Hagen-Mitte. Er löst ein Problem nach dem anderen. Seine Geschichte ist eng verbunden mit einem Versuch der Hagener Sparkasse. Zum Hintergrund.

Tilly Mampasi ist so ziemlich alles von dem, was die Welt der Banken jahrzehntelang nicht gesucht hat. Es fängt damit an, dass er gar kein Bankkaufmann ist. Sein Lebenslauf ist das, was Arbeitgeber viele Jahre als unstet abgestempelt haben. Aber dieser ehemalige Hauptschüler, 29 Jahre alt und mit angolanischen Wurzeln, löst in der Eingangshalle des Sparkassen-Karrees in der City aktuell Probleme am laufenden Band. Die Story eines Quereinsteigers, über den sie bei der Sparkasse sagen, dass noch viel mehr aus ihm werden könne.

Hauptschule Remberg. Das ist kein Stigma, aber eben auch kein Türöffner für viele Berufe. Tilly Mampasi war da. In Klasse 8 klickte es bei ihm. „Mir war klar, dass ich mehr kann und dass ich Leistung bringen muss“, sagt der 29-Jährige. Sein Start-Narrativ ist eine Einwanderungsgeschichte. Seine Eltern kommen aus Angola. Sie wagten 1993 den Schritt nach Deutschland, machten sich hier als Hotelfachkräfte selbstständig. Eines ihrer vier Kinder ist Tilly Mampasi. Geboren in Kassel, aufgewachsen in Hagen.

Rosa Florio (50) kommt aus dem Einzelhandel. Die Sparkasse ist ein völlig neues Feld für sie, in dem sie sich sehr wohlfühlt.
Rosa Florio (50) kommt aus dem Einzelhandel. Die Sparkasse ist ein völlig neues Feld für sie, in dem sie sich sehr wohlfühlt. © Mike Fiebig | Mike Fiebig

Gesehen, was Hilfsarbeit bedeutet

Schritt für Schritt beißt er sich durch. Fachoberschulreife, dann jobbt er in einem Callcenter. Er macht eine Umschulung im Bereich Büromanagement. Er malocht an einem Standort der Deutschen Post. „Ich habe gesehen, was knallharte körperliche Arbeit ist und eben auch gesehen, was Hilfsarbeit bedeutet.“ Der Standort muss schließen, Tilly Mampasi setzt man auf die Straße. Er schließt sich einer Zeitarbeitsfirma an. Und die legt ihm eines Tages ein Angebot auf den Tisch. Die Sparkasse sucht Leute.

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Nun führt einem Mampasis Story auch vor Augen, dass viele Berufsbilder aus der Historie heraus nicht nur mit Zugangsvoraussetzungen belegt sind, die zumindest hinterfragt werden können. Nein, es geht auch Klischees, die damit einhergehen. Wie stellt man sich Bankkaufleute vor? Sie tragen Anzüge, strenge Scheitel und sprechen so eine Mischung aus Fast-Behördendeutsch und Wirtschaftschinesisch. Das mag ein verbreitetes Klischee sein. Tilly Mampasi lacht: „Wohl eher nicht wie ich“, deutet er selber an, dass allein jemand mit seiner Hautfarbe (noch) eine Seltenheit im Bankenwesen sei. Sein Fall zeigt: der Mensch zählt. Nicht seine Optik, seine Herkunft oder seine Vorgeschichte.

Das Sparkassen-Karree in der Stadtmitte.
Das Sparkassen-Karree in der Stadtmitte. © WP | Michael Kleinrensing

Der Herr der Eingangshalle

Tilly Mampasi wirkt bei der Sparkasse aktuell als Floor-Manager. Im Eingangsbereich des Karrees fängt er Kunde um Kunde ab, delegiert, stellt Kontakte zu anderen Kollegen her, löst Probleme. Kurz vor unserem Gespräch geht es um einen Sozialhilfebedürftigen, der einen städtischen Scheck mit fehlender Unterschrift vorlegt. Zwei kurze Telefonate, dann ist die Sache geklärt. Angemeldet ist Tilly Mampasi bereits für einen neunmonatigen Lehrgang für die Qualifikation als Privatkundenberater. Die Sparkasse will ihn „aufqualifizieren“, wie es heißt. Dazu später mehr.

„Ich habe gesehen, was knallharte körperliche Arbeit ist und eben auch gesehen, was Hilfsarbeit bedeutet.“
Tilly Mampasi, Quereinsteiger bei der Sparkasse

Einige Etagen über ihm - aus gebäudetechnischer Sicht - arbeitet Rosa Florio. Die 50-Jährige ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern. In jungen Jahren lernte sie Rechtsanwaltsgehilfin, wurde dann früh Mutter. Danach machte sie kleine Aushilfsjobs. Als die Kinder so zwischen 10 und 15 Jahren alt waren, bewarb sie sich im Einzelhandel, auch bei jenem Schmuckgeschäft in der Kampstraße, das sie später übernahm und sieben Jahre als „Rosa Florio Schmuck und Trends“ führte, ehe sie es aufgeben musste. Als das klar wurde, stand ein Kunde vor ihr. Ein Mitarbeiter der Sparkasse. Genauer: aus der Personalabteilung. So kam die Sache in Gang.

Was nicht im Lebenslauf steht

„Ich habe in der Selbstständigkeit so viel durchlebt und Dinge gemeistert. Ich hätte einfach nur nicht gedacht, dass die Sparkasse mit mir als 50-Jähriger etwas anfangen kann“, sagt sie. Folglich wäre sie auch nie auf die Sparkasse gekommen. Die aber auf sie. Ihr Umgang mit Menschen, ihre Erfahrung, ihre gefestigte Art, ihre Art Probleme zu lösen - all das taucht in keinem Lebenslauf auf, ist aber Teil einer Persönlichkeit, die diesen Werdegang vollzogen hat.

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Sie startete im Dialogcenter der Sparkasse. Probleme am Telefon lösen. Nun ist sie eine Abteilung weitergezogen, tut in etwa das Gleiche, nur mit Blick auf Gewerbekunden. Der Umgang mit den Kollegen sei wertschätzend, der Ton kollegial. In diesem Umfeld falle es ihr leicht, sich auf die Herausforderung einzulassen. Und: „Man fragt mich zwischendurch, wie es mir geht. Wir sprechen über die weitere Entwicklung. Mir gefällt das.“

„Man fragt mich zwischendurch, wie es mir geht. Wir sprechen über die weitere Entwicklung. Mir gefällt das.“
Rosa Florio, ebenfalls Quereinsteigerin bei der Sparkasse

Alle Branchen vertreten

Seit Anfang 2023 haben wir 40 Menschen eingestellt, die einen ähnlichen Hintergrund wie Herr Mampasi oder Frau Florio haben. Die meisten haben eine kaufmännische Ausbildung“, sagt Frank Mohrherr, Vorstand der Sparkasse an Volme und Ruhr. Discounter, Mode, Reisebüro, Baumarkt, Industrie, Fleischereien - die vorherigen Arbeitsfelder unterscheiden sich stark von der Sparkasse. Das Ziel: besagte Qualifikation als Privatkunden- oder Gewerbekundenberater bzw. in der Telefonie. „Das schafft nicht jeder, das müssen wir ganz ehrlich dazu sagen. Aber wir unterstützen diese Kollegen, wo es nur geht und hoffen dadurch natürlich auch, ganz bestimmte Fachkräfte für uns zu gewinnen, die uns fehlen.“

Zwar bilde die Sparkasse über Plan aus, am anderen Ende verlassen aber auch immer wieder Kollegen das Haus - im Rahmen natürlicher Fluktuation. Der Wettbewerb mit der kommunalen Wirtschaft sei hoch, aber auch unter Sparkassen und Banken. Menschen wie Tilly Mampasi und Rosa Florio sind also in doppelter Hinsicht ein Gewinn. „Und gerade bei den beiden mache ich mir überhaupt keine Sorgen“, sagt Frank Mohrherr.