Hagen-Mitte. Dass die Sparkasse an Volme und Ruhr die Kontopreise erhöht, hat ein reisiges Echo gehabt. Und jetzt? Die Vorstände erklären die Lage.
Im Sparkassen-Karree an der Badstraße macht ein junger Mann aktuell mächtig Meter. Er begrüßt die Kunden, fragt danach, wie geholfen werden kann und vermittelt blitzschnell an Schalter, Kollegen oder in Räume. Seine Rolle heißt „Floor Manager“. Und würde der junge Mann einen Schrittzähler tragen, der würde qualmen. Den Mann zu erwähnen, hat in diesen Tagen besondere Relevanz. Denn in der Zentrale der Sparkasse, aber auch in den anderen Geschäftsstellen, herrscht sehr viel Kundenverkehr. Nicht nur, aber auch wegen der Erhöhung der Kontoführungspreise, die zuletzt für großen derartigen Wirbel gesorgt hat. Die Lage im größten Bankhaus der Stadt.
Kontomodelle werden ersetzt
Die Sparkasse ersetzt zum neuen Jahr ihre bisherigen Kontomodelle mit Giro Comfort (8,50 Euro), Giro Classic (4 Euro) und Giro Online (3,50 Euro) durch zwei neue Modelle namens Sparkassen-Giro Plus (10 Euro) und Sparkassen-Giro Pur (4 Euro). In den neuen Preisen sind jeweils eine Debit-Karte und das Online-Banking enthalten. Die Erhöhung der Preise sorgte für große öffentliche Resonanz. Die Befindlichkeit der Kunden ist enorm. Und das obwohl es sich zwar um eine Erhöhung handelt, diese aber im Vergleich zu anderen Fixkosten wie Fitnessstudios oder Mobilfunkverträgen - ohne jede Wertung - als moderat bezeichnet werden kann.
„Das Girokonto ist aus der Historie heraus etwas, das die Menschen mit Kostenfreiheit verbinden“, sagt Sparkassen-Vorstand Frank Mohrherr. In den 60er-Jahren sei es kostenlos an den Start gegangen. Heute würden die meisten Banken nichts Kostenloses mehr anbieten. Die meisten Konten seien mit Auflagen versehen, so dass nahezu immer Führungspreise anfallen würden. Der Kontoführungspreis, so Frank Mohrherr, sei angesichts von 180.000 Kunden, die die fusionierte Sparkasse an Volme und Ruhr mittlerweile hat, ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der Finanzierung des Gesamtapparates. 750 Mitarbeiter arbeiten allein für das heimische Geldinistitut, das bei der persönlichen Betreuung von Kunden trotz aller Digitalisierung im Online-Banking-Bereich vor mehreren Herausforderungen steht.
Viele Geflüchtete sind Kunden
Dazu gehört die Arbeit mit Kunden, die nicht jeden Digitalisierungsschritt mitgegangen sind, aber auch mit jenen, die im Rahmen von Flucht und Vertreibung nach Hagen gekommen sind. Frank Mohrherr und Vorstandskollege Frank Walter erinnern daran, dass über 90 Prozent der Geflüchteten hier vor Ort Sparkassen-Kunden geworden seien, mit dem deutschen Bankenwesen und den Geschäftsgepflogenheiten aber nicht vertraut seien und intensive Betreuung benötigen würden.
Die Stiftung Warentest hatte zuletzt von 175 deutschen Geldinstituten über 400 Kontomodelle untersucht. Der Durchschnittspreis liegt demnach jährlich bei 117 Euro. „Wir liegen lediglich drei Euro darüber“, sagt Frank Walther, der aktuell mit Kollege Frank Mohrherr täglich zwei bis drei Stunden in der Kundenhalle und in verschiedenen Beratungscentern im Geschäftsgebiet verbringt und die Arbeit erledigt, die der junge Mann aus dem Einstieg des Artikels macht. „Wir wollen zum einen zeigen, dass wir an der Seite der Mitarbeiter stehen“, sagt Walter. Aber die beiden erklären dort auch Kunden, warum sie die Kontoführungspreise anheben wollen und nehmen unterschriebene Einverständniserklärungen entgegen. Die 180.000 Kunden müssen diese Unterschrift nämlich leisten. Gut die Hälfte von ihnen hat das bereits getan.
Man gehe bei der Sparkasse davon aus, vom Gros der Kunden die nötige Unterschrift zu erhalten. „Es gibt aber immer einen kleinen Teil, der einfach nicht reagiert“, beschreibt Frank Walter einen Effekt neben der üblichen Fluktuation. 400 bis 500 neue Konten würden pro Monat eröffnet, etwa genau die gleiche Anzahl aber auch geschlossen, „weil Menschen sich einfach verändern oder Konten zusammengelegt werden“, zum Beispiel.
Schwierige Zinssituation
Den Mitarbeitern der Sparkasse stehe übrigens - so Mohrherr und Walter - „völlig verdient“ eine Tariferhöhung ins Haus, die vom angehobenen Kontoführungspreis nicht gedeckt sei. In die Vorbereitung einer solchen Erhöhung würden übrigens ganze Mitarbeiterjahre fließen, weil die Prozesse im Vorfeld weit komplexer seien als das öffentlich den Anschein erwecke. Die beiden widersprechen auch der Kritik, die Sparkasse habe sich aus der Fläche zurückgezogen und Standorte oder Geldautomaten eingedampft. „Das ist ein großes Sicherheitsthema und wir haben vom Landeskriminalamt deutliche Hinweise erhalten, wo der Weiterbetrieb von Standorten ein großes Sicherheitsrisiko ist. Gleichzeitig investieren wir sechsstellige Beträge in die Automatensicherheit und rüsten um“, so Frank Mohrherr.
Gegen die zuletzt hohe Inflation hatte die Europäische Zentralbank seit Juli 2022 die Zinsen zehnmal infolge erhöht. Zu den Profiteuren gehören auch die Banken. Dem widerspricht Frank Walter nicht, schränkt aber deutlich ein. Das Geschäftsmodell eines Kreditinstitutes basiere auf einer „normalen“ Zinskurve. Dies bedeute, dass Zinsen für drei oder sechs Monate niedriger seien als Zinsen für zum Beispiel zehn Jahre. Das Kreditinstitut leihe sich kurzfristig fällige Gelder vom Kunden und zahle dafür niedrigere Zinsen als es umgekehrt vom Hausbauer für eine zehnjährige Festzinsbindung verlange. „Bei der derzeitigen inversen Zinsstruktur - das heißt die kurzfristigen Zinsen sind höher als die langfristigen - funktioniert dieses Geschäftsmodell nicht. In der Vergangenheit hielten diese Phasen aber nie lange an.“