Altenhagen.
Dilara Beydogan trägt Europa im Portemonnaie. Ihr Europa steckt nicht im Geldfach. Die 16-Jährige trägt Fotos von Freunden aus Russland und der Türkei mit sich herum. „Es ist toll, Kontakte und Freunde in anderen Ländern zu haben“, meint die zierliche Hagenerin. Sie halten seit Jahren Kontakt, auch wenn sie sich nicht regelmäßig sehen können. Das Internet kennt keine Ländergrenzen. „Wir chatten“, erzählt Dilara.
Die Beziehungen sind entstanden, als Dilara Beydogan 2009 das erste Mal bei einem internationalen Workcamp mitmachte und dabei Jugendliche aus Russland und der Türkei kennenlernte. Sie haben zusammengearbeitet, gegessen, Ausflüge unternommen, sich dabei auf Englisch oder mit Händen und Füßen verständigt – und sich angefreundet. Dilara selbst ist türkischstämmig. Wie viele, die ins Friedenshaus in Altenhagen kommen. Hier sind nun für die nächsten drei Wochen junge Menschen aus dem Norden Frankreichs, aus Gravelines, zu Gast. Ebenfalls erwartet werden Jugendliche aus der Türkei.
Gemeinsame Projekte
Drei Nationen treffen in Altenhagen aufeinander. Nicht zum ersten Mal, seit es Ewoca gibt. Ewoca ist ein Förderprogramm für Jugendeinrichtungen aus NRW, das Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf interkulturelle Kontakte ermöglicht. „Das Bildungsbürgertum hat selbstverständlich Kontakte ins Ausland. Diese Jugendlichen nicht unbedingt“, resümiert NRW-Staatssekretär Klaus Schäfer vor Ort in Altenhagen. Die positive Würdigung durchs Ministerium ist überlebenswichtig für das Projekt. Das Land finanziert Ewoca zusammen mit der Privatstiftung Mercator mit bis zu 15.000 Euro pro Jahr und Camp. Die Förderung stand auf der Kippe. „Jugendliche sind die zukünftigen Träger des europäischen Gedankens“, sagt Matthias Tümpel vom Internationalen Bildungs- und Begegnungswerk (IBB) Dortmund. Das IBB berät und unterstützt das Projekt. „Europa muss ein Projekt des Herzens bleiben.“
In Altenhagen soll es dadurch gelingen, dass die Jugendlichen gemeinsam eine Mauer sanieren. Die Mauer umschließt den Falkenhof, ein ehemaliges Lager der Eisenbahnergenossenschaft. Auf der Mauer finden sich bereits Spuren der Arbeit, die das Friedenshaus leistet: Mosaike. Eines zeigt den Bahnhof von Smolensk, Hagens russischer Partnerstadt. Andere Steinchenbilder präsentieren eine Folkloregruppe aus dem Ägäisraum, die in Altenhagen zu Besuch war. Ein weiterer realer Kontakt ins andere Land. „Die Wand trägt Erinnerungen“, sagt Dilara Beydogan. „Jedes Mal kommt eine neue dazu.“ Aber zunächst müssen die Flicken ausgebessert werden. Basisarbeit für die Interkultur.
Außerdem gestalten die Jugendlichen einen Rapraum. Tanzräume sind bereits in der alten Lagerhalle entstanden. Dilara Beydogan leitet in diesem Jahr einen Hiphop-Workshop innerhalb des Ewoca-Projekts. Sie ist (auch) an Ewoca gewachsen.