Vorhalle. . Suchtpatienten aus der Vorhaller AWo-Fachklinik nahmen an einem Theaterprojekt in Italien teil.

Eine Rolle spielen. Immer so tun, als ob. Das war gar nicht. Vielmehr haben sie ihr bisheriges Leben gespielt. Das drehte sich vor allem um eins: Drogen. Alkohol, Cannabis, was Härteres. Damit soll es vorbei sein. Sie wollen es schaffen. Drei Tage haben dazu entscheidend beigetragen. Drei Tage, an denen Patienten des Therapiezentrums Vorhalle an einem Theaterworkshop in Italien teilgenommen haben – als Teil der Therapie gegen den Rückfall in die Sucht.

Für Thomas (Name geändert) war es nicht die Rolle seines Lebens, aber die Rolle, die sein Leben verändert hat. Thomas ist 36. Seit drei Monaten ist er in der Einrichtung an der Vorhaller Straße. Den harten Entzug hat er hinter sich. Bei dem Theaterseminar hat Thomas ihn erneut durchlebt. „Das hat körperlich weh getan.“ Aber geholfen, sich an den Tag zu erinnern, an dem Thomas sich entschieden hat, aufzuhören mit den Drogen. „Ich konnte mich nicht mehr im Spiegel ansehen.“ Die Erkenntnis – und dann der Ruf nach Hilfe.

"Ich" mit Hilfe von Drogen aufpoliert

Auf der Bühne, da in Italien, hat Thomas um Hilfe geschrien. „Ich hab mich erst ganz schön geschämt vor allen.“ Dann hat er sich getraut, ist über seinen Schatten gesprungen. „Seitdem habe ich vielmehr Selbstwertgefühl“, erzählt Thomas. Früher hat der 36-Jährige sein Ich mit Hilfe von Drogen aufpoliert.

Wendepunkte, Grenzüberschreitungen – das waren Themen des theaterpädagogischen Seminars, zu dem drogentherapeutische Einrichtungen aus ganz Europa gekommen waren. „Das Projekt hat mehrere Dimensionen: Die Patienten mussten ihre eigenen Grenzen überschreiten, Ländergrenzen, Kulturgrenzen und auch organisatorische“, beschreibt Marion Wassermann, beim AWo-Unterbezirk Hagen-Märkischer Kreis zuständig für ein europäisches Netzwerk therapeutischer Einrichtungen. Für die Hagener war es die erste Erfahrung mit einem Therapieprojekt auf europäischer Ebene.

Inge Liefke hat die insgesamt vier Patienten aus Vorhalle als Therapeutin zu dem mehrtägigen Workshop in der Nähe von Venedig begleitet. „Vor allem ging es darum, verschiedene Emotionen auszudrücken, sich darzustellen und in einer Gruppe zu präsentieren“, erzählt Liefke rückblickend.

Am Ende der drei Tage stand eine szenische Aufführung mit Pantomime, Tanz und Schauspiel. Jede Gruppe, in die die insgesamt 60 Teilnehmer aus verschiedenen europäischen Ländern steckten, musste nacheinander auf die Bühne. Am Ende standen alle oben, tanzten. Dafür hatte die Gruppe von Susanne (Name geändert) gesorgt. Anfangs waren sie Steine – unbewegte Materie –, dann wurden sie zu Bäumen. Lebendig. Susanne hat früher Ballett getanzt. Das Seminar hat sie an die damalige Erfahrung zurückgeführt. In die Zeit ohne Drogen.