Haspe. . Sie gehen über ihre Grenzen: Vier Künstler aus Hagen werden ab Freitag in der Türkei – inmitten einer sanften Hügelregion, gelegen an einem See, von 200 000 Quadratmeter Naturpark umgeben – arbeiten. Die brodelnde Metropole Istanbul liegt nur 140 Kilometer nordwestlich entfernt. Reichlich Inspiration also für künstlerische Projekte. Mit von der Landpartie nach Sapanca sind Heike Demleitner, Leon Duniec (beide Kooperative K), Nuri Irak und Christine Laprell.
Gemeinsam in die Türkei zu fliegen, war allerdings keine Selbstverständlichkeit. Sie haben sich mit ihren Arbeiten für die international besetzte Künstlerkolonie, die ein Privatmann finanziert, beworben. Ein Wort in der Jury mitgeredet hat Tayfun Belgin, Direktor des Osthaus-Museums Hagen. Belgin sprach Nuri Irak, der wie er in der Türkei geboren und aufgewachsen ist, an. „Das ist ein sehr schönes Projekt und als Museum eine gute Möglichkeit, Hagener Künstler zu fördern.“
Collagenartige Werke
Was das Künstlerquartett in der Türkei erwartet, wissen die vier nicht genau. „Wir sollen uns untereinander austauschen, uns gegenseitig inspirieren“, sagt Christine Laprell. Allerdings sind sie neugierig und haben sie lauter Ideen im Kopf davon, was sie verwirklichen wollen. Christine Laprell knüpft an ihre collageartigen Werke an. In Italien hat sie orangefarbenes Straßenabsperrmaterial gefunden. Fester Kunststoff, ein Meter breit.
„Da sind große ovale Löcher drin“, beschreibt sie, „dahinter will ich winzige Zeichnungen auf Pergamentpapier setzen.“ Ein Wechselspiel zwischen Stabilität und Fragilität – und eine Anspielung auf den Titel der Künstlerkolonie „Orange Blossom“, Orangenblüte. Laprell hat fleißig türkische Vokabeln gelernt und sich von ihren Schülern der Gesamtschule Haspe abhören lassen. „Viele von ihnen haben türkische Wurzeln und freuen sich, dass ihre Lehrerin in die Türkei fährt.“
Reinigung und abstrakte Malerei
Das erfährt auch Heike Demleitner als Dozentin am Rahel-Varnhagen-Kolleg, an dem ebenfalls viele türkischstämmige Schüler sind. Demleitner hat sich das Thema Reinigung vorgenommen und die Serie ihrer Arbeiten auf Seife fortsetzen: Kamasutraszenen auf Seifenstücken. „Das verknüpfe ich mit dem in der türkischen Kultur wichtigen Ritus des Waschens im Hamam.“
Ganz klassisch will sich Nuri Irak, der am Hüttenplatz in Haspe sein Atelier hat, seiner abstrakten Malerei widmen. „Aber ich bin da ganz offen und gucke, was mir begegnet.“
Dem Gastland etwas zurückbringen
Leon Duniec, der zwischen Hagen und den Niederlanden pendelt, möchte dem Gastland etwas zurückbringen. „Die Tulpen kommen ursprünglich aus der Türkei und werden heute als Symbol für die Niederlande angesehen.“ Duniec wird aus der Blüte eine mathematische Form aus Pappe konstruieren. „Tulpenfelder haben eine strenge Struktur – wie die Mathematik.“
Hinter der Idee der Künstlerkolonie, die bereits zum vierten Mal im türkischen Sapanca, steckt ein Mäzen: der Bauunternehmer Ahmet Sahin. Sahin hat den Naturpark, in dem sich die Künstler zum Arbeiten treffen, selbst geschaffen. Ein See, Tiere und Pflanzen sind die Attraktionen – und nun zum vierten Mal für drei Wochen 46 Künstler aus unterschiedlichen Ländern.
Wunschliste für Material
Sahin stellt das Material für die Künstler, die im Vorfeld eine Wunschliste geschrieben haben. Bedingungen, die sie sonst so nicht haben. Alle vier verdienen ihren Lebensunterhalt nicht mit Kunst – noch nicht. . .Nach Abschluss des Camps wird es eine Ausstellung in der Türkei geben. Jeweils eine der dort entstandenen Arbeiten bleibt in der Sahin-Sammlung.