Hagen. In elf Hagener Kleingärten sollen Toiletten abgebaut werden sowie Abwasser- und Wasserleitungen verschwinden. Einige der Betroffenen wehren sich. Sie wollen der Aufforderung des Wirtschaftsbetriebes Hagen (WBH), die nicht genehmigten Einrichtungen abzubauen, nicht nachkommen.
Unter den Kleingärtnern verstärkt sich der Protest gegen die von der Stadt angeordnete Demontage von Toiletten und Wasserleitungen.
Mehrere Laubenbesitzer wollen der Aufforderung des Wirtschaftsbetriebes Hagen (WBH), die nicht genehmigten Einrichtungen abzubauen, nicht nachkommen. „Wir sind mündige, harmlose Bürger, werden aber behandelt wie Untergebene im 16. Jahrhundert“, empören sich Jürgen und Edeltraud Knoche, Inhaber eines Gartens in der Kolonie am Grenzweg.
Sickergruben müssen weg
Hagen ist Schrebergartenland. 41 Vereine mit insgesamt 2500 Grundstücken, die im Bezirksverband der Kleingärten zusammengeschlossen sind, gibt es in der Stadt. Doch das bürgerliche Idyll wird von zahlreichen bürokratischen Auflagen getrübt, der Streit um Toiletten, Abwasserentsorgung und Frischwasserzufuhr belastet das Verhältnis zu den Behörden seit Jahrzehnten.
Da verwundert es nicht, dass sich Winfried Heckrodt, Fachbereichsleiter beim WBH und seit mehr als 20 Jahren im öffentlichen Dienst mit den Belangen der Kleingärtner befasst, mit einem Brief an die „lieben Gartenfreundinnen und Gartenfreunde“ keine Freunde gemacht hat.
In dem Schreiben werden die Mitglieder von elf Hagener Vereinen – insgesamt 628 Parzelleninhaber – ultimativ aufgefordert, die Spültoiletten in ihren Lauben abzubauen, alle Abwasserrohre zu entfernen und Frischwasserleitungen abzuklemmen. Werde dem nicht nachgekommen, droht Heckrodt mit „weitreichenden Konsequenzen“ sowie „ordnungs- bzw. strafrechtlicher Verfolgung“.
Hintergrund ist eine Vereinbarung zwischen der Stadt und dem Bezirksverband der Kleingärtner, derzufolge den elf betroffenen Vereinen für insgesamt 800.000 Euro zentrale Toilettenanlagen in ihren Vereinsheimen finanziert wurden. Im Gegenzug müssen nun die Klosetts samt Sickergruben in den einzelnen Gärten verschwinden, nur noch Camping- oder Komposttoiletten sind zukünftig erlaubt.
Dialog auf Augenhöhe gefordert
An diese Bedingung knüpfte die Bezirksregierung in Arnsberg einst ihre Fördermittel von 181.440 Euro beim Bau der Zentraltoiletten. Und jetzt, das hätten ihm die Beamten in Arnsberg unmissverständlich klargemacht, so Heckrodt, werde man überprüfen, ob die Kleingärtner dieser Verpflichtung auch nachgekommen seien: „Ansonsten wird die Bezirksregierung das Geld zurückfordern. Darauf darf und will ich es nicht ankommen lassen.“ Deshalb habe er sein Schreiben an die Kleingärtner auch relativ drastisch formuliert: „Ich will mir nicht vorwerfen lassen, ich hätte die Betroffenen nicht über mögliche Konsequenzen informiert.“
Doch Parzellenbesitzer wie Jürgen Schönhoff (57), der wie Knoches ein Grundstück am Grenzweg gepachtet hat, wollen den Rückbau ihrer Toiletten und Wasserleitungen nicht akzeptieren: „Es kann doch nicht sein, dass so etwas von oben angeordnet wird. Wir möchten, dass man auf Augenhöhe mit uns spricht.“
Ein tragfähiger Kompromiss, deutet Schönhoff an, könne es doch sein, jede einzelne Parzelle an das öffentliche Kanalnetz anzuschließen: „Und zwar zu Bedingungen, die das für Menschen, die nicht viel Geld haben, möglich macht.“ Für manchen Schrebergärtner dürfte es geradezu eine Horrorvorstellung sein, dass er Freunde, die zum gemütlichen Grillabend auf seinem Grundstück zu Gast sind, im Falle des Falles ins Vereinsheim oder gar zum Plumpsklo schicken muss. „In welcher Zeit leben wir eigentlich?“ fragen Schönhoff und Knoche unisono.
Dagegen verteidigt der Chef des Bezirksverbandes, Hans-Günther Cremer (64), das Vorgehen der Behörden: „Der überwiegende Teil unserer Mitglieder zeigt Verständnis und will den Forderungen der Stadt nachkommen. Mir sind keine Proteste zu Ohren gekommen.“ Cremer will das Thema nun im Vorstand diskutieren. Denn über kurz oder lang werden auch die Schrebergärtner in den übrigen 30 Vereinen ihre Toiletten demontieren müssen. . .