Hagen. . Mit rund 21 Millionen Euro stehen die Bürger bei der Stadt Hagen in der Kreide. Dabei ist die Gewerbesteuer der größte Posten. Doch Hagens Kämmerer Christoph Gerbersmann betont: “Es handelt sich dabei nicht nur um böswillige Schuldner.“
Im richtigen Leben ist es wie in der Kneipe: Manche zahlen ihren Deckel nicht. Und im Laufe der Zeit kann dabei ein erkleckliches Sümmchen zusammenkommen. So im Falle der Stadt Hagen, deren Forderungen zwar nur einen Bruchteil der eigenen Schulden ausmachen, sich aber dennoch sehen lassen können: Mit über 21 Millionen Euro stehen die Bürger bei der Stadt in der Kreide.
„Es ist sicherlich unangenehm, dass es eine so hohe Summe ist“, sagt Hagens Kämmerer Christoph Gerbersmann, „aber es handelt sich dabei keineswegs nur um böswillige Schuldner.“ So setzte sich der größte Posten der Außenstände, die noch zu zahlenden Gewerbesteuern, keineswegs nur aus laufenden Zahlungen zusammen. Vielmehr handele es sich vielfach um Prüfungen des Finanzamtes, das nach mehreren Jahren feststellt, dass eine Firma seinerzeit nicht genug Steuern bezahlt hat.
Das Geld möchte die Stadt verständlicherweise gern bekommen, doch nicht selten tut sich ein Problem auf: Die Beiträge sind so hoch, dass die Unternehmen diese zumindest nicht sofort zahlen können. In solchen Fällen, so der Kämmerer, könne man sich auf eine Ratenzahlung einigen: „Denn es macht keinen Sinn, ein Unternehmen in die Insolvenz zu treiben, das ansonsten überleben würde.“
„Es gibt auch hoffnungslose Fälle“
In der Statistik tauchen zudem Beträge auf, um die noch juristisch gestritten wird. Akzeptiert jemand beispielsweise die Höhe der Erschließungsbeitäge nicht, wird die Zahlung bis zur Klärung des Falls zurückgestellt. „Denn es kann ja nicht sein, dass wir das Geld eintreiben, der Bürger danach pleite ist und sich zwei Jahre später herausstellt, dass er doch im Recht war“, so der Kämmerer.
Die Forderungen im Detail
Die Forderungen
der Stadt Hagen beliefen sich am 30. Juni 2012 auf 21 379 835,79 €. Diese Summe setzt sich aus folgenden Einzelposten zusammen:
Rettungsdienst
Krankentransport: 298 207,91 €
Feuerwehr: 28 668,15 €
Abschleppmaßnahmen 7 784,66 €
Abgaben / Steuern
Grundbesitzabgaben 2 235 208,72 €
Gewerbesteuer
10 875 864,07 €
Vergnügungssteuer
719 401,95 €
Hundesteuer: 295 604,20 €
Bußgelder
Straßenverkehr: 848 582,62 €
Sonstige: 549 872,27 €
Erschließungsbeiträge 566 737,92 €
Elternbeiträge
Kitas: 2 142 798,72 €
OGS: 473 288,78 €
Unterhaltsvorschuss
Kindesunterhalt: 1 916 573,16 €
Sonst. Unterhalt: 421 242,66 €
Nun setzen sich besagte 21 Millionen aber nicht nur aus Ratenzahlungen oder rechtlich ungeklärten Summen zusammen. „Natürlich gibt es auch massive Steuerhinterziehungen und hoffnungslose Fälle, in denen wir dem Geld fünf Jahre vergeblich hinterherrennen“, weiß Gerbersmann. Die Schuldner tauchen kurzerhand ab und sind nicht mehr aufzufinden.
Stadt Hagen geht in Vorleistung
Häufig komme das bei von Unterhaltszahlungen vor: „Es gibt welche, die wollen einfach nicht zahlen. Aber wir können die Kinder ja nicht verhungern lassen.“ Deshalb müsse die Stadt hier ebenso wie bei Kita-Beiträgen in Vorleistung gehen. Und auch in anderen Fällen zahlt zunächst die Kommune, obwohl eigentlich ein anderer blechen müsste. So bei den einsturzgefährdeten Häusern an der Wehringhauser Straße: Bevor Mauern des maroden Gebäudes Fußgänger unter sich begraben konnten, finanzierte die Stadt den Abriss. „Wir sind dazu verpflichtet“, erläutert Gerbersmann. Ärgerlich nur, wenn beim Besitzer nichts zu holen ist: „Das Geld sehen wir wahrscheinlich nie wieder.“
Nichtsdestotrotz erhält der säumige Schuldner zunächst Mahnungen, ehe ihm eine Vollstreckungsvorankündigung ins Haus flattert. Folgt auch darauf keine Reaktion, stehen eines Tages die städtischen Vollstreckungsbeamten vor der Tür. Die dürfen zwar genau wie Gerichtsvollzieher pfänden, doch vielfach sei einfach nichts zu holen: „Man kann den Leuten ja nicht die Möbel unterm Hintern wegnehmen.“ Zumal es nicht selten mehrere Gläubiger gebe: „Dann müssen wir uns im Regelfall einreihen.“
Das alles hört sich beinahe so an, als ob die Zahlungsmoral der Hagener katastrophal wäre. Doch so ist es laut Gerbersmann nicht. „Natürlich gucken wir manchmal in die Röhre. Aber in den meisten Fällen wird bezahlt.“