Hagen.

Der Theaterbesuch - wenn er denn zum unvergessenen werden soll - will vorbereitet sein. Jene, die sich nicht mehr ganz text- und melodiesicher fühlen, sollten unbedingt noch mal die LP aus den 70ern auf dem alten Plattenspieler auflegen. Und dabei die heimischen Karnevalskisten durchstöbern, um ein frivol-freches Outfit zusammenzustellen. Und dann kann er kommen - der schrille „Rocky Horror Show“- Abend.

Jene Truppe, die sich eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn vor dem Musentempel trifft, hat alles richtig gemacht. Heißt, hat alles befolgt. Nicht, was die Theaterleute dem Publikum im Vorfeld empfehlen, um bei der Kult-Show einen Mega-Spaß zu haben, sondern was ihnen ihr Freund Axel „auferlegt“ hat. In verkleidungstechnischer Sicht.

Zwangspause zu Ende

Zur Erhellung: Nach der umjubelten Premiere im Stadttheater Mitte Januar musste aus Lizenzgründen - das Musical wurde zu jener Zeit noch in Nachbarstädten aufgeführt - eine Zwangspause eingehalten werden. Diese war am Mittwoch beendet, sprich, ab dieser Woche läuft die Rocky Horror Show in Hagen regulär im Spielplan. Damit, dass die erste „normale“ Vorstellung (zur Premiere erscheint erfahrungsgemäß ein Großteil des gesetzteren Abo-Publikums) zum Stelldichein für besonders schrille Vögel wurde, konnte man also ausgehen.

Lack und Leder hier, High Heels da - schon im Foyer gab’s ordentlich ‘was zu sehen. Da wunderte es auch nicht, dass das „Rocky Horror Show“-Paket guten Absatz fand. Eine Rolle Toilettenpapier, eine Tüte Reis, eine Mini-Wasserpistole, eine Zeitung, ein (Bierdeckel-) Toast und ein Knicklicht - echte Rocky-Experten wissen, welches Requisit in welcher Szene zum Einsatz kommt. Und geben für das weiß-rote Fan-Paket gern drei Euro aus.

Tüten packen was das Zeug hält

„Unsere Garderoben-Damen und Praktikanten packen Tüten, was das Zeug hält“, freute sich denn auch Theatersprecherin Monika Martin­cevic.

Aber zurück zu Axel und seiner Truppe, genauer gesagt zum Geburtstagskind und seinen feierfreudigen Gästen. Axel Kracke, der sich selbst als großer „Rocky-Horror-Show“-Fan bezeichnet, hatte im Sommer, als bekannt wurde, dass das Kult-Musical 2012 am Hagener Theater aufgeführt wird, spontan die Idee, seinen Schnapszahl-Geburtstag als Rocky-Fete aufzuziehen. Bereits im letzten Herbst verschickte Axel Kracke Geburtstagseinladungen (mit Terminabfrage) an seine Freunde, und als die Theaterkarten für die berühmte Show in den Vorverkauf gingen, schlug Kracke sofort zu und reservierte insgesamt 47 Tickets für die Vorstellung an seinem Jubeltag - dem 15. Februar. Allerdings war an die Einladung in den Musentempel die eindringliche Bitte, sich zu verkleiden, gekoppelt. „Und das nicht irgendwie, sondern schon mottogetreu“, unterstrich Axel Kracke am Mittwochabend mit zufriedenem Blick auf seine Geburtstags-Crew. Die fast 50 Damen und Herren, sie hatten tatsächlich alles gegeben.

Knappes Schwarz und rote Pumps

Karsten Wagner zeigte im kuscheligen Bademantel viel (behaartes) Bein, Birgit Scholz posierte in knappem Schwarz, und Michael Jungkeim - er war unverkennbar in die Rolle des Frank’n’Furter geschlüpft - stöckelte tapfer in roten Pumps in Größe 43 über den Teppich im Foyer.

Und Gastgeber Axel selbst? Der begrüßte als frischgebackener 55-Jähriger seine Freunde als Diener Riff-Raff. Mit Fussel-Haar-Perücke und schwarzer Jacke (Kracke: „Das ist mein üblicher Karnevals-Frack“).

Wasserpistolen und Reis

Doch nicht nur die Geburtstags-Truppe gab mächtig Gas, auch die übrigen Zuschauer ließen zumindest teilweise die Post abgehen. Unvergessene Songs wie ­„Time Warp“ und „Sweet Transvestite“, dazu Zwischenrufe in den neuralgischen Szenen. Und wenn dann noch die Wasserpistolen an der richtigen Stelle zum Einsatz kamen und Reis sowie Toilettenpapier in Richtung Bühne geworfen wurden, herrschte frisch-freche Rocky-Stimmung im Musentempel.

Zum Schluss ein Wermutstropfen: Alle Vorstellungen in der aktuellen Spielzeit sind bereits ausverkauft. Aufgrund der großen Beliebtheit wird das Kult-Musical auf jeden Fall auch in der kommenden Spielzeit (eventuell sogar in insgesamt drei Spielzeiten) aufgeführt.

Hoffnungsschimmer Warteliste

„Aber wir haben eine Warteliste für die kommenden Vorstellungen eingerichtet. Ab und an werden ja Tickets zurückgegeben“, macht Theatersprecherin Monika Martincevic Hoffnung. Die nächsten Vorstellungen finden am Freitag, 24. Februar, sowie am Freitag, 2. März, um jeweils 19.30 Uhr statt. Wer auf sein Glück vertraut, kann sich unter 207 3218 auf die ­Warteliste setzten lassen.