Hagen/Berlin. . Um ein Zeichen gegen sexuelle Gewalt zu setzen wanderte der Hagener Henryk “Bodie“ Ambrusch von Hagen nach Berlin. Am Ende des 17-tägigen Marsches war der gehbehinderte Künstler begeistert - vor allem von der Freundlichkeit der Menschen.

Henryk „Bodie“ Ambrusch hat sein Ziel erreicht: Der gehbehinderte Künstler beendete am Wochenende seinen 17-tägigen Marsch von Hagen nach Berlin. Der Hasper wollte mit seinem kühnen Vorhaben ein Zeichen gegen sexuelle Gewalt setzen – und sein Plan ging auf. Nach seinem symbolischen Zieleinlauf am Samstag am Brandenburger Tor zog „Bodie“ eine durchweg positive Bilanz: „Auf meinem Weg habe ich nur Freundlichkeit erfahren“.

"Mehr Menschlichkeit kann man nicht erfahren"

So organisierte ihm eine Hagenerin einen Rollstuhl mit Handkurbel-Antrieb. Die bundesweit aktiven „Biker gegen Kinderpornografie und Missbrauch“ (B.A.C.A.A.) sorgten für Schlafmöglichkeiten. Er sprach mit Schulklassen und Passanten, erhielt Ausdauer-Tipps von Marathon-Läufer Achim Heukemes und knüpfte Freundschaften in einem Jugendgästehaus in Sachsen-Anhalt.

„Mehr Menschlichkeit kann man nicht erfahren“, findet Ambrusch, der seine Route in einem Notizbuch dokumentierte. Beamte aus 24 Polizeiwachen von Haspe über Hamm, Bielefeld, Hannover, Magdeburg und Potsdam bescheinigten die einzelnen Stationen seiner 500 Kilometer langen Reise und wünschten ihm Glück. In der Wache Berlin-Moabit schrieben Kollegen am Donnerstag schließlich „Herzlich Willkommen in der Bundeshauptstadt“ ins Reisetagebuch.

Für die Abschaffung der Verjährungsfrist

In vollen Zügen genießen konnte Ambrusch seine Ankunft nicht: „Ich war zu erschöpft, einfach nur fertig.“ Kein Wunder: 401 Kilometer legte der Rheumakranke zu Fuß und in seinem Rollstuhl zurück – trotz schmerzhafter Wetterumschwünge und der sportlichen Belastung. Nur die gefährlichsten Bundesstraßen passierte er im Auto des Fröndenberger Vereins „Kinderschutz O.A.S.E“, das ihn begleitete. Fahrer Norbert Wagner musste „Bodie“ täglich motivieren, die Strapazen fortzusetzen. „In meinem Kopf hörte ich die Schreie der Kinder, das trieb mich an“, erzählte Ambrusch sichtlich bewegt.

Der Demonstrant, der selbst Kindesmissbrauch erlitten hat, geht seit einer Therapie 2007 offensiv mit seinen Erfahrungen um: „Wir sind keine Opfer, die man in eine Ecke stellen kann. Wir sind Betroffene.“ Mit dieser Offenheit brachte der Hagener auf seinem Weg auch viele andere Betroffene zum Sprechen. „Ich kann den Missbrauch nicht rückgängig machen, aber weiteres Leid verhindern“, lautet sein Credo. Daher verbindet er mit seiner außergewöhnlichen Demonstration politische Forderungen: Verjährungsfristen für Kindesmissbrauch sollen abgeschafft werden, Ärzte im Verdachtsfall von der Schweigepflicht befreit und Kinder besser aufgeklärt werden.

Nächstes Jahr nach Brüssel

Diese Ziele teilen Organisationen und Mitstreiter aus Berlin, die Ambrusch bislang nur über Facebook kannte und nun persönlich kennen lernte. Zwei Dutzend Unterstützer empfingen ihn am Samstagmittag in Berlins Mitte. Die „Biker gegen Kindesmissbrauch“ flankierten das Finale mit ihren Motorrädern.

Am Nachmittag fuhr der Künstler zurück nach Haspe – im Auto. Die vielen Begegnungen geben ihm Auftrieb für eine geplante Ausstellung in Hagen. „Und nächstes Jahr gehe ich dann von Hagen nach Brüssel – vor das Europäische Parlament.“