Hagen.

Es ist, mal wieder, ein ungewöhnliches Projekt, das im Lutz unter der Leitung von Werner Hahn auf die Beine gestellt wurde.

Sechs junge Männer stehen am Samstagabend bei der Premiere von „Charming Boys“ auf der Bühne und bringen das Publikum zum Staunen, zum Lachen, zum Applaudieren.

Das Ungewöhnliche ist nicht, das sie alle vorher nichts mit der Schauspielerei zu tun hatten oder manche von ihnen einen Migrationshintergrund haben: Nein, das Ungewöhnliche ist, dass sie nach der Aufführung nicht mit ihren Freunden und Familien ihren Erfolg feiern können – weil sie wieder zurück in die JVA Iserlohn müssen, wo sie einsitzen.

Das Stück in dem sie spielen, könnte ihre Realität sein. Hakim kommt vorzeitig aus dem Knast. Steht vor der Wohnung seiner Freundin Leslie, doch die ist abgehauen. 16 Monate hat Hakim im Gefängnis verbracht. Das gemeinsame Baby hat er noch nie gesehen, denn Leslie hat sich gescheut, ihn zu besuchen. Und nun hat sie nur einen Zettel und die gemeinsame Tochter in der Wohnung zurückgelassen. Hakim ist erst total mit der Situation überfordert und droht auszurasten. Besinnt sich aber dann darauf, seine Freunde zu aktivieren. Und die stehen sofort parat , helfen Hakim auf ungewöhnliche Weise, sich selbst zu helfen.

Sympathisch und authentisch

Die sechs hübschen jungen Männer kommen sympathisch und authentisch rüber. Fette Beats untermalen die einzelnen Szenen. Fast real wirkt das Gespielte, keine gestelzten Texte, da wird kein Blatt vor den Mund genommen. Genau so könnte es passiert sein.

Hakims Wut wird spürbar, mucksmäuschenstill das Publikum, als das Ledersofa mit seinen Fäusten bearbeitet. Wie funktioniert das Leben außerhalb des Knasts? Wie kann er auf ehrliche Weise zu Geld kommen? Wo ist seine Freundin? Wo seine Familie? Seine Kumpels holen ihn glücklicherweise auf den Boden der Tatsachen zurück.

Es ist spürbar, wie gerne die sechs dort auf der Bühne stehen. Wie sie sich über die Lacher im Publikum freuen, wie sie bei den Tanzeinlagen alles geben.

Weitere Termine

Es sind ganz „normale“ Jungs, die da oben auf der Bühne stehen. Sie wollen sich verlieben, wollen chillen, feiern, streiten. Doch irgendwann in ihrem Leben ist was schief gelaufen, sie haben eine Schwelle überschritten und finden nur schwer den Weg zurück in die Gesellschaft.

Nach 70 Minuten ist das Stück zu Ende. Doch der Applaus scheint nicht enden zu wollen. Immer wieder müssen Yusuf, Ylber, René, Muhamed, Ahmad und Adrian( so heißen sie im wirklichen Leben), wieder auf die Bühne, um sich ihren Beifall abzuholen. Sie lächeln schüchtern und können es kaum fassen. Ahmad formuliert es so: „Wir, die Charming Boys aus Iserlohn, sagen ein herzliches Dankeschön für die Bühne, die wir bekamen.“

Weitere Termine: 13. und 14. Dezember um 19.30 Uhr, 16., 20., 21. Dezember und 17., 18. und 19. Januar jeweils um 12 Uhr, 20. 21. und 22. Januar jeweils um 19.30 Uhr.