Hagen. . Für das Hagener Debakel bei der Landtagswahl macht die örtliche CDU hausgemachte Gründe aus. Vor allem die Basis hat das Gefühl, durch den Oberbürgermeister von Entscheidungsprozessen abgekoppelt zu sein.

Das Abschneiden der Hagener CDU bei der Landtagswahl am Sonntag als absoluten Tiefpunkt abzuhaken, greift zu kurz: Mit 22,4 Prozent der Stimmen schenkten lediglich 16.614 Hagener der Union ihr Vertrauen. Das schlechteste NRW-Ergebnis aller Zeiten für die Hagener und noch einmal weitere 3,9 Prozent miserabler als das Desaster der Landes-CDU. Nicht einen einzigen der 150 Stimmbezirke konnten die Konservativen für sich entscheiden, dafür rutschten sie in drei Wahllokalen sogar in den einstelligen Bereich ab. Die SPD konnte hingegen mit 44,1 Prozent der Stimmen fast doppelt so viele Menschen für sich gewinnen.

Schlechtes Erscheinungsbild

Bei der Ursachenforschung den Fokus auf den Kandidaten Jörg Klepper zu richten, erscheint verfehlt: Der Vorsitzende der Ortsunion Boelerheide schnitt immerhin sechs Prozent besser ab als seine Partei. Und so blickt die Kreisvorsitzende Carmen Knollmann am Tag danach selbstkritisch auf das Innenleben ihrer Partei: „Wir brauchen vor allem eine neue Kommunikationskultur, bei der die Basis besser in die Entscheidungsfindung eingebunden wird“, fordert sie. Denn das Erscheinungsbild der Hagener CDU „ist momentan sehr schlecht“. An der Basis mehrten sich die Stimmen von Mitgliedern, die sich inhaltlich völlig abgekoppelt fühlten. „Ich habe mit vielen treuen Wählern gesprochen, die aus Enttäuschung über die aktuelle Dissonanzen gar nicht mehr zur Wahl gegangen sind.“

Letztlich spiegelt das Debakel vom Sonntag einen seit Monaten bei der Hagener CDU schwelenden Konflikt wider, der in den Ortsunionen zu wachsendem Frust führt. Längst hat sich bei den Parteimitgliedern der Eindruck verfestigt, dass politische Weichenstellungen vom Verwaltungschef vorgegeben und von der Fraktion kritiklos durchgewunken würden, damit die Basis sie schließlich schweigend abnicke. Wer Diskussionen anzettelt, wird – beispielsweise in Form von zurechtweisenden Telefonaten – sanktioniert. „Doch unsere Mitglieder wollen Ideen mitentwickeln, die Partei will in Entscheidungsfindungsprozesse eingebunden werden“, beschreibt Knollmann die Stimmung. Das Dreigestirn Fraktion, Oberbürgermeister und Partei, so der Appell der Kreisvorsitzenden, müsse wieder auf Augenhöhe agieren, damit die CDU jene Schlagkraft zurückgewinne, um Wahlen zu gewinnen: „Ich habe mit Jörg Dehm bereits entsprechende Gespräche geführt, doch sie haben nicht gefruchtet – er hat da eine andere Sichtweise.“

Richtungsweisendes Duell um Kreisvorsitz

Vor diesem Hintergrund wird das Duell um den Kreisvorsitz, bei dem am 2. Juni Jörg Klepper und Christoph Purps um die Knollmann-Nachfolge konkurrieren, zu einer echten Richtungsentscheidung über die künftige strategische Justierung der Hagener CDU. Während Klepper mehr als Vertreter der Basis gilt, der nicht nur die Sprache der Mitglieder spricht, sondern auch bei den Menschen auf der Straße Sympathien findet, wird Purps eher als verkopfter Dehm-Intimus (Toto-Connection) wahrgenommen. „Ich kann nur appellieren: Entscheidet nach eurem Herzen“, erinnert Knollmann am Tag nach der Landtagswahl daran, dass ein intelligenter Netzwerker in Düsseldorf gerade erst gescheitert sei. Wohl wissend, dass hinter den Kulissen des bevorstehenden Kreisparteitages bereits reichlich CDU-Strippen gezogen werden, um Mehrheiten zu schmieden, fordert die Kreisvorsitzende, dass die Basis frei von jeglicher Beeinflussung ihr Entscheidungsrecht über den künftigen Kreisvorsitz wahrnehmen dürfe. Der Landtagswahl-Sonntag habe auf schockierende Weise unterstrichen, dass die Hagener CDU-Basis es leid sei, eine eigene Meinung übergestülpt zu bekommen, warnt Knollmann davor, die Sensibilität der Partei für Gängel-Methoden zu unterschätzen.