgebracht zu haben.

Es war ein bizarrer, zeitweise sogar völlig wirrer Monolog. 79 quälend-lange Minuten sprudelte es gestern vor dem Schwurgericht aus Häkelmützen-Mann Dieter F. (69) heraus. Der mutmaßliche Mörder von Brunhilde Entz brach sein beharrliches Schweigen, schilderte erstmals Einzelheiten der grausigen Tat und legte ein öffentliches Geständnis ab.

Angeklagter zeigt sich aufgewühlt und mitteilsam

Das Protokoll. „Alles, was geschehen ist, ist geschehen. Ich muss es tragen.“ Um 14.41 Uhr zeigte sich Angeklagter Dieter Karl F. im Mordprozess Entz sichtlich aufgewühlt und mitteilsam. Kurz zuvor hatte eine Frau zitternd den Zeugenstand verlassen, die 1978 ein knappes Jahr lang seine Lebensgefährtin gewesen war. In dieser kurzen Zeit entkam Ursula W. (59) offenbar mehrfach nur knapp dem Tod.

Bis heute befindet sich die ehemalige Geliebte, die sich regelrecht in den Gerichtssaal schleppte, immer noch in psychiatrischer Behandlung. Es quälte sie, ihrem Peiniger gegenübersitzen zu müssen. Der Angeklagte hatte sie damals vergewaltigt, schwer misshandelt und wollte sie sogar umbringen. So wie er es dann wenige Monate später mit einer anderen Freundin machte, die er brutal zerstückelte. Und so, wie es später dann auch der 18-jährigen Brunhilde Entz erging, die regelrecht gepfählt wurde.

„Ich bin seitdem der lebendige Komatöse“

„Ich bin seitdem der lebendige Komatöse“, tönte es aus der Anklagebank. Scheinbar klang Mitgefühl bei Dieter F. durch: „Und deshalb hätte ich es am liebsten, wenn hier alles so schnell wie möglich vorbei wäre und die Frauen, die sowieso schon traumatisiert sind, nicht als Zeuginnen hergeschleppt würden.“

Einen Atemzug später entblößte sich der Angeklagte dann wieder selbst. Es ist für ihn schlicht unerträglich, mit der eigenen Vergangenheit konfrontiert zu werden: „Ich hab’ jetzt 48 Jahre Knast auf dem Buckel, es belastet mich sehr.“

Richterin unterbricht den Redeschwall nur selten 

Zunächst dann dieses zaghafte Geständnis: „Es könnte sein, dass ich das gewesen bin. Ich habe keine Bilder, war sturzbesoffen. Denn ich war ein Komasäufer zu diesem Zeitpunkt. Wie ein Roboter, wie eine Maschine.“

Richterin Heike Hartmann-Garschagen unterbrach nur sehr selten den Redeschwall. Dieter Karl F. konnte keinen Sachverhalt wirklich zu Ende erzählen, er verhedderte sich auf zig Nebengleisen, kam vom Kleinen ins Allerkleinste. Und wich sofort aus, wenn es um den Ablauf in der Tatnacht geht. Er flehte: „Man möge mich nicht mehr geißeln mit dem von damals.“

Angeklagter hat kaum noch Erinnerungen

15.19 Uhr. „Ich habe habe keine Bilder, bis heute keine Bilder.“ Das wiederholte der Mann mit der Strickmütze, die er inzwischen auch während der Verhandlung aufbehalten darf, fast gebetsmühlenartig. „Nur, dass es eine bergige Straße war, dass blieb mir in Erinnerung. Ich habe kein eigentliches Tatwissen, bis auf die Anklageschrift und diese Veranstaltung hier.“ Er betonte nochmals: „Das quält mich hier.“

15.34 Uhr. Er: „Ich war wie ein Roboter, war frustriert unterwegs. In dieser Nacht, da war ein Zerstörer unterwegs.“ Die Richterin hakte nach: „Was passierte genau, als Sie der jungen Frau gegen 2 Uhr morgens begegneten?“ „Sie hat gesagt: Macker verschwind’. Da war meine Hand, wie eine Kralle. Das war’s.“ Der Angeklagte wurde weinerlich. „Sorry“ (Pause). „Sorry“, (lange Pause). „Tut mir leid.“ Er schluckte. „Ich fühl’ mich nicht schuldig, aber ich schäme mich sehr.“

Im Gefängnis ein gläubiger Mensch geworden

15.41 Uhr: „Ich weiß nur, als sie sagte, ,verschwinde’, da war meine Hand an ihrer Kehle. Die Hand war wie eine Kralle. Hätte ich ein Beil dabei gehabt, wäre sie (gemeint ist Brunhilde Entz) in tausend Fetzen gewesen! Alles nur Zerstörung! Brrrr, brrrr, brrrr!“ – „Ich war wie eine Maschine. Auf einmal war meine Kralle da.“ Über Brunhilde Entz: „Sie ist direkt zusammengebrochen.“

Er sagte: „Ich bin im Gefängnis ein anderer, ein gläubiger Mensch geworden. 34 Jahre lang habe ich um Vergebung gesucht.“

Stille im Saal. Vorsitzende Richterin Hartmann-Garschagen versuchte weiter zu bohren: „Wie entstanden die schweren Verletzungen im Vaginalbereich?“

Dieter Karl F. wich aus, sprach über sich wie von einer anderen Person: „Fragen Sie mich nicht nach diesem unnormalen Menschen.“

15.49 Uhr. Der Angeklagte gestikulierte wild: „Ich halte das Thema nicht mehr aus, ich mache jetzt Schluss.“