Hagen. . Schauspieler Sabin Tambrea spielt Ludwig II. in dem neuen Kinofilm, der am zweiten Weihnachtsfeiertag anläuft. Der 28-Jährige hat als Jugendlicher im Hagener Jugendtheater Lutz gespielt und kämpft jetzt für den Erhalt des Hagener Theaters. “Ich werde Hagen immer dankbar sein“, sagt er im Interview.

In der Filmgeschichte passiert es außerordentlich selten, dass in einer monumentalen Kinoproduktion mit zahlreichen berühmten Darstellern ausgerechnet ein Debütant die Hauptrolle übertragen bekommt. Der Hagener Schauspieler Sabin Tambrea hat das geschafft. Er spielt den König Ludwig II. in dem gleichnamigen Leinwand-Epos, das am 2. Weihnachtstag anläuft. Im Interview erzählt der 28-Jährige von seinen Erfahrungen bei den Dreharbeiten und von seinen Wurzeln im Hagener Jugendtheater Lutz.

Der Märchenkönig ist kein einfacher Charakter, und es haben schon mehrere versucht, ihm ein Gesicht zu geben. War es für Sie schwierig, Ihre eigene Interpretation zu finden?

Sabin Tambrea: Ludwig II. ist eine Figur, die viel Freiraum zur Interpretation bietet. Wenn man in Bayern beliebige Menschen fragt, hat jeder ein eigenes Bild von Ludwig, und das ist unumstößlich wahr und steht für sich. Das ist auch die große Herausforderung an Ludwig, dass er so universell ist, dass er jedem Menschen ein eigenes Bild ermöglicht. Für mich war die Frage, wie kann ich alle diese Bilder bedienen und gleichzeitig neue Facetten zeigen und die Menschen doch noch überraschen. Und da habe ich einfach mein Herz geöffnet und geschaut, was bei den Dreharbeiten passiert.

Wagner-Opern spielen eine große Rolle für Ludwig. Haben Sie Wagner-Musik schon früher gekannt?

Tambrea: Ich war ja im Kinderchor des Hagener Theaters, mit 12 Jahren habe ich dort zum ersten Mal auf der Bühne gestanden, und ich habe eigentlich jeden Abend meiner Jugend im Theater verbracht. „Tristan“ und „Lohengrin“ kannte ich daher zum Glück. Das hat es mir sehr leicht gemacht, denn sich mit Wagner zu befassen, ist durchaus zeitintensiv.

Der junge Ludwig ist ein virtuoser Reiter. Hatten Sie vorher schon einmal auf einem Pferd gesessen?

Tambrea: Also, ich konnte überhaupt nicht reiten und hatte mein Pferd die ersten Wochen öfter von unten als von oben gesehen. Deshalb habe ich eine Reitlehrerin engagiert, die äußerst ehrgeizig war, und ich habe vier Monate lang vier Mal die Woche vier Stunden lang Reitunterricht gehabt

Sie beugen sich im Galopp vom Pferderücken. Das sieht gefährlich aus.

Tambrea: Wenn ich die Szene jetzt betrachte, wird mir auch mulmig dabei, aber in dem Moment habe ich einfach entschieden: Ludwig konnte reiten, also kann ich es auch.

Der Ludwig ist Ihre erste große Filmrolle. Was ist das für ein Gefühl?

Tambrea: Ich kann mich immer nur zwicken und an die Zeit zurückdenken, wo ich im Hagener Kinder- und Jugendtheater selbst noch die Stuhlreihen mit aufgebaut habe. Und das ist ein Gefühl großer Dankbarkeit, das ich allen Personen gegenüber empfinde, die mir auf diesem Weg geholfen haben. Dazu gehören Werner Hahn, der Gründer und Leiter des Lutz, und der Dramatiker Lutz Hübner, nach dem es benannt ist. Ja, ich bin sehr glücklich darüber, wie es gerade läuft, ich weiß, dass es nicht selbstverständlich ist, als Schauspieler so schöne Rollen angeboten zu bekommen.

Was hat Werner Hahn Ihnen beigebracht?

Tambrea: Werner Hahn hat mir gezeigt, was Schauspielerei bedeuten kann, und alles, was ich über Theater wusste, bevor ich nach Berlin zur Schauspielschule ging, hat er mir beigebracht. Werner ist für Hagen eine unbezahlbar wichtige Persönlichkeit, weil er wie Ludwig an die Kunst glaubt und daran, dass man eine Gesellschaft durch Kunst edler machen kann.

Viele, die Ihren Weg gegangen sind, kennen alte Freunde nicht mehr.

Tambrea: Das auf keinen Fall! Ich werde Hagen immer dankbar sein für diesen Weg, weil ich ohne Hagen nicht zur Schauspielerei gekommen wäre. Gerade beobachte ich mit Schrecken, was in Hagen passiert mit den Kürzungen am Theater. Und ehrlich gesagt, schäme ich mich für diese Unverschämtheit, überhaupt den Gedanken zu formulieren, dass man Kunst ausradieren kann. In meinen Augen wird unsere Gesellschaft diese Einsparungen auf lange Sicht mit dem Verlust der eigenen Identität bezahlen, denn eine Gesellschaft ohne Kunst ist wie ein lethargischer Zustand ohne Vergangenheit und Zukunft.

Gerade Hagen hat sein Theater nötiger als andere, weil es mehr Probleme mit seiner Identität hat, oder?

Tambrea: Ja. Gerade eine Stadt wie Hagen braucht diesen Spiegel der Kunst, um sich bei ihren gesellschaftlichen Entwicklungen selbst zu reflektieren. Sie ist notwendig, um eine Verbindung zwischen scheinbar zusammenhanglosen Bevölkerungsgruppen zu ziehen. Wir alle sind Hagen, egal wo die einzelnen Mosaiksteine herkommen, gemeinsam ergeben wir doch ein Bild, und dieses Bild zeichnet uns die Kunst. Ich werde mein Bestes dazu tun. Ich weiß nicht, was Ludwig verursachen wird, vielleicht wird mein Name irgendwann für etwas stehen, und ich würde das gerne wieder in Hagen einsetzen und mit Werner Hahn wieder zusammen arbeiten. Und es wäre mein Wunsch, nicht zuzulassen, dass in Hagen auf Kultur verzichtet wird.

Sie wurden im zweiten Studienjahr an das Berliner Ensemble verpflichtet. Wie sehen Sie den Unterschied zwischen Film und Theater?

Tambrea: Beim Theater nimmt man Anlauf und bestreitet einen ganzen Abend und entscheidet jeden Abend aufs Neue, wohin die Reise geht. Das kann sehr unterschiedlich ausfallen. Beim Film arbeitet man portioniert, manchmal hat man einen ganzen Tag für eine Minute Film. Das ist ein großer Luxus, weil man einmalige Momente festhalten kann. Beim Theater ist mal diese Szene besonders stark oder diese besonders schwach, es lebt einfach. Film bleibt für die Ewigkeit.

Wo möchten Sie in Zukunft hin?

Tambrea: Ich bin ein Schauspieler, der die Herausforderung sucht, und ich möchte möglichst viele Rollen angeboten bekommen, die mir eigentlich niemand zutraut, egal, ob in einem Kinofilm oder einem Studentenfilm oder auf der Theaterbühne. Ich kann das nicht festmachen an einem Rollenfach, ich will einfach gefordert werden.

Sabin Tambrea ist Stargast bei der Vorpremiere von „Ludwig II.“ am 21. 12. um 19 Uhr im Cinestar Hagen.