Hagen. .
Das Schicksal hat Andreas Fischer hart getroffen. Und als ob sein Gesundheitszustand nicht schon schlimm genug für den 52-Jährigen wäre, ist der Rollstuhlfahrer nun auch noch in die Mühlen der Bürokratie von Stadtverwaltung und Krankenkasse geraten.
Das persönliche Drama nahm 2010 für den gelernten Dreher seinen Lauf. „Damals wurde ein Tumor in der Brustwirbelsäule bei mir diagnostiziert“, erinnert sich der Vater einer kleinwüchsigen Tochter. „Das war ein Schock, schließlich habe ich seit der Trennung von meiner Frau unsere Tochter betreut“, sagt Fischer. Doch es sollte noch schlimmer kommen.
Die Tumor-Operation in Mainz lief gründlich schief und Fischer ist seither vom Bauchnabel abwärts querschnittsgelähmt. Fischer musste für dreieinhalb Monate in die Reha nach Herdecke. „Ich habe damals den Fehler gemacht, in meine alte Wohnung zurückzukehren, die natürlich für meine neuen Bedürfnisse nicht ausgerichtet war“, so Fischer, der sich zwischenzeitlich mit seiner Situation überfordert fühlte und seines Lebens überdrüssig war. Das habe er aber überwunden, beteuert er heute.
DAK beteuert korrektes Vorgehen
Doch die Leidensgeschichte war damit noch nicht komplett. Im September des vergangenen Jahres stürzte Fischer unter der Dusche von seinem Stuhl. Die erste Diagnose lautete: Prellung des Knies. „Nach dem Röntgen stellte sich jedoch heraus, dass ich mir den Oberschenkel gebrochen hatte“, so Fischer. „Mein Bein wurde operiert und zunächst bis Januar fixiert.“ In diesem Zustand befindet es sich noch immer. Hoffnung auf Besserung gibt es nicht: „Die Ärzte haben mir zwei Alternativen aufgezeigt: Amputation oder Versteifung des Beines.“
Jede Besorgung, jeder Arztbesuch stellt für ihn eine nahezu unüberwindbare Herausforderung dar. Denn in seiner Wohnung im HKT-Haus an der Lange Straße ist er mit einem Krankenhausrollstuhl unterwegs. „Damit kann ich nicht raus und mein alter Rollstuhl passt nicht mehr“, sagt Fischer, der über seine Krankengeschichte 18 Kilo zugelegt hat. „Weiter als bis zum benachbarten Kiosk komme ich einfach nicht.“ Doch mit Krankentransporten oder einem elektrischen Rollstuhl kommen die nächsten Probleme auf Fischer zu. „Zuletzt hat mir die Krankenkasse die Transportscheine zurückgeschickt und ich befürchtete schon, die 59 Euro pro Fahrt aus eigener Tasche berappen zu müssen.“
Prüfung der Bewilligung
Der Knackpunkt ist der nicht vorhandene Schwerbehindertenausweis. Ohne das Dokument jedoch stellt sich die Leistungsabteilung seiner Versicherung quer. „Ohne Schwerbehindertenausweis der Kennung AG für ‘außergewöhnliche Gehbehinderung’ steht dem Kunden keine Fahrtkostenerstattung zu“, erklärt Elke Kampmann vom örtlichen Service-Center der DAK. Dass die Versicherung die Operationen des Versicherten übernommen hat und später auch die anstehenden Reha-Maßnahmen, schützt vor Bürokratie offenbar nicht.
„Unsere Leistungsabteilung sieht ja nur die Papiere und kennt auch den Befund nicht; nur die Eingangsdiagnose“, so Kampmann. „Wir vor Ort kennen den Kunden natürlich und haben direkt eine Lösung herbeigeführt.“ Somit sei seitens der DAK alles korrekt gelaufen. Bis dahin allerdings war Fischer schon knapp eineinhalb Jahre an seinen Rollstuhl und seine Wohnung gefesselt. „Offenbar informieren die Grundsicherungsämter die Menschen nicht richtig“, schiebt Kampmann noch nach.
Den entsprechenden Ausweis will Andreas Fischer beim Versorgungsamt in Dortmund beantragt haben. Dort allerdings liegt ein entsprechender Vorgang nach Aussage des Bereichleiters Peter Externbrink nicht vor. Ohnehin zeigt sich der Experte erstaunt: „Die Kennung AG benötigt man doch nur für Parkausweise für Behindertenparkplätze.“ Außerdem würde diese Kennung nur unter extremen Voraussetzungen vergeben. „Da haben wir vom Gesetzgeber keinen Ermessensspielraum. Wir prüfen die Bewilligung allein anhand von ärztlichen Befunden“, so Externbrink.
Betroffener wünscht sich gute Beratung
Andreas Fischer interessiert das wenig. „Mir steht der Sinn nicht danach, mich um Formalien zu kümmern. Ich möchte ordentlich beraten werden. Ich habe doch keinen, der mir hilft“, so Fischer, der der Pflegestufe 1 zugeordnet wurde. „Ich kann nicht mal eben in eine Sprechstunde kommen. Was machen eigentlich Leute, die sich nicht wehren können oder wollen?“