Hagen. . Die Hagener Polizei weitet auf Geheiß des Innenministerium ihre Tempokontrollen aus. Auf mahnende Aufklärungsgespräche wird künftig verzichtet. Daduch gewinnen die Beamten mehr Zeit, Autofahrer ins Visiser ihrer Laserpistolen zu nehmen.

Die Autofahrer in Hagen werden künftig noch stärker zur Kasse gebeten. Die Stadt will bekanntlich fünf weitere Starenkästen aufstellen lassen. Aber auch die Polizei weitet nach einer Direktive von NRW-Innenminister Jäger ihre Radarkontrollen aus.

Das Motto „Aufklärung vor Sanktionen“ wird ins Gegenteil verkehrt: „Sanktionen vor Aufklärung“, heißt es künftig in Hagen. Das bedeutet, dass Autofahrer nicht mehr angehalten und über ihr Fehlverhalten belehrt werden, nachdem sie geblitzt worden sind. Dadurch, dass die Beamten sich die zeitaufwendige Aufklärungsarbeit sparen, gewinnen sie Spielraum, um mehr Autofahrer ins Visier der Laserpistolen zu nehmen.

„Unfallursache Nummer zwei“

Michael Hoffmann, Chef der Direktion Verkehr im Hagener Polizeipräsidium, hält weitere Radarkontrollen für gerechtfertigt: „Überhöhte Geschwindigkeit ist, nach Unaufmerksamkeit, in unserer Stadt Unfallursache Nummer zwei. Vor allem aber haben wir dabei die meisten Verletzten zu beklagen.“ Die gefahrene Geschwindigkeit entscheide über die Unfallfolge; je höher das Tempo sei, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit, dass es bei einem Unfall Verletzte oder Tote gebe.

22 Mitarbeiter, neun Lasergeräte und ein Radarwagen stehen der Polizei für die Verfolgung von Temposündern in Hagen zur Verfügung. Allein in diesem Jahr wurden bis Ende Oktober 13.000 Schnellfahrer erwischt. Um den Druck weiter zu erhöhen, soll künftig nur noch geblitzt und das Knöllchen dann per Post zugestellt werden. Bisher wurden die meisten Schnellfahrer gestoppt und von einem freundlichen Beamten über ihren Verstoß informiert. Grundsätzlich gehe es der Polizei jedoch nicht darum, möglichst viele Strafmandate zu verteilen, sondern die Menschen vor Unfällen zu bewahren, so Hoffmann: „Deshalb treibt mich auch nicht die Sorge um, dass die Hagener sauer werden, wenn wir jetzt mehr kontrollieren.“

„Autofahrer werden gemolken“

Doch es gibt Kritiker dieser Strategie. Hans Gülland, ehemaliger Polizist und seit Jahren Leiter der Hagener Außenstelle des Weißen Rings, der sich um Verbrechensopfer kümmert, hält die Verhältnismäßigkeit von Kriminalitätsbekämpfung und Verkehrsüberwachung für verfehlt: „Die Relationen stimmen nicht mehr. Die Autofahrer werden regelrecht gemolken.“ Es sei ja auch einfach, einen Wagen mit Blitzgerät am Straßenrand aufzustellen und die Leute abzukassieren: „Dabei sind die meisten, die erwischt werden, gar keine Raser.“

Auch Rolf Seliger (70), ebenfalls Ex-Polizist und heute ehrenamtlich für die Verkehrswacht tätig, hat den Eindruck, dass es die Verkehrspolizei mit den Kontrollen übertreibt: „Eine pauschale Ausweitung der Kontrollen halte ich für falsch. Es sollte nur an Unfallschwerpunkten und Gefahrenstellen geblitzt werden.“

„Kaume Beamte auf der Straße“

Gülland fordert von der Polizei, die Verkehrsteilnehmer einmal in Ruhe zu lassen und mehr Arbeitskraft und Energie in die Prävention und Aufklärung von Straftaten zu investieren. Zwar würden die Bürger in Hagen nicht im Stich gelassen: „Die Polizei beugt durchaus vor und klärt auf.“ Doch im Vergleich zu den Radarkontrollen werde nicht genug getan: „Es sind ja kaum noch Beamte auf der Straße.“

Dabei könnte mehr Polizeipräsenz möglicherweise zum Abbau von Gewalt beitragen. Vor allem an den Wochenenden eskaliert so manche Situation. „Gerade in der Vorweihnachtszeit sollten wir unser Augenmerk auf die Opfer von Straftaten richten“, mahnt Gülland an.