Hagen. . Der Schaustellerverein Hagen wird 105 Jahre alt. Grund zum Feiern. Nachwuchssorgen gibt es nicht.

Vor Jahrzehnten lautete der Leitspruch der Schausteller „Die ganze Welt ist unser Feld“ - ergänzt durch das Motiv einer Weltkugel samt Wohnwagen. Heute werben die Schausteller für ihre Veranstaltungen mit dem Slogan „Wir machen Freizeit zum Vergnügen“.

„Natürlich muss man mit der Zeit gehen, da macht unsere Branche keine Ausnahme. Gut, dass bei uns der Nachwuchs in den Startlöchern steht. Denn Kinder bringen neue Ideen mit.“ Dirk Wagner, 1. Vorsitzender des Hagener Schaustellervereins, blickt zu Gino Tränkler, ebenfalls Schausteller, Wagners Schwiegersohn und ein Paradebeispiel für ein „Kind, das Ideen mitbringt“.

Nachwuchs schon im Vorstand

Der 24-Jährige ist seit drei Jahren als Beisitzer im Vorstand, ähnlich wie sein Kollege Ricardo Ahrens (23), Enkel des Ehrenvorsitzenden Karl Ahrens und seit vier Jahren Vorstandsmitglied. Nein, an die Spitze des Vereins wollen die beiden nicht gleich preschen, sondern peu a peu Aufgaben übernehmen und „neue Felder beackern“. So haben sich Gino und Ricardo 2011 gezielt um Werbung gekümmert: „Wir haben neue Standorte für Großflächenplakate ausgewählt und den Internetauftritt des Vereins modernisiert.“

Dass es den Schaustellern an Nachwuchs nicht mangelt und dass sie Zusammenhalt und Tradition groß schreiben, stellen sie am Dienstagabend unter Beweis, wenn sie „mit großem Bahnhof“ ihr 105-jähriges Bestehen feiern. 300 Gäste werden in der Paya Lounge im Theater-Karree erwartet, neben Freunden und Familien auch Mitglieder der benachbarten Schaustellervereine und Vertreter der Stadtverwaltungen, mit denen Wagner und Co. häufig zu tun haben. „Neben dem Hagener Oberbürgermeister begrüßen wir auch Vertreter aus Breckerfeld, Gevelsberg, Herdecke und Schwelm - auch dort sitzen unsere Partner, mit denen wir Veranstaltungen planen und durchführen.“

Bewahrer der Tradition

Die Schausteller sehen sich (auch) als Bewahrer des Brauchtums. Doch klingt Brauchtum nicht wie ein Begriff von vorgestern? „Daher sprechen wir auch lieber von Tradition. Natürlich wird Tradition in Süddeutschland größer geschrieben als in unserer Region, dennoch wird sie hier gelebt.“ Die Zahlen sprechen sich für sich: In NRW gibt es 50 Schaustellervereine, hier finden die meisten Volksfeste statt und hier werden die meisten Besucher gezählt. „Allein zur Cranger- und Düsseldorfer Kirmes kommen jährlich zehn Millionen Besucher“, betont der Schausteller-Chef. Künftig wolle man den Traditionsgedanken noch stärker transportieren und mit einem Fahnenmarsch bei Festen und Beerdigungen erscheinen.

Bundesweit betrachtet haben die Schaustellervereine 20 bis 200 Mitglieder; Hagen liegt mit 80 im Mittelfeld. Was sich in den letzten Jahrzehnten geändert hat? Da müssen Dirk Wagner und sein Stellvertreter Alfons „Specko“ Tröger nicht lange überlegen: „Früher waren die Schausteller auch im Theaterfach zu Hause. Wir veranstalteten auf Festplätzen Revuen und Varieté-Shows, boten Slapstick, Tanz, Musik.“

Schaubuden und Revue-Theater

Wagner plaudert aus „den eigenen Reihen“: „Die Familie meiner Frau Sabine - die alten Ackermanns - reisten in den 30er Jahren mit ihrer Schaubude ,Geschwister Ackermann - Modernes Revue-Theater‘ durch die Lande. Sabines Opa Otto Ackermann hat auf Festplätzen sein halbes Leben lang den ,August’ gespielt. Das war die Rolle seines Lebens, und deshalb war er auch bei jedermann so beliebt.“

Der 2. Weltkrieg zersprengte in jeder Hinsicht alles, doch man rappelte sich wieder auf. „Opa hat aus Bombentrichtern sein erstes Fliegerkarussell gebaut“, erzählt Wagner. Auch heute müsse man Elektriker, Maurer, Klempner und Kaufmann in einer Person sein. Seit ein paar Jahren ginge der Trend weg von großen, personalintensiven Rundfahrgeschäften hin zu Hochgeschäften, für die nur eine geringe Stellfläche und zwei Mann Personal benötigt würden. Wagner weiß, dass man als erfolgreicher Schausteller über den Tellerrand blicken muss. „Ich bin Mitglied im Arbeitskreis Innenstadt und Arbeitskreis Weihnachtsmarkt, sitze im Beirat der City-Gemeinschaft, bin stellvertretender Vorsitzender im Landesverband Schausteller und Marktkaufleute Westfalen, bin Mitglied im Bundesvorstand und, und, und . . .“

Bunter Kirmeszug lockte Tausende auf die Hasper Straßen

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